Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 1. Berlin, 1787.
Daß die menschliche Seele oft an ihrem eigenen Kummer einen Gefallen findet, ihn lieber zu haben, als nicht zu haben wünscht,
Daß die menschliche Seele oft an ihrem eigenen Kummer einen Gefallen findet, ihn lieber zu haben, als nicht zu haben wuͤnscht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0075" n="73"/><lb/> handeln wuͤrde, wenn alle Umstaͤnde so wie im Traume gereihet und gestellt waͤren? Es lassen sich gewiß hievon mehrere psychologische Gruͤnde angeben, und vielleicht waͤre es besser, jeden einzelnen Fall einzeln, als nach allgemeinen Regeln zu beurtheilen. Der vornehmste Grund hievon, so wie uͤberhaupt aller Bilder und Handlungen, die uns im Traume vorkommen, liegt in der <choice><corr>Staͤrke</corr><sic>Staͤtke</sic></choice> einer unwillkuͤrlichen Jdeenassociation. Wir werden alle Augenblicke zu <hi rendition="#b">Nebenbildern</hi> unserer Phantasie hingerissen, und selten geschieht eine Handlung im Traume, die einige Weile erfodert, nach ihrer ganzen natuͤrlichen Folge, die sie im Wachen haben wuͤrde. Oft kann aber auch gerade eine gewisse <hi rendition="#b">Mittelidee</hi> fehlen, ohne welche in der Handlung des Traͤumenden nothwendig eine Luͤcke entstehen muß, wodurch die natuͤrliche Folge der Handlung unterbrochen wird, die wir im Wachen, weil uns jene <hi rendition="#b">Mittelidee gegenwaͤrtig</hi> war, richtiger beobachten wuͤrden. Sollte nicht auch bisweilen ein dunkles Gefuͤhl des Traͤumenden, daß sein Koͤrper <hi rendition="#b">ruhet,</hi> nicht den voͤlligen Entwickelungen seiner Plane hinderlich seyn?</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Daß die menschliche Seele oft an ihrem eigenen Kummer einen Gefallen findet, ihn lieber zu haben, als nicht zu haben wuͤnscht,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0075]
handeln wuͤrde, wenn alle Umstaͤnde so wie im Traume gereihet und gestellt waͤren? Es lassen sich gewiß hievon mehrere psychologische Gruͤnde angeben, und vielleicht waͤre es besser, jeden einzelnen Fall einzeln, als nach allgemeinen Regeln zu beurtheilen. Der vornehmste Grund hievon, so wie uͤberhaupt aller Bilder und Handlungen, die uns im Traume vorkommen, liegt in der Staͤrke einer unwillkuͤrlichen Jdeenassociation. Wir werden alle Augenblicke zu Nebenbildern unserer Phantasie hingerissen, und selten geschieht eine Handlung im Traume, die einige Weile erfodert, nach ihrer ganzen natuͤrlichen Folge, die sie im Wachen haben wuͤrde. Oft kann aber auch gerade eine gewisse Mittelidee fehlen, ohne welche in der Handlung des Traͤumenden nothwendig eine Luͤcke entstehen muß, wodurch die natuͤrliche Folge der Handlung unterbrochen wird, die wir im Wachen, weil uns jene Mittelidee gegenwaͤrtig war, richtiger beobachten wuͤrden. Sollte nicht auch bisweilen ein dunkles Gefuͤhl des Traͤumenden, daß sein Koͤrper ruhet, nicht den voͤlligen Entwickelungen seiner Plane hinderlich seyn?
Daß die menschliche Seele oft an ihrem eigenen Kummer einen Gefallen findet, ihn lieber zu haben, als nicht zu haben wuͤnscht,
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