Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.Jch will mir aber diese Woche nicht wieder so viele Freuden, wie in der vergangenen, versprechen; ich will mich auf Kopfschmerzen, Geistesleere, Stumpfheit der Empfindung, kleine fehlgeschlagene Hoffnungen, und alle diese Uebel gefaßt machen, die uns das Leben verbittern können -- und will sie mir, so gut ich kann, durch den Gedanken an eine beßre Zukunft, zu erleichtern suchen.-- Diesen Morgen habe ich in einer süßen Abwechselung meiner Beschäftigungen sehr angenehm zugebracht, ich hoffe auch den übrigen Theil dieses Tages so anzuwenden, daß ich damit zufrieden seyn kann, und dann will ich mich bestreben, die übrigen Tage dieser Woche, so viel es sich thun läßt, diesem ähnlich zu machen. -- Am Ende derselben will ich insbesondere Rechenschaft von mir fordern, ob ich durch Mäßigkeit meine Gesundheit und die Heiterkeit meiner Seele beständig zu erhalten gesucht, und mich auf keine Weise zum Gegentheil habe verleiten lassen. Sonntag den 28. März. Die Heiterkeit meiner Seele ist diese Woche über einigemal in Gefahr gewesen, Schiffbruch zu leiden, aber der Sturm hörte noch gerade zu rechter Zeit auf zu toben. -- So angenehm wie die vorige, habe ich diese Woche nicht zugebracht, doch aber kann ich im Ganzen genommen, mit ihr zufrieden seyn. Jch will mir aber diese Woche nicht wieder so viele Freuden, wie in der vergangenen, versprechen; ich will mich auf Kopfschmerzen, Geistesleere, Stumpfheit der Empfindung, kleine fehlgeschlagene Hoffnungen, und alle diese Uebel gefaßt machen, die uns das Leben verbittern koͤnnen — und will sie mir, so gut ich kann, durch den Gedanken an eine beßre Zukunft, zu erleichtern suchen.— Diesen Morgen habe ich in einer suͤßen Abwechselung meiner Beschaͤftigungen sehr angenehm zugebracht, ich hoffe auch den uͤbrigen Theil dieses Tages so anzuwenden, daß ich damit zufrieden seyn kann, und dann will ich mich bestreben, die uͤbrigen Tage dieser Woche, so viel es sich thun laͤßt, diesem aͤhnlich zu machen. — Am Ende derselben will ich insbesondere Rechenschaft von mir fordern, ob ich durch Maͤßigkeit meine Gesundheit und die Heiterkeit meiner Seele bestaͤndig zu erhalten gesucht, und mich auf keine Weise zum Gegentheil habe verleiten lassen. Sonntag den 28. Maͤrz. Die Heiterkeit meiner Seele ist diese Woche uͤber einigemal in Gefahr gewesen, Schiffbruch zu leiden, aber der Sturm hoͤrte noch gerade zu rechter Zeit auf zu toben. — So angenehm wie die vorige, habe ich diese Woche nicht zugebracht, doch aber kann ich im Ganzen genommen, mit ihr zufrieden seyn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0032" n="32"/><lb/> <p>Jch will mir aber diese Woche nicht wieder so viele Freuden, wie in der vergangenen, versprechen; ich will mich auf Kopfschmerzen, Geistesleere, Stumpfheit der Empfindung, kleine fehlgeschlagene Hoffnungen, und alle diese Uebel gefaßt machen, die uns das Leben verbittern koͤnnen — und will sie mir, so gut ich kann, durch den Gedanken an eine beßre Zukunft, zu erleichtern suchen.—</p> <p>Diesen Morgen habe ich in einer suͤßen Abwechselung meiner Beschaͤftigungen sehr angenehm zugebracht, ich hoffe auch den uͤbrigen Theil dieses Tages so anzuwenden, daß ich damit zufrieden seyn kann, und dann will ich mich bestreben, die uͤbrigen Tage dieser Woche, so viel es sich thun laͤßt, diesem aͤhnlich zu machen. —</p> <p>Am Ende derselben will ich insbesondere Rechenschaft von mir fordern, ob ich durch Maͤßigkeit meine Gesundheit und die Heiterkeit meiner Seele bestaͤndig zu erhalten gesucht, und mich auf keine Weise zum Gegentheil habe verleiten lassen.</p> </div> <div n="4"> <opener> <dateline> <hi rendition="#c">Sonntag den 28. Maͤrz. </hi> </dateline> </opener> <p>Die Heiterkeit meiner Seele ist diese Woche uͤber einigemal in Gefahr gewesen, Schiffbruch zu leiden, aber der Sturm hoͤrte noch gerade zu rechter Zeit auf zu toben. —</p> <p>So angenehm wie die vorige, habe ich diese Woche nicht zugebracht, doch aber kann ich im Ganzen genommen, mit ihr zufrieden seyn.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0032]
Jch will mir aber diese Woche nicht wieder so viele Freuden, wie in der vergangenen, versprechen; ich will mich auf Kopfschmerzen, Geistesleere, Stumpfheit der Empfindung, kleine fehlgeschlagene Hoffnungen, und alle diese Uebel gefaßt machen, die uns das Leben verbittern koͤnnen — und will sie mir, so gut ich kann, durch den Gedanken an eine beßre Zukunft, zu erleichtern suchen.—
Diesen Morgen habe ich in einer suͤßen Abwechselung meiner Beschaͤftigungen sehr angenehm zugebracht, ich hoffe auch den uͤbrigen Theil dieses Tages so anzuwenden, daß ich damit zufrieden seyn kann, und dann will ich mich bestreben, die uͤbrigen Tage dieser Woche, so viel es sich thun laͤßt, diesem aͤhnlich zu machen. —
Am Ende derselben will ich insbesondere Rechenschaft von mir fordern, ob ich durch Maͤßigkeit meine Gesundheit und die Heiterkeit meiner Seele bestaͤndig zu erhalten gesucht, und mich auf keine Weise zum Gegentheil habe verleiten lassen.
Sonntag den 28. Maͤrz. Die Heiterkeit meiner Seele ist diese Woche uͤber einigemal in Gefahr gewesen, Schiffbruch zu leiden, aber der Sturm hoͤrte noch gerade zu rechter Zeit auf zu toben. —
So angenehm wie die vorige, habe ich diese Woche nicht zugebracht, doch aber kann ich im Ganzen genommen, mit ihr zufrieden seyn.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/32 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/32>, abgerufen am 16.02.2025. |