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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.

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wenn Frauenzimmer in eine Art Ohnmacht in meine Arme sanken. - -

Meine Eltern waren mir, so lange ich in ihrem Hause wohnte, so wie meine Geschwister, gleichgültige Menschen. Fremde Leute waren mir viel angenehmer, und ich hielt es nicht der Mühe werth, jene zu vertheidigen, wenn sie belästert wurden. Die Hitze meines Vaters war mir oft unerträglich, und wenige seiner Handlungen gefielen mir, so ein vortrefflicher Mann er auch war. Jch habe mir über diese Gleichgültigkeit nachher die bittersten Vorwürfe gemacht, und das Andenken an dieselbe wird mir noch manche heiße Thräne der Reue kosten; - aber ganz anders wurde ich gegen meine Eltern und Geschwister gesinnt, als ich sie verlassen hatte. Kaum war ich einige Meilen von meinem väterlichen Hause entfernt, als mich eine Wehmuth überfiel, die ich nicht beschreiben kann. Jch hätte jeden meiner gegen sie begangenen Fehler mit meinem Blute abbüßen mögen, meine Briefe an sie waren die heftigsten Ergüsse meiner Zärtlichkeit und Liebe. Meinen Vater habe ich nie wiedergesehen, aber sein Bild, wie er mir bei meiner Abreise aus seinem Fenster noch mit seinem weißen Nachtmützchen nach winkte, steht hell und klar vor meiner Seele, und nichts kann es daraus verscheuchen. Die Nachricht von seinem Tode machte mich völlig untröstbar, und oft kommt es mir noch


wenn Frauenzimmer in eine Art Ohnmacht in meine Arme sanken. – –

Meine Eltern waren mir, so lange ich in ihrem Hause wohnte, so wie meine Geschwister, gleichguͤltige Menschen. Fremde Leute waren mir viel angenehmer, und ich hielt es nicht der Muͤhe werth, jene zu vertheidigen, wenn sie belaͤstert wurden. Die Hitze meines Vaters war mir oft unertraͤglich, und wenige seiner Handlungen gefielen mir, so ein vortrefflicher Mann er auch war. Jch habe mir uͤber diese Gleichguͤltigkeit nachher die bittersten Vorwuͤrfe gemacht, und das Andenken an dieselbe wird mir noch manche heiße Thraͤne der Reue kosten; – aber ganz anders wurde ich gegen meine Eltern und Geschwister gesinnt, als ich sie verlassen hatte. Kaum war ich einige Meilen von meinem vaͤterlichen Hause entfernt, als mich eine Wehmuth uͤberfiel, die ich nicht beschreiben kann. Jch haͤtte jeden meiner gegen sie begangenen Fehler mit meinem Blute abbuͤßen moͤgen, meine Briefe an sie waren die heftigsten Erguͤsse meiner Zaͤrtlichkeit und Liebe. Meinen Vater habe ich nie wiedergesehen, aber sein Bild, wie er mir bei meiner Abreise aus seinem Fenster noch mit seinem weißen Nachtmuͤtzchen nach winkte, steht hell und klar vor meiner Seele, und nichts kann es daraus verscheuchen. Die Nachricht von seinem Tode machte mich voͤllig untroͤstbar, und oft kommt es mir noch

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[97/0099] wenn Frauenzimmer in eine Art Ohnmacht in meine Arme sanken. – – Meine Eltern waren mir, so lange ich in ihrem Hause wohnte, so wie meine Geschwister, gleichguͤltige Menschen. Fremde Leute waren mir viel angenehmer, und ich hielt es nicht der Muͤhe werth, jene zu vertheidigen, wenn sie belaͤstert wurden. Die Hitze meines Vaters war mir oft unertraͤglich, und wenige seiner Handlungen gefielen mir, so ein vortrefflicher Mann er auch war. Jch habe mir uͤber diese Gleichguͤltigkeit nachher die bittersten Vorwuͤrfe gemacht, und das Andenken an dieselbe wird mir noch manche heiße Thraͤne der Reue kosten; – aber ganz anders wurde ich gegen meine Eltern und Geschwister gesinnt, als ich sie verlassen hatte. Kaum war ich einige Meilen von meinem vaͤterlichen Hause entfernt, als mich eine Wehmuth uͤberfiel, die ich nicht beschreiben kann. Jch haͤtte jeden meiner gegen sie begangenen Fehler mit meinem Blute abbuͤßen moͤgen, meine Briefe an sie waren die heftigsten Erguͤsse meiner Zaͤrtlichkeit und Liebe. Meinen Vater habe ich nie wiedergesehen, aber sein Bild, wie er mir bei meiner Abreise aus seinem Fenster noch mit seinem weißen Nachtmuͤtzchen nach winkte, steht hell und klar vor meiner Seele, und nichts kann es daraus verscheuchen. Die Nachricht von seinem Tode machte mich voͤllig untroͤstbar, und oft kommt es mir noch

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0501_1787/99>, abgerufen am 25.11.2024.