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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789.

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Helmont erzählet, er habe einen Schlafgesellen gehabt, welcher gemeiniglich des Nachts im Schlafe aufgestanden, mit dem Schlüssel das Schloß aufgemacht, und wenn er eine Weile herumgewandert, bei seiner Zurückkunft wieder zugeschlossen habe. Daher Helmonteinstmals aufgestanden sey, den Schlüssel hinweggenommen und unter das Kopfküssen versteckt habe. Allein sein Schlafgeselle habe sich hernach aus den Federn gemacht, und den Schlüssel unter dem Kopfküssen hervorgezogen, gleich, als wenn er es gesehen hätte, daß er dahin verstecket worden, und sey hinweggegangen. Da er ihn nun nachgeschlichen, habe er gesehen, daß er auf eine alte mit Moos und Gras bewachsene Wand gestiegen. Den folgenden Morgen habe er aber von allem nichts gewußt.

Es schliefen drei junge Edelleute und Gebrüder, schreibt eben derselbe, in einem Bette beisammen, von diesem stand der eine einstmals ganz nackend auf, nahm sein Hemde in die Hand, und eilte stillschweigend nach einem Fenster, ergriff das vor dem Fenster von der Rolle herabhangende Seil, und durch Hülfe dieses Seils rutschet er bis zum Giebel des Hauses, nimmt daselbst junge Aelstern aus, wickelt selbige ins Hemde, macht sich wieder herunter, begiebt sich zu Bette und versteckt darin die ins Hemde gewickelte junge Aelstern. Da er des Morgens erwachte, und seine Brüder wegen


Helmont erzaͤhlet, er habe einen Schlafgesellen gehabt, welcher gemeiniglich des Nachts im Schlafe aufgestanden, mit dem Schluͤssel das Schloß aufgemacht, und wenn er eine Weile herumgewandert, bei seiner Zuruͤckkunft wieder zugeschlossen habe. Daher Helmonteinstmals aufgestanden sey, den Schluͤssel hinweggenommen und unter das Kopfkuͤssen versteckt habe. Allein sein Schlafgeselle habe sich hernach aus den Federn gemacht, und den Schluͤssel unter dem Kopfkuͤssen hervorgezogen, gleich, als wenn er es gesehen haͤtte, daß er dahin verstecket worden, und sey hinweggegangen. Da er ihn nun nachgeschlichen, habe er gesehen, daß er auf eine alte mit Moos und Gras bewachsene Wand gestiegen. Den folgenden Morgen habe er aber von allem nichts gewußt.

Es schliefen drei junge Edelleute und Gebruͤder, schreibt eben derselbe, in einem Bette beisammen, von diesem stand der eine einstmals ganz nackend auf, nahm sein Hemde in die Hand, und eilte stillschweigend nach einem Fenster, ergriff das vor dem Fenster von der Rolle herabhangende Seil, und durch Huͤlfe dieses Seils rutschet er bis zum Giebel des Hauses, nimmt daselbst junge Aelstern aus, wickelt selbige ins Hemde, macht sich wieder herunter, begiebt sich zu Bette und versteckt darin die ins Hemde gewickelte junge Aelstern. Da er des Morgens erwachte, und seine Bruͤder wegen

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[123/0125] Helmont erzaͤhlet, er habe einen Schlafgesellen gehabt, welcher gemeiniglich des Nachts im Schlafe aufgestanden, mit dem Schluͤssel das Schloß aufgemacht, und wenn er eine Weile herumgewandert, bei seiner Zuruͤckkunft wieder zugeschlossen habe. Daher Helmonteinstmals aufgestanden sey, den Schluͤssel hinweggenommen und unter das Kopfkuͤssen versteckt habe. Allein sein Schlafgeselle habe sich hernach aus den Federn gemacht, und den Schluͤssel unter dem Kopfkuͤssen hervorgezogen, gleich, als wenn er es gesehen haͤtte, daß er dahin verstecket worden, und sey hinweggegangen. Da er ihn nun nachgeschlichen, habe er gesehen, daß er auf eine alte mit Moos und Gras bewachsene Wand gestiegen. Den folgenden Morgen habe er aber von allem nichts gewußt. Es schliefen drei junge Edelleute und Gebruͤder, schreibt eben derselbe, in einem Bette beisammen, von diesem stand der eine einstmals ganz nackend auf, nahm sein Hemde in die Hand, und eilte stillschweigend nach einem Fenster, ergriff das vor dem Fenster von der Rolle herabhangende Seil, und durch Huͤlfe dieses Seils rutschet er bis zum Giebel des Hauses, nimmt daselbst junge Aelstern aus, wickelt selbige ins Hemde, macht sich wieder herunter, begiebt sich zu Bette und versteckt darin die ins Hemde gewickelte junge Aelstern. Da er des Morgens erwachte, und seine Bruͤder wegen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 1. Berlin, 1789, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0701_1789/125>, abgerufen am 04.05.2024.