Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.
Am 3. August 1779. hatte er noch zwei gute Freunde bei sich. Der Vater gab ihm immer bei diesem Besuche eine kleine Beschäftigung, bald mußte er Taback holen, bald Coffee einschenken; und wie der Sohn aus der Stube gieng, sagte der Vater zu den anwesenden Freunden, er müßte seinen Sohn immer in Beschäftigung erhalten, weil er sonst ganz still würde und in starres Nachdenken versänke. Bei diesem Besuche bemerkten die zwei Freunde, nach S. 55. der Akten, nichts unvernünftiges an ihm, wohl aber einige Aengstlichkeit, mit welcher er seinen Rock aufriß; auch that er hier die Aeußerung: er wünschte seine verlohrnen Kräfte wieder zu erlangen, alsdann wollte er wieder von neuem anfangen zu studieren. Auf seine ehemalige Lieblingsvorwürfe kam das Gespräch nicht; aber als ein Zeichen des Daseyns seiner Vernunft kann noch angeführt werden, daß er mit dem einen Freund auf dem Damenbret gespielt, und sich auf den andern Tag zu einem Gartenbesuch versprochen. Beim Abschiede, der des Nachts gegen 10 Uhr genommen wurde, bat er (nach S. 57. b. der Akten) den einen seiner Freunde, er möchte diese Nacht bei ihm bleiben; dieser schlug es aber aus. Am 4. August früh zwischen 4 und 5 Uhr, sahen und hörten die Nachbarn, daß der Candidat
Am 3. August 1779. hatte er noch zwei gute Freunde bei sich. Der Vater gab ihm immer bei diesem Besuche eine kleine Beschaͤftigung, bald mußte er Taback holen, bald Coffee einschenken; und wie der Sohn aus der Stube gieng, sagte der Vater zu den anwesenden Freunden, er muͤßte seinen Sohn immer in Beschaͤftigung erhalten, weil er sonst ganz still wuͤrde und in starres Nachdenken versaͤnke. Bei diesem Besuche bemerkten die zwei Freunde, nach S. 55. der Akten, nichts unvernuͤnftiges an ihm, wohl aber einige Aengstlichkeit, mit welcher er seinen Rock aufriß; auch that er hier die Aeußerung: er wuͤnschte seine verlohrnen Kraͤfte wieder zu erlangen, alsdann wollte er wieder von neuem anfangen zu studieren. Auf seine ehemalige Lieblingsvorwuͤrfe kam das Gespraͤch nicht; aber als ein Zeichen des Daseyns seiner Vernunft kann noch angefuͤhrt werden, daß er mit dem einen Freund auf dem Damenbret gespielt, und sich auf den andern Tag zu einem Gartenbesuch versprochen. Beim Abschiede, der des Nachts gegen 10 Uhr genommen wurde, bat er (nach S. 57. b. der Akten) den einen seiner Freunde, er moͤchte diese Nacht bei ihm bleiben; dieser schlug es aber aus. Am 4. August fruͤh zwischen 4 und 5 Uhr, sahen und hoͤrten die Nachbarn, daß der Candidat <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0020" n="20"/><lb/> einige Spaziergaͤnge hielt, doch behielt er noch immer unruhige Naͤchte.</p> <p>Am 3. August 1779. hatte er noch zwei gute Freunde bei sich. Der Vater gab ihm immer bei diesem Besuche eine kleine Beschaͤftigung, bald mußte er Taback holen, bald Coffee einschenken; und wie der Sohn aus der Stube gieng, sagte der Vater zu den anwesenden Freunden, er muͤßte seinen Sohn immer in Beschaͤftigung erhalten, weil er sonst ganz still wuͤrde und in starres Nachdenken versaͤnke. Bei diesem Besuche bemerkten die zwei Freunde, nach S. 55. der Akten, nichts unvernuͤnftiges an ihm, wohl aber einige Aengstlichkeit, mit welcher er seinen Rock aufriß; auch that er hier die Aeußerung: er wuͤnschte seine verlohrnen Kraͤfte wieder zu erlangen, alsdann wollte er wieder von neuem anfangen zu studieren.</p> <p>Auf seine ehemalige Lieblingsvorwuͤrfe kam das Gespraͤch nicht; aber als ein Zeichen des Daseyns seiner Vernunft kann noch angefuͤhrt werden, daß er mit dem einen Freund auf dem Damenbret gespielt, und sich auf den andern Tag zu einem Gartenbesuch versprochen.</p> <p>Beim Abschiede, der des Nachts gegen 10 Uhr genommen wurde, bat er (nach S. 57. <hi rendition="#aq">b.</hi> der Akten) den einen seiner Freunde, er moͤchte diese Nacht bei ihm bleiben; dieser schlug es aber aus.</p> <p>Am 4. August fruͤh zwischen 4 und 5 Uhr, sahen und hoͤrten die Nachbarn, daß der Candidat<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0020]
einige Spaziergaͤnge hielt, doch behielt er noch immer unruhige Naͤchte.
Am 3. August 1779. hatte er noch zwei gute Freunde bei sich. Der Vater gab ihm immer bei diesem Besuche eine kleine Beschaͤftigung, bald mußte er Taback holen, bald Coffee einschenken; und wie der Sohn aus der Stube gieng, sagte der Vater zu den anwesenden Freunden, er muͤßte seinen Sohn immer in Beschaͤftigung erhalten, weil er sonst ganz still wuͤrde und in starres Nachdenken versaͤnke. Bei diesem Besuche bemerkten die zwei Freunde, nach S. 55. der Akten, nichts unvernuͤnftiges an ihm, wohl aber einige Aengstlichkeit, mit welcher er seinen Rock aufriß; auch that er hier die Aeußerung: er wuͤnschte seine verlohrnen Kraͤfte wieder zu erlangen, alsdann wollte er wieder von neuem anfangen zu studieren.
Auf seine ehemalige Lieblingsvorwuͤrfe kam das Gespraͤch nicht; aber als ein Zeichen des Daseyns seiner Vernunft kann noch angefuͤhrt werden, daß er mit dem einen Freund auf dem Damenbret gespielt, und sich auf den andern Tag zu einem Gartenbesuch versprochen.
Beim Abschiede, der des Nachts gegen 10 Uhr genommen wurde, bat er (nach S. 57. b. der Akten) den einen seiner Freunde, er moͤchte diese Nacht bei ihm bleiben; dieser schlug es aber aus.
Am 4. August fruͤh zwischen 4 und 5 Uhr, sahen und hoͤrten die Nachbarn, daß der Candidat
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/20>, abgerufen am 16.02.2025. |