Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite


mung der Religion. Sie zerstören die Menschlichkeit, indem sie das Christenthum zerstören, und Christum den Christen rauben"!

Wie tief aus meinem Herzen herausgesprochen war das! Mit welcher Fülle der Ueberzeugung stimmt' ich in diese gerechte Klagen ein! wie ward mir so leicht! wie schien mir die halbverlorne Sache gleichsam schon wiedergefunden, da ich hörte, daß die Wahrheit Gottes an manchen Orten noch Ohren findet, die sie hören und verstehen, und Seelen, denen es Last ist, daß sie's nicht lauter, mächtiger sagen dürfen. -- "Man stößt den Herrn des Weingartens zum Weingarten heraus". Dies Wort wiederhol ich auch mit Bedacht hier, -- frey dürft' ich dies öffentlich sagen. Wie gern verpflicht' ich mich dadurch, es bey jedem, jedem Anlaß immer stärker, treffender, schneidender zu sagen -- "daß man wider die Menschheit raset, wenn man wider Christum sich auflehnt". Wenn Christus unerträglich ist, o wie ist denn gewiß, aller vorgegebenen hochgepriesenen Menschenliebe ungeachtet, auch die Menschheit unerträglich! Wer mich hasset, der hasset auch meinen Vater, hast du mit göttlicher Einfalt und Wahrheit gesagt, -- du bester aller Menschen, aller Herren und aller Götter auf Erden und im Himmel! und wer deinen Vater hasset, der hasset auch seine Kinder, -- so wie der den liebt, der gezeugt hat, auch den liebet, der von ihm gezeugt ist.



mung der Religion. Sie zerstoͤren die Menschlichkeit, indem sie das Christenthum zerstoͤren, und Christum den Christen rauben«!

Wie tief aus meinem Herzen herausgesprochen war das! Mit welcher Fuͤlle der Ueberzeugung stimmt' ich in diese gerechte Klagen ein! wie ward mir so leicht! wie schien mir die halbverlorne Sache gleichsam schon wiedergefunden, da ich hoͤrte, daß die Wahrheit Gottes an manchen Orten noch Ohren findet, die sie hoͤren und verstehen, und Seelen, denen es Last ist, daß sie's nicht lauter, maͤchtiger sagen duͤrfen. — »Man stoͤßt den Herrn des Weingartens zum Weingarten heraus«. Dies Wort wiederhol ich auch mit Bedacht hier, — frey duͤrft' ich dies oͤffentlich sagen. Wie gern verpflicht' ich mich dadurch, es bey jedem, jedem Anlaß immer staͤrker, treffender, schneidender zu sagen — »daß man wider die Menschheit raset, wenn man wider Christum sich auflehnt«. Wenn Christus unertraͤglich ist, o wie ist denn gewiß, aller vorgegebenen hochgepriesenen Menschenliebe ungeachtet, auch die Menschheit unertraͤglich! Wer mich hasset, der hasset auch meinen Vater, hast du mit goͤttlicher Einfalt und Wahrheit gesagt, — du bester aller Menschen, aller Herren und aller Goͤtter auf Erden und im Himmel! und wer deinen Vater hasset, der hasset auch seine Kinder, — so wie der den liebt, der gezeugt hat, auch den liebet, der von ihm gezeugt ist.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="101"/><lb/>
mung der Religion. Sie zersto&#x0364;ren die Menschlichkeit, indem                   sie das Christenthum zersto&#x0364;ren, und Christum den Christen rauben«!</p>
            <p>Wie tief aus meinem Herzen herausgesprochen war das! Mit welcher Fu&#x0364;lle der                   Ueberzeugung stimmt' ich in diese gerechte Klagen ein! wie ward mir so leicht! wie                   schien mir die halbverlorne Sache gleichsam schon wiedergefunden, da ich ho&#x0364;rte,                   daß die Wahrheit Gottes an manchen Orten noch Ohren findet, die sie ho&#x0364;ren und                   verstehen, und Seelen, denen es Last ist, daß sie's nicht lauter, ma&#x0364;chtiger sagen                   du&#x0364;rfen. &#x2014; »Man sto&#x0364;ßt den Herrn des Weingartens zum Weingarten heraus«. Dies Wort                   wiederhol ich auch mit Bedacht hier, &#x2014; frey du&#x0364;rft' ich dies o&#x0364;ffentlich sagen. Wie                   gern verpflicht' ich mich dadurch, es bey jedem, jedem Anlaß immer sta&#x0364;rker,                   treffender, schneidender zu sagen &#x2014; »daß man wider die Menschheit raset, wenn man                   wider Christum sich auflehnt«. Wenn Christus unertra&#x0364;glich ist, o wie ist denn                   gewiß, aller vorgegebenen hochgepriesenen Menschenliebe ungeachtet, auch die                   Menschheit unertra&#x0364;glich! Wer mich hasset, der hasset auch meinen Vater, hast du                   mit go&#x0364;ttlicher Einfalt und Wahrheit gesagt, &#x2014; du bester aller Menschen, aller                   Herren und aller Go&#x0364;tter auf Erden und im Himmel! und wer deinen Vater hasset, der                   hasset auch seine Kinder, &#x2014; so wie der den liebt, der gezeugt hat, auch den                   liebet, der von ihm gezeugt ist.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0101] mung der Religion. Sie zerstoͤren die Menschlichkeit, indem sie das Christenthum zerstoͤren, und Christum den Christen rauben«! Wie tief aus meinem Herzen herausgesprochen war das! Mit welcher Fuͤlle der Ueberzeugung stimmt' ich in diese gerechte Klagen ein! wie ward mir so leicht! wie schien mir die halbverlorne Sache gleichsam schon wiedergefunden, da ich hoͤrte, daß die Wahrheit Gottes an manchen Orten noch Ohren findet, die sie hoͤren und verstehen, und Seelen, denen es Last ist, daß sie's nicht lauter, maͤchtiger sagen duͤrfen. — »Man stoͤßt den Herrn des Weingartens zum Weingarten heraus«. Dies Wort wiederhol ich auch mit Bedacht hier, — frey duͤrft' ich dies oͤffentlich sagen. Wie gern verpflicht' ich mich dadurch, es bey jedem, jedem Anlaß immer staͤrker, treffender, schneidender zu sagen — »daß man wider die Menschheit raset, wenn man wider Christum sich auflehnt«. Wenn Christus unertraͤglich ist, o wie ist denn gewiß, aller vorgegebenen hochgepriesenen Menschenliebe ungeachtet, auch die Menschheit unertraͤglich! Wer mich hasset, der hasset auch meinen Vater, hast du mit goͤttlicher Einfalt und Wahrheit gesagt, — du bester aller Menschen, aller Herren und aller Goͤtter auf Erden und im Himmel! und wer deinen Vater hasset, der hasset auch seine Kinder, — so wie der den liebt, der gezeugt hat, auch den liebet, der von ihm gezeugt ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/101
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/101>, abgerufen am 04.05.2024.