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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.

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da niemand anders da gewesen, alle die an derselben befundenen Wunden zugefügt, also an dessen, den 16ten October darauf, Nachmittags gegen 3 Uhr erfolgten Tode, weil er die Frau so verwundet, ganz allein Schuld sey, und also eine prämeditirte Mordthat begangen habe.

Jnquisit gestand in dem Verhör ferner, daß es keine Bosheit von Seiten seiner gewesen, die ihn zur Begehung der Mordthat bewogen, sondern daß er dazu durch die Ungenügsamkeit seines Pfarrgehülfen, den man ihm Alters halben gegeben, und welcher nicht mehr mit der ihm bewilligten Hälfte der Pfarreinkünfte habe zufrieden seyn, sondern Jnquisiten nur mit einem gewissen jährlichen Gehalt habe abfinden wollen, und durch die daher entstandenen Zänkereyen mit seinem Eheweibe verleitet worden wäre. Dieses machte dem armen blinden Manne, wie er im Verhör anzeigte, tägliche und sehr bittere Vorwürfe darüber, daß er sich seine Einkünfte durch den Adjunctus so sehr abschneiden ließe, und daß sie ihr ihrem Manne zugebrachtes Vermögen ohnedem schon zugesezt hätten. "Du räumst dem Pfarrgehülfen, dies waren ihre täglichen Vorwürfe, zu viel ein, und machest mich unglüklich, und wenn wir einmal betteln gehen müssen; so bist du Schuld daran, desgleichen, wenn er sterbe, und sie solcher Gestalt um ihren Unterhalt kommen werde, wolle sie auf sein Grab treten und sagen: hier liegt der unbe-


da niemand anders da gewesen, alle die an derselben befundenen Wunden zugefuͤgt, also an dessen, den 16ten October darauf, Nachmittags gegen 3 Uhr erfolgten Tode, weil er die Frau so verwundet, ganz allein Schuld sey, und also eine praͤmeditirte Mordthat begangen habe.

Jnquisit gestand in dem Verhoͤr ferner, daß es keine Bosheit von Seiten seiner gewesen, die ihn zur Begehung der Mordthat bewogen, sondern daß er dazu durch die Ungenuͤgsamkeit seines Pfarrgehuͤlfen, den man ihm Alters halben gegeben, und welcher nicht mehr mit der ihm bewilligten Haͤlfte der Pfarreinkuͤnfte habe zufrieden seyn, sondern Jnquisiten nur mit einem gewissen jaͤhrlichen Gehalt habe abfinden wollen, und durch die daher entstandenen Zaͤnkereyen mit seinem Eheweibe verleitet worden waͤre. Dieses machte dem armen blinden Manne, wie er im Verhoͤr anzeigte, taͤgliche und sehr bittere Vorwuͤrfe daruͤber, daß er sich seine Einkuͤnfte durch den Adjunctus so sehr abschneiden ließe, und daß sie ihr ihrem Manne zugebrachtes Vermoͤgen ohnedem schon zugesezt haͤtten. »Du raͤumst dem Pfarrgehuͤlfen, dies waren ihre taͤglichen Vorwuͤrfe, zu viel ein, und machest mich ungluͤklich, und wenn wir einmal betteln gehen muͤssen; so bist du Schuld daran, desgleichen, wenn er sterbe, und sie solcher Gestalt um ihren Unterhalt kommen werde, wolle sie auf sein Grab treten und sagen: hier liegt der unbe-

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[29/0029] da niemand anders da gewesen, alle die an derselben befundenen Wunden zugefuͤgt, also an dessen, den 16ten October darauf, Nachmittags gegen 3 Uhr erfolgten Tode, weil er die Frau so verwundet, ganz allein Schuld sey, und also eine praͤmeditirte Mordthat begangen habe. Jnquisit gestand in dem Verhoͤr ferner, daß es keine Bosheit von Seiten seiner gewesen, die ihn zur Begehung der Mordthat bewogen, sondern daß er dazu durch die Ungenuͤgsamkeit seines Pfarrgehuͤlfen, den man ihm Alters halben gegeben, und welcher nicht mehr mit der ihm bewilligten Haͤlfte der Pfarreinkuͤnfte habe zufrieden seyn, sondern Jnquisiten nur mit einem gewissen jaͤhrlichen Gehalt habe abfinden wollen, und durch die daher entstandenen Zaͤnkereyen mit seinem Eheweibe verleitet worden waͤre. Dieses machte dem armen blinden Manne, wie er im Verhoͤr anzeigte, taͤgliche und sehr bittere Vorwuͤrfe daruͤber, daß er sich seine Einkuͤnfte durch den Adjunctus so sehr abschneiden ließe, und daß sie ihr ihrem Manne zugebrachtes Vermoͤgen ohnedem schon zugesezt haͤtten. »Du raͤumst dem Pfarrgehuͤlfen, dies waren ihre taͤglichen Vorwuͤrfe, zu viel ein, und machest mich ungluͤklich, und wenn wir einmal betteln gehen muͤssen; so bist du Schuld daran, desgleichen, wenn er sterbe, und sie solcher Gestalt um ihren Unterhalt kommen werde, wolle sie auf sein Grab treten und sagen: hier liegt der unbe-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/29>, abgerufen am 23.11.2024.