seinem Temperament angemessen, meistens schnell abwechselnd auf einem Fuß hüpfend, seine Stellung ist ganz unbekümmert, er mag vor sich haben, wen er will, ganz Natur, und dabei der auffallendste Ausdruck seiner Unverstelltheit. Sein äußerliches Betragen entspricht seinen Gesichtszügen, seinem Gang und seiner Stellung völlig. Ganz ungenirt, und ohne sich an die Ceremoniengesetze der feinern Welt zu kehren, sagt er jedem, der ihn nicht durch finstere Minen von sich abschreckt, seine Herzensmeinung offen, wo aber dieses ist, da entfernt er sich gänzlich. Dabei ist es ihm auch nicht darum zu thun, unbeleidigende Ausdrücke zu wählen, sondern er bekümmert sich wenig darum, ob das, was er sagt, jemand beleidigen könnte oder nicht, doch meint er es nie bös dabei. Auf Ordnung hält er nicht so viel als sein Bruder, doch ist sie ihm auch nicht ganz fremd. Sein ganzes Wesen ist unverstellte Munterkeit und Heiterkeit. Wer ihn in den Aeußerungen derselben stören will, dem ist er nicht gut, und er läßt sich auch nicht leicht dabei einschränken. Meistens äußert er sie in solchen possirlichen Handlungen und Geberden, daß er oft einem wahren Harlekin ähnlich wird. -- Diese Heiterkeit aber ist mit einer unverstellten Herzensgüte verbunden, die ihm die Liebe aller, die ihn kennen, erwerben muß. Entfernt von aller Tücke oder Bosheit liebt er alle Menschen, aber er sagt es niemand, daß er ihn liebt, und es kommt ihm sogar sauer an,
seinem Temperament angemessen, meistens schnell abwechselnd auf einem Fuß huͤpfend, seine Stellung ist ganz unbekuͤmmert, er mag vor sich haben, wen er will, ganz Natur, und dabei der auffallendste Ausdruck seiner Unverstelltheit. Sein aͤußerliches Betragen entspricht seinen Gesichtszuͤgen, seinem Gang und seiner Stellung voͤllig. Ganz ungenirt, und ohne sich an die Ceremoniengesetze der feinern Welt zu kehren, sagt er jedem, der ihn nicht durch finstere Minen von sich abschreckt, seine Herzensmeinung offen, wo aber dieses ist, da entfernt er sich gaͤnzlich. Dabei ist es ihm auch nicht darum zu thun, unbeleidigende Ausdruͤcke zu waͤhlen, sondern er bekuͤmmert sich wenig darum, ob das, was er sagt, jemand beleidigen koͤnnte oder nicht, doch meint er es nie boͤs dabei. Auf Ordnung haͤlt er nicht so viel als sein Bruder, doch ist sie ihm auch nicht ganz fremd. Sein ganzes Wesen ist unverstellte Munterkeit und Heiterkeit. Wer ihn in den Aeußerungen derselben stoͤren will, dem ist er nicht gut, und er laͤßt sich auch nicht leicht dabei einschraͤnken. Meistens aͤußert er sie in solchen possirlichen Handlungen und Geberden, daß er oft einem wahren Harlekin aͤhnlich wird. — Diese Heiterkeit aber ist mit einer unverstellten Herzensguͤte verbunden, die ihm die Liebe aller, die ihn kennen, erwerben muß. Entfernt von aller Tuͤcke oder Bosheit liebt er alle Menschen, aber er sagt es niemand, daß er ihn liebt, und es kommt ihm sogar sauer an,
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seinem Temperament angemessen, meistens schnell abwechselnd auf einem Fuß huͤpfend, seine Stellung ist ganz unbekuͤmmert, er mag vor sich haben, wen er will, ganz Natur, und dabei der auffallendste Ausdruck seiner Unverstelltheit. Sein aͤußerliches Betragen entspricht seinen Gesichtszuͤgen, seinem Gang und seiner Stellung voͤllig. Ganz ungenirt, und ohne sich an die Ceremoniengesetze der feinern Welt zu kehren, sagt er jedem, der ihn nicht durch finstere Minen von sich abschreckt, seine Herzensmeinung offen, wo aber dieses ist, da entfernt er sich gaͤnzlich. Dabei ist es ihm auch nicht darum zu thun, unbeleidigende Ausdruͤcke zu waͤhlen, sondern er bekuͤmmert sich wenig darum, ob das, was er sagt, jemand beleidigen koͤnnte oder nicht, doch meint er es nie boͤs dabei. Auf Ordnung haͤlt er nicht so viel als sein Bruder, doch ist sie ihm auch nicht ganz fremd. Sein ganzes Wesen ist unverstellte Munterkeit und Heiterkeit. Wer ihn in den Aeußerungen derselben stoͤren will, dem ist er nicht gut, und er laͤßt sich auch nicht leicht dabei einschraͤnken. Meistens aͤußert er sie in solchen possirlichen Handlungen und Geberden, daß er oft einem wahren Harlekin aͤhnlich wird. — Diese Heiterkeit aber ist mit einer unverstellten Herzensguͤte verbunden, die ihm die Liebe aller, die ihn kennen, erwerben muß. Entfernt von aller Tuͤcke oder Bosheit liebt er alle Menschen, aber er sagt es niemand, daß er ihn liebt, und es kommt ihm sogar sauer an,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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seinem Temperament angemessen, meistens schnell abwechselnd auf einem Fuß huͤpfend, seine Stellung ist ganz unbekuͤmmert, er mag vor sich haben, wen er will, ganz Natur, und dabei der auffallendste Ausdruck seiner Unverstelltheit. Sein aͤußerliches Betragen entspricht seinen Gesichtszuͤgen, seinem Gang und seiner Stellung voͤllig. Ganz ungenirt, und ohne sich an die Ceremoniengesetze der feinern Welt zu kehren, sagt er jedem, der ihn nicht durch finstere Minen von sich abschreckt, seine Herzensmeinung offen, wo aber dieses ist, da entfernt er sich gaͤnzlich. Dabei ist es ihm auch nicht darum zu thun, unbeleidigende Ausdruͤcke zu waͤhlen, sondern er bekuͤmmert sich wenig darum, ob das, was er sagt, jemand beleidigen koͤnnte oder nicht, doch meint er es nie boͤs dabei. Auf Ordnung haͤlt er nicht so viel als sein Bruder, doch ist sie ihm auch nicht ganz fremd. Sein ganzes Wesen ist unverstellte Munterkeit und Heiterkeit. Wer ihn in den Aeußerungen derselben stoͤren will, dem ist er nicht gut, und er laͤßt sich auch nicht leicht dabei einschraͤnken. Meistens aͤußert er sie in solchen possirlichen Handlungen und Geberden, daß er oft einem wahren Harlekin aͤhnlich wird. — Diese Heiterkeit aber ist mit einer unverstellten Herzensguͤte verbunden, die ihm die Liebe aller, die ihn kennen, erwerben muß. Entfernt von aller Tuͤcke oder Bosheit liebt er alle Menschen, aber er sagt es niemand, daß er ihn liebt, und es kommt ihm sogar sauer an,
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0703_1789/100>, abgerufen am 16.02.2025.
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