Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.Cartesius, welcher in seiner Abhandlung über die Leidenschaften so manche Erscheinung unsrer Empfindungen auf eine scharfsinnige Art zergliedert hat, scheint mir in dem Kapitel über die Eifersucht einen Fehler begangen zu haben.*) "Wir verachten einen Mann, sagt er, welcher auf sein Weib eifersüchtig ist, weil dies ein Zeichen ist, daß er sie nicht auf eine gute Art liebt, und daß er von sich oder von ihr eine böse Meinung hat; denn liebte er sie würklich; so würde er nicht die geringste Neigung haben, mißtrauisch gegen sie zu seyn. Aber eigentlich ist sie es nicht, die er liebt, sondern allein das Gut, welches nach seiner Meinung in dem alleinigen Besitz desselben besteht, und er würde nicht fürchten dieses Gut zu verliehren, wenn er sich dessen nicht für unwürdig, oder sein Weib nicht für ungetreu hielte." *) Article CLXIX.-- On meprise un home qui est jaloux de safa femme, pource que c'est un temoignage qu'il ne l'aime pas de la bonne sorte, & qu'il a mauvaise opinion de soi ou d'elle. Je dis qu'il ne l'aime pas de bonne sorte; car s'il avoit une vraye amour pour elle, il n'auroit aucune inclination a s'en defier. -- Mais ce n'est pas proprement elle, qu'il aime, c'est seulement le bien qu'il imagine consister a en avoir seul la possession; <& il ne craindroit pas deperdre ce bien, s'il ne jugeoit qu'il en est indigne, ou bien que sa femme est infidelle.
Cartesius, welcher in seiner Abhandlung uͤber die Leidenschaften so manche Erscheinung unsrer Empfindungen auf eine scharfsinnige Art zergliedert hat, scheint mir in dem Kapitel uͤber die Eifersucht einen Fehler begangen zu haben.*) »Wir verachten einen Mann, sagt er, welcher auf sein Weib eifersuͤchtig ist, weil dies ein Zeichen ist, daß er sie nicht auf eine gute Art liebt, und daß er von sich oder von ihr eine boͤse Meinung hat; denn liebte er sie wuͤrklich; so wuͤrde er nicht die geringste Neigung haben, mißtrauisch gegen sie zu seyn. Aber eigentlich ist sie es nicht, die er liebt, sondern allein das Gut, welches nach seiner Meinung in dem alleinigen Besitz desselben besteht, und er wuͤrde nicht fuͤrchten dieses Gut zu verliehren, wenn er sich dessen nicht fuͤr unwuͤrdig, oder sein Weib nicht fuͤr ungetreu hielte.« *) Article CLXIX.— On meprise un home qui est jaloux de safa femme, pource que c'est un temoignage qu'il ne l'aime pas de la bonne sorte, & qu'il a mauvaise opinion de soi ou d'elle. Je dis qu'il ne l'aime pas de bonne sorte; car s'il avoit une vraye amour pour elle, il n'auroit aucune inclination à s'en defier. — Mais ce n'est pas proprement elle, qu'il aime, c'est seulement le bien qu'il imagine consister à en avoir seul la possession; <& il ne craindroit pas deperdre ce bien, s'il ne jugeoit qu'il en est indigne, ou bien que sa femme est infidelle.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0071" n="71"/><lb/> <p><hi rendition="#b">Cartesius,</hi> welcher in seiner Abhandlung uͤber die Leidenschaften so manche Erscheinung unsrer Empfindungen auf eine scharfsinnige Art zergliedert hat, scheint mir in dem Kapitel uͤber die Eifersucht einen Fehler begangen zu haben.*) <note place="foot"><p>*) <hi rendition="#aq">Article CLXIX.— On meprise un home qui est jaloux de <choice><corr>safa</corr><orig/></choice> femme, pource que c'est un temoignage qu'il ne l'aime pas de la bonne sorte, & qu'il a mauvaise opinion de soi ou d'elle. Je dis qu'il ne l'aime pas de bonne sorte; car s'il avoit une vraye amour pour elle, il n'auroit aucune inclination à s'en defier. — Mais ce n'est pas proprement elle, qu'il aime, c'est seulement le bien qu'il imagine consister à en avoir seul la possession; <& il ne craindroit pas deperdre ce bien, s'il ne jugeoit qu'il en est indigne, ou bien que sa femme est infidelle.</hi></p></note> <hi rendition="#b">»Wir verachten einen Mann, sagt er, welcher auf sein Weib eifersuͤchtig ist, weil dies ein Zeichen ist, daß er sie nicht auf eine gute Art liebt, und daß er von sich oder von ihr eine boͤse Meinung hat; denn liebte er sie wuͤrklich; so wuͤrde er nicht die geringste Neigung haben, mißtrauisch gegen sie zu seyn. Aber eigentlich ist sie es nicht, die er liebt, sondern allein das Gut, welches nach seiner Meinung in dem alleinigen Besitz desselben besteht, und er wuͤrde nicht fuͤrchten dieses Gut zu verliehren, wenn er sich dessen nicht fuͤr unwuͤrdig, oder sein Weib nicht fuͤr ungetreu hielte.«</hi></p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0071]
Cartesius, welcher in seiner Abhandlung uͤber die Leidenschaften so manche Erscheinung unsrer Empfindungen auf eine scharfsinnige Art zergliedert hat, scheint mir in dem Kapitel uͤber die Eifersucht einen Fehler begangen zu haben.*) »Wir verachten einen Mann, sagt er, welcher auf sein Weib eifersuͤchtig ist, weil dies ein Zeichen ist, daß er sie nicht auf eine gute Art liebt, und daß er von sich oder von ihr eine boͤse Meinung hat; denn liebte er sie wuͤrklich; so wuͤrde er nicht die geringste Neigung haben, mißtrauisch gegen sie zu seyn. Aber eigentlich ist sie es nicht, die er liebt, sondern allein das Gut, welches nach seiner Meinung in dem alleinigen Besitz desselben besteht, und er wuͤrde nicht fuͤrchten dieses Gut zu verliehren, wenn er sich dessen nicht fuͤr unwuͤrdig, oder sein Weib nicht fuͤr ungetreu hielte.«
*) Article CLXIX.— On meprise un home qui est jaloux de safa femme, pource que c'est un temoignage qu'il ne l'aime pas de la bonne sorte, & qu'il a mauvaise opinion de soi ou d'elle. Je dis qu'il ne l'aime pas de bonne sorte; car s'il avoit une vraye amour pour elle, il n'auroit aucune inclination à s'en defier. — Mais ce n'est pas proprement elle, qu'il aime, c'est seulement le bien qu'il imagine consister à en avoir seul la possession; <& il ne craindroit pas deperdre ce bien, s'il ne jugeoit qu'il en est indigne, ou bien que sa femme est infidelle.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |