Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0057" n="57"/><lb/> l. Fr. die Gott als ein Mittel darzu brauchte, Jhnen die Augen sind geoͤfnet worden. Jndessen wunderte es mich selbsten, waͤhrend Jhrer Anwesenheit, daß ich so wenig mit Jhnen reden konnte, ich uͤberließ aber dieses, wie alles andre, Gott, und konnte Jhnen weiter nichts sagen, als daß Sie sich, der Zerstreuungen ohngeachtet, stets in der Gegenwart Gottes zu erhalten, trachten sollten. Hierauf muß ich Sie auch jetzo verweisen, und daß Sie, so oft Sie koͤnnen, etwas in <persName ref="#ref12"><note type="editorial">Madame Guyon</note>M. G. </persName> oder andern mystischen Schriften lesen. Sie haben jetzo mehr noͤthig, sich sehr oft des Tages uͤber, in die Gegenwart Gottes zu stellen, und mit einem Seufzer ihm Jhr Herz und alles zu widmen und aufzuopfern, dieses ist Jhnen von einer absoluten Nothwendigkeit, und da Sie anfangen, schwaͤcher zu werden, und ein erster Winter in Jhrem Jnnern zu kommen scheinet, so wuͤrden Sie in gaͤnzlichen Verfall kommen, und wieder zur Welt kehren, wann Sie diese Uebung, sich stets bei Gott zu halten, vernachlaͤssigten. Merken Sie sich dieses wohl mein liebes K. und seyn Sie getreu der Gnade, die Sie von Gott empfangen haben; gedenken Sie an die Jsraeliten in der Wuͤsten: keinem Volke ist jemals so große Gnade durch mancherlei Zeichen und Wunder wiederfahren, als diesen Jsraeliten, aber auch keine sind jemals so hart gestrafet worden als diese, weil sie gegen die uͤbergroße Barmherzigkeit und Heimsuchung Gottes ungetreu wurden, daher auch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0057]
l. Fr. die Gott als ein Mittel darzu brauchte, Jhnen die Augen sind geoͤfnet worden. Jndessen wunderte es mich selbsten, waͤhrend Jhrer Anwesenheit, daß ich so wenig mit Jhnen reden konnte, ich uͤberließ aber dieses, wie alles andre, Gott, und konnte Jhnen weiter nichts sagen, als daß Sie sich, der Zerstreuungen ohngeachtet, stets in der Gegenwart Gottes zu erhalten, trachten sollten. Hierauf muß ich Sie auch jetzo verweisen, und daß Sie, so oft Sie koͤnnen, etwas in M. G. oder andern mystischen Schriften lesen. Sie haben jetzo mehr noͤthig, sich sehr oft des Tages uͤber, in die Gegenwart Gottes zu stellen, und mit einem Seufzer ihm Jhr Herz und alles zu widmen und aufzuopfern, dieses ist Jhnen von einer absoluten Nothwendigkeit, und da Sie anfangen, schwaͤcher zu werden, und ein erster Winter in Jhrem Jnnern zu kommen scheinet, so wuͤrden Sie in gaͤnzlichen Verfall kommen, und wieder zur Welt kehren, wann Sie diese Uebung, sich stets bei Gott zu halten, vernachlaͤssigten. Merken Sie sich dieses wohl mein liebes K. und seyn Sie getreu der Gnade, die Sie von Gott empfangen haben; gedenken Sie an die Jsraeliten in der Wuͤsten: keinem Volke ist jemals so große Gnade durch mancherlei Zeichen und Wunder wiederfahren, als diesen Jsraeliten, aber auch keine sind jemals so hart gestrafet worden als diese, weil sie gegen die uͤbergroße Barmherzigkeit und Heimsuchung Gottes ungetreu wurden, daher auch
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