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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

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gnothi seauton schon vorgetragen, auch das Exempel von zwey Uhren gebraucht. Er. (aufmerksam) So -- -- Leibniz ist also nicht der Erfinder der vorherbestimmten Harmonie? Aber -- sie gefällt mir eben doch besser, als des Cartesius Meinung, die man -- -- (ich half ihm ein) die Hypothese der gelegenheitlichen Ursachen nennt. Jch. Warum? Er. Weil daraus folgte, daß Gott der Urheber aller Sünden wäre, und das will mir nicht ein. Jch. Was hat Er denn wider die Hypothese des physischen Einflusses einzuwenden? Er. Daß ich nicht begreifen kann, wie ein Geist in dem Körper würket. Jch. Nimmt Er denn nichts an, was Er nicht begreifen kann? Er. Als Philosoph nicht. Denn -- ein Hauptsatz in der Metaphysik heißt: nichts ohne zureichenden Grund. Und ein anderer: es ist nicht möglich, daß ein Ding zugleich sey, und nicht sey. (Weil ich ihn bloß ausforschen wollte, fuhr ich weiter fort:) Welchen Beweis hält Er denn für den bündigsten für das Daseyn Gottes? Er. Den ontologischen und cosmologischen. Jch. Wie formirt Er den erstem? Er. Von Ewigkeit her war etwas, von dem dieses Universum hervorgebracht wurde. Denn, wenn ich nicht annehme, so folgt, daß es aus nichts, oder deutlicher, von selbst entstanden sey, welches absurd ist --. Denn aus nichts wird nichts. Und durch einen Zufall kann es nicht entstanden seyn-- denn -- nichts ist ohne zureichende Ursache. Es


γνώϑι ςεαυτόν schon vorgetragen, auch das Exempel von zwey Uhren gebraucht. Er. (aufmerksam) So — — Leibniz ist also nicht der Erfinder der vorherbestimmten Harmonie? Aber — sie gefaͤllt mir eben doch besser, als des Cartesius Meinung, die man — — (ich half ihm ein) die Hypothese der gelegenheitlichen Ursachen nennt. Jch. Warum? Er. Weil daraus folgte, daß Gott der Urheber aller Suͤnden waͤre, und das will mir nicht ein. Jch. Was hat Er denn wider die Hypothese des physischen Einflusses einzuwenden? Er. Daß ich nicht begreifen kann, wie ein Geist in dem Koͤrper wuͤrket. Jch. Nimmt Er denn nichts an, was Er nicht begreifen kann? Er. Als Philosoph nicht. Denn — ein Hauptsatz in der Metaphysik heißt: nichts ohne zureichenden Grund. Und ein anderer: es ist nicht moͤglich, daß ein Ding zugleich sey, und nicht sey. (Weil ich ihn bloß ausforschen wollte, fuhr ich weiter fort:) Welchen Beweis haͤlt Er denn fuͤr den buͤndigsten fuͤr das Daseyn Gottes? Er. Den ontologischen und cosmologischen. Jch. Wie formirt Er den erstem? Er. Von Ewigkeit her war etwas, von dem dieses Universum hervorgebracht wurde. Denn, wenn ich nicht annehme, so folgt, daß es aus nichts, oder deutlicher, von selbst entstanden sey, welches absurd ist —. Denn aus nichts wird nichts. Und durch einen Zufall kann es nicht entstanden seyn— denn — nichts ist ohne zureichende Ursache. Es

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[70/0070] γνώϑι ςεαυτόν schon vorgetragen, auch das Exempel von zwey Uhren gebraucht. Er. (aufmerksam) So — — Leibniz ist also nicht der Erfinder der vorherbestimmten Harmonie? Aber — sie gefaͤllt mir eben doch besser, als des Cartesius Meinung, die man — — (ich half ihm ein) die Hypothese der gelegenheitlichen Ursachen nennt. Jch. Warum? Er. Weil daraus folgte, daß Gott der Urheber aller Suͤnden waͤre, und das will mir nicht ein. Jch. Was hat Er denn wider die Hypothese des physischen Einflusses einzuwenden? Er. Daß ich nicht begreifen kann, wie ein Geist in dem Koͤrper wuͤrket. Jch. Nimmt Er denn nichts an, was Er nicht begreifen kann? Er. Als Philosoph nicht. Denn — ein Hauptsatz in der Metaphysik heißt: nichts ohne zureichenden Grund. Und ein anderer: es ist nicht moͤglich, daß ein Ding zugleich sey, und nicht sey. (Weil ich ihn bloß ausforschen wollte, fuhr ich weiter fort:) Welchen Beweis haͤlt Er denn fuͤr den buͤndigsten fuͤr das Daseyn Gottes? Er. Den ontologischen und cosmologischen. Jch. Wie formirt Er den erstem? Er. Von Ewigkeit her war etwas, von dem dieses Universum hervorgebracht wurde. Denn, wenn ich nicht annehme, so folgt, daß es aus nichts, oder deutlicher, von selbst entstanden sey, welches absurd ist —. Denn aus nichts wird nichts. Und durch einen Zufall kann es nicht entstanden seyn— denn — nichts ist ohne zureichende Ursache. Es

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/70>, abgerufen am 27.04.2024.