gewesen war, fühlte auf einem gewissen Platze einen Schauer, den ich am besten mit einer elektrischen Erschütterung vergleichen kann. Wir beide waren allein. Jch mußte mehrmals in ihn dringen, bis er mir sagte, daß ihn dieser Schauer fast immer an Orten anwandle, wo Jemand begraben liegt. Er fügte hinzu, die Dunkelheit der Nacht würde vermuthlich seine Wahrnehmung bestätigen. Abends um 9 Uhr (es war Frühling 1759.) kehrte ich mit ihm in den Garten zurück, und er versicherte mich, auf dem besagten Platze, nicht eine lange hagere Gestalt, sondern eine kaum fünf Fuß hohe Dunstsäule zu erblicken, die ihm einer weiblichen Figur ähnlich schien. Jch trat dicht auf die Stelle, konnte ihn aber nicht dazu bewegen ein gleiches zu thun. Jch fuhr mit dem Stocke und mit der bloßen Hand überall umher, ohne weder einen Widerstand noch einen andern Eindruck zu empfinden. Mein Gefährte versicherte mich, so wie ich die Dunstsäule zertheilte, flöße sie wieder, gleich einer getrennten Flamme, zusammen.
Diese nächtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung öfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspürt hätte. Einmal schob ich mit Hülfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und
gewesen war, fuͤhlte auf einem gewissen Platze einen Schauer, den ich am besten mit einer elektrischen Erschuͤtterung vergleichen kann. Wir beide waren allein. Jch mußte mehrmals in ihn dringen, bis er mir sagte, daß ihn dieser Schauer fast immer an Orten anwandle, wo Jemand begraben liegt. Er fuͤgte hinzu, die Dunkelheit der Nacht wuͤrde vermuthlich seine Wahrnehmung bestaͤtigen. Abends um 9 Uhr (es war Fruͤhling 1759.) kehrte ich mit ihm in den Garten zuruͤck, und er versicherte mich, auf dem besagten Platze, nicht eine lange hagere Gestalt, sondern eine kaum fuͤnf Fuß hohe Dunstsaͤule zu erblicken, die ihm einer weiblichen Figur aͤhnlich schien. Jch trat dicht auf die Stelle, konnte ihn aber nicht dazu bewegen ein gleiches zu thun. Jch fuhr mit dem Stocke und mit der bloßen Hand uͤberall umher, ohne weder einen Widerstand noch einen andern Eindruck zu empfinden. Mein Gefaͤhrte versicherte mich, so wie ich die Dunstsaͤule zertheilte, floͤße sie wieder, gleich einer getrennten Flamme, zusammen.
Diese naͤchtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung oͤfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspuͤrt haͤtte. Einmal schob ich mit Huͤlfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und
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gewesen war, fuͤhlte auf einem gewissen Platze einen Schauer, den ich am besten mit einer elektrischen Erschuͤtterung vergleichen kann. Wir beide waren allein. Jch mußte mehrmals in ihn dringen, bis er mir sagte, daß ihn dieser Schauer fast immer an Orten anwandle, wo Jemand begraben liegt. Er fuͤgte hinzu, die Dunkelheit der Nacht wuͤrde vermuthlich seine Wahrnehmung bestaͤtigen. Abends um 9 Uhr (es war Fruͤhling 1759.) <choice><corr>kehrte</corr><sic>Kehrte</sic></choice> ich mit ihm in den Garten zuruͤck, und er versicherte mich, auf dem besagten Platze, nicht eine lange hagere Gestalt, sondern eine kaum fuͤnf Fuß hohe Dunstsaͤule zu erblicken, die ihm einer weiblichen Figur aͤhnlich schien. Jch trat dicht auf die Stelle, konnte ihn aber nicht dazu bewegen ein gleiches zu thun. Jch fuhr mit dem Stocke und mit der bloßen Hand uͤberall umher, ohne weder einen Widerstand noch einen andern Eindruck zu empfinden. Mein Gefaͤhrte versicherte mich, so wie ich die Dunstsaͤule zertheilte, floͤße sie wieder, gleich einer getrennten Flamme, zusammen.</p><p>Diese naͤchtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung oͤfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspuͤrt haͤtte. Einmal schob ich mit Huͤlfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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gewesen war, fuͤhlte auf einem gewissen Platze einen Schauer, den ich am besten mit einer elektrischen Erschuͤtterung vergleichen kann. Wir beide waren allein. Jch mußte mehrmals in ihn dringen, bis er mir sagte, daß ihn dieser Schauer fast immer an Orten anwandle, wo Jemand begraben liegt. Er fuͤgte hinzu, die Dunkelheit der Nacht wuͤrde vermuthlich seine Wahrnehmung bestaͤtigen. Abends um 9 Uhr (es war Fruͤhling 1759.) kehrte ich mit ihm in den Garten zuruͤck, und er versicherte mich, auf dem besagten Platze, nicht eine lange hagere Gestalt, sondern eine kaum fuͤnf Fuß hohe Dunstsaͤule zu erblicken, die ihm einer weiblichen Figur aͤhnlich schien. Jch trat dicht auf die Stelle, konnte ihn aber nicht dazu bewegen ein gleiches zu thun. Jch fuhr mit dem Stocke und mit der bloßen Hand uͤberall umher, ohne weder einen Widerstand noch einen andern Eindruck zu empfinden. Mein Gefaͤhrte versicherte mich, so wie ich die Dunstsaͤule zertheilte, floͤße sie wieder, gleich einer getrennten Flamme, zusammen.
Diese naͤchtliche Wallfahrt habe ich mit mehrern meiner Freunde im Lauf eines Jahres bei jeder Witterung oͤfters wiederholt, ohne daß, außer dem ersten Entdecker, jemand das Mindeste gesehen oder verspuͤrt haͤtte. Einmal schob ich mit Huͤlfe meines Bruders ihn mit Gewalt auf die gedachte Stelle. Zittern und Grauen ergriffen ihn, und
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0702_1789/24>, abgerufen am 16.02.2025.
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