Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0017" n="15"/><lb/> ten der Vernunft arbeiten, diese Furie der menschlichen Seele zu bekaͤmpfen, weil sie so leicht die ganze Thaͤtigkeit der Denkkraft und unsrer Willensfreiheit aufhaͤlt, und uns durch ein niedriges Betragen, unzaͤhlig oft unter die Wuͤrde unsrer Natur herabsezt. Jch wuͤrde, um das menschliche Herz von dieser betaͤubenden und schaͤndlichen Krankheit der Furcht zu heilen, vornehmlich folgende Mittel vorschlagen. 1) Man suche das gefuͤrchtete Uebel genau nach allen seinen Seiten kennen zu lernen, und es hierbei auch von seiner weniger furchtbaren Seite zu betrachten. Schon das Nachdenken, das bei sich selbst Raisonniren uͤber ein kommendes Uebel, floͤßt uns Muth ein, indem es unsre Seele zerstreuet und von dem Punkte wegziehet, den sie so gern mit starren Empfindungen allein betrachten moͤchte. 2) Uebe man sich selbst dann, wenn uns nichts Boͤses bevorsteht, in Untersuchungen: wie wir uns in dieser und jener ungluͤcklichen Lage, die uns uͤberraschen sollte, benehmen wuͤrden, und als vernuͤnftige Menschen benehmen muͤßten. 3) Huͤte man sich ja vor allen Schwaͤchungen und Verzaͤrtelungen des Koͤrpers. Ein gesunder Koͤrper giebt der Seele Kraft und Muth, ein kranker macht uns furchtsam. 4) Man gewoͤhne sich immer mehr durch Nachdenken uͤber die Menschen und unsre Schicksale, und durch die Gewalt uͤber unsre Einbildungskraft an die so noͤthige Gegenwart des Geistes, und lasse den <hi rendition="#b">ersten</hi> Eindruck eines furchtbaren Ge-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [15/0017]
ten der Vernunft arbeiten, diese Furie der menschlichen Seele zu bekaͤmpfen, weil sie so leicht die ganze Thaͤtigkeit der Denkkraft und unsrer Willensfreiheit aufhaͤlt, und uns durch ein niedriges Betragen, unzaͤhlig oft unter die Wuͤrde unsrer Natur herabsezt. Jch wuͤrde, um das menschliche Herz von dieser betaͤubenden und schaͤndlichen Krankheit der Furcht zu heilen, vornehmlich folgende Mittel vorschlagen. 1) Man suche das gefuͤrchtete Uebel genau nach allen seinen Seiten kennen zu lernen, und es hierbei auch von seiner weniger furchtbaren Seite zu betrachten. Schon das Nachdenken, das bei sich selbst Raisonniren uͤber ein kommendes Uebel, floͤßt uns Muth ein, indem es unsre Seele zerstreuet und von dem Punkte wegziehet, den sie so gern mit starren Empfindungen allein betrachten moͤchte. 2) Uebe man sich selbst dann, wenn uns nichts Boͤses bevorsteht, in Untersuchungen: wie wir uns in dieser und jener ungluͤcklichen Lage, die uns uͤberraschen sollte, benehmen wuͤrden, und als vernuͤnftige Menschen benehmen muͤßten. 3) Huͤte man sich ja vor allen Schwaͤchungen und Verzaͤrtelungen des Koͤrpers. Ein gesunder Koͤrper giebt der Seele Kraft und Muth, ein kranker macht uns furchtsam. 4) Man gewoͤhne sich immer mehr durch Nachdenken uͤber die Menschen und unsre Schicksale, und durch die Gewalt uͤber unsre Einbildungskraft an die so noͤthige Gegenwart des Geistes, und lasse den ersten Eindruck eines furchtbaren Ge-
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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