Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.Jm 2ten Bande 1ten Stück S. 71. ff. erzählt der sel. Kirchenrath Stroth Folgendes: "Jn meinem dreyzehnten Jahre fiel ich durch einen Zufall in's Wasser, in dessen grundlosen Boden ich so lange steckte, daß ich dem Ertrinken nahe war, bis ich endlich durch Hülfe andrer Leute wieder herausgebracht ward. Von dieser Zeit an glaubte ich, so oft ich zu Selbstbetrachtungen kam, ich sey damals wirklich ertrunken; alles, was ich sähe, hörte oder empfände, seyen keine wirkliche Empfindungen in der Körperwelt, sondern Erinnerungen aus dem vorigen Leben. Jch glaubte keinen Körper mehr zu haben, sondern mich nur dem Geiste nach entweder auf der Erde aufzuhalten, oder doch solche Vorstellungen zu haben, als ob ich mich auf der Erde aufhielte. Und alle diese Einbildungen hatte ich in Jahren, wo ich nichts von Sceptikern und Jdealisten gehört hatte u.s.w.". Jch kann mir diesen Zustand nicht anders als durch eine dunkle Zurückerinnerung an die Empfindungen erklären, die der gute Stroth unter dem Wasser liegend gehabt haben mogte. Nun wirst du ertrinken, wird dein Geist von dir scheiden! -- Diese und ähnliche Jdeen konnten damals schnell durch seine Seele gehen; aber auch einen so starken Eindruck im Gehirn zurücklassen, daß diese Jdee von Nichtmehrseyn, wenn er zu Selbstbetrachtungen kam, eine solche Lebhaftigkeit annahm, Jm 2ten Bande 1ten Stuͤck S. 71. ff. erzaͤhlt der sel. Kirchenrath Stroth Folgendes: »Jn meinem dreyzehnten Jahre fiel ich durch einen Zufall in's Wasser, in dessen grundlosen Boden ich so lange steckte, daß ich dem Ertrinken nahe war, bis ich endlich durch Huͤlfe andrer Leute wieder herausgebracht ward. Von dieser Zeit an glaubte ich, so oft ich zu Selbstbetrachtungen kam, ich sey damals wirklich ertrunken; alles, was ich saͤhe, hoͤrte oder empfaͤnde, seyen keine wirkliche Empfindungen in der Koͤrperwelt, sondern Erinnerungen aus dem vorigen Leben. Jch glaubte keinen Koͤrper mehr zu haben, sondern mich nur dem Geiste nach entweder auf der Erde aufzuhalten, oder doch solche Vorstellungen zu haben, als ob ich mich auf der Erde aufhielte. Und alle diese Einbildungen hatte ich in Jahren, wo ich nichts von Sceptikern und Jdealisten gehoͤrt hatte u.s.w.«. Jch kann mir diesen Zustand nicht anders als durch eine dunkle Zuruͤckerinnerung an die Empfindungen erklaͤren, die der gute Stroth unter dem Wasser liegend gehabt haben mogte. Nun wirst du ertrinken, wird dein Geist von dir scheiden! — Diese und aͤhnliche Jdeen konnten damals schnell durch seine Seele gehen; aber auch einen so starken Eindruck im Gehirn zuruͤcklassen, daß diese Jdee von Nichtmehrseyn, wenn er zu Selbstbetrachtungen kam, eine solche Lebhaftigkeit annahm, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0013" n="13"/><lb/> <p>Jm 2ten Bande 1ten Stuͤck S. 71. ff. erzaͤhlt der sel. Kirchenrath <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0143"><note type="editorial">Stroth, Friedrich Andreas</note>Stroth</persName></hi> Folgendes: »Jn meinem dreyzehnten Jahre fiel ich durch einen Zufall in's Wasser, in dessen grundlosen Boden ich so lange steckte, daß ich dem Ertrinken nahe war, bis ich endlich durch Huͤlfe andrer Leute wieder herausgebracht ward. Von dieser Zeit an glaubte ich, so oft ich zu Selbstbetrachtungen kam, ich sey damals wirklich ertrunken; alles, was ich saͤhe, hoͤrte oder empfaͤnde, seyen keine wirkliche Empfindungen in der Koͤrperwelt, sondern Erinnerungen aus dem vorigen Leben. Jch glaubte keinen Koͤrper mehr zu haben, sondern mich nur dem Geiste nach entweder auf der Erde aufzuhalten, oder doch solche Vorstellungen zu haben, als ob ich mich auf der Erde aufhielte. Und alle diese Einbildungen hatte ich in Jahren, wo ich nichts von Sceptikern und Jdealisten gehoͤrt hatte u.s.w.«.</p> <p>Jch kann mir diesen Zustand nicht anders als durch eine dunkle Zuruͤckerinnerung an die Empfindungen erklaͤren, die der gute <hi rendition="#b">Stroth</hi> unter dem Wasser liegend gehabt haben mogte. <hi rendition="#b">Nun wirst du ertrinken, wird dein Geist von dir scheiden!</hi> — Diese und aͤhnliche Jdeen konnten damals schnell durch seine Seele gehen; aber auch einen so starken Eindruck im Gehirn zuruͤcklassen, daß diese Jdee von <hi rendition="#b">Nichtmehrseyn,</hi> wenn er zu Selbstbetrachtungen kam, eine solche Lebhaftigkeit annahm,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0013]
Jm 2ten Bande 1ten Stuͤck S. 71. ff. erzaͤhlt der sel. Kirchenrath Stroth Folgendes: »Jn meinem dreyzehnten Jahre fiel ich durch einen Zufall in's Wasser, in dessen grundlosen Boden ich so lange steckte, daß ich dem Ertrinken nahe war, bis ich endlich durch Huͤlfe andrer Leute wieder herausgebracht ward. Von dieser Zeit an glaubte ich, so oft ich zu Selbstbetrachtungen kam, ich sey damals wirklich ertrunken; alles, was ich saͤhe, hoͤrte oder empfaͤnde, seyen keine wirkliche Empfindungen in der Koͤrperwelt, sondern Erinnerungen aus dem vorigen Leben. Jch glaubte keinen Koͤrper mehr zu haben, sondern mich nur dem Geiste nach entweder auf der Erde aufzuhalten, oder doch solche Vorstellungen zu haben, als ob ich mich auf der Erde aufhielte. Und alle diese Einbildungen hatte ich in Jahren, wo ich nichts von Sceptikern und Jdealisten gehoͤrt hatte u.s.w.«.
Jch kann mir diesen Zustand nicht anders als durch eine dunkle Zuruͤckerinnerung an die Empfindungen erklaͤren, die der gute Stroth unter dem Wasser liegend gehabt haben mogte. Nun wirst du ertrinken, wird dein Geist von dir scheiden! — Diese und aͤhnliche Jdeen konnten damals schnell durch seine Seele gehen; aber auch einen so starken Eindruck im Gehirn zuruͤcklassen, daß diese Jdee von Nichtmehrseyn, wenn er zu Selbstbetrachtungen kam, eine solche Lebhaftigkeit annahm,
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