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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

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seinen kindischen Spielen. Ueberall wollte er der Erste seyn, immer befehlen und nie gehorchen, immer anordnen und sich nicht widersprechen lassen. Er hatte die Leute ganz besonders lieb, die den Huth vor ihm abnahmen, so wie er die gar nicht ausstehen konnte, die vor ihm ohne jenes Zeichen der Ehrerbietung vorbeigingen. Wie er etwas größer geworden war, und seine ausgebreitetere Selbstthätigkeit auch seinem Ehrgefühl mehr Nahrung und Stärke gab, leuchtete dasselbe aus allen seinen Handlungen hervor, und er that eigentlich nichts gern, wo er keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Wenn er in der Kirche war, stellte er sich immer dahin, wo er von den meisten Leuten gesehen werden konnte, und strengte seine Kehle oft auf eine widernatürliche Art an, um die ganze Gemeinde zu überschreien, welches er auch täglich bei dem Abendgottesdienste that, welchen seine Mutter mit seinem übrigen Geschwister und dem Gesinde hielt. Um sich bei den unwissenden Bauern ein Ansehn zu geben, that er oft sehr gelehrt, und sprach eine halb Deutsch- und Lateinische Sprache, wohinter sie eine große Geschicklichkeit suchen sollten. Seine kindische Eitelkeit verführte ihn sogar manchmal zu den lächerlichsten Grillen. Er spatzierte z.B. nicht lieber als in hohlen Kornwegen, und freute sich unendlich, wenn der Wind die hohen Kornähren auf die Seite legte, und sie ihm gleichsam ihr Compliment machten. Aus eben


seinen kindischen Spielen. Ueberall wollte er der Erste seyn, immer befehlen und nie gehorchen, immer anordnen und sich nicht widersprechen lassen. Er hatte die Leute ganz besonders lieb, die den Huth vor ihm abnahmen, so wie er die gar nicht ausstehen konnte, die vor ihm ohne jenes Zeichen der Ehrerbietung vorbeigingen. Wie er etwas groͤßer geworden war, und seine ausgebreitetere Selbstthaͤtigkeit auch seinem Ehrgefuͤhl mehr Nahrung und Staͤrke gab, leuchtete dasselbe aus allen seinen Handlungen hervor, und er that eigentlich nichts gern, wo er keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Wenn er in der Kirche war, stellte er sich immer dahin, wo er von den meisten Leuten gesehen werden konnte, und strengte seine Kehle oft auf eine widernatuͤrliche Art an, um die ganze Gemeinde zu uͤberschreien, welches er auch taͤglich bei dem Abendgottesdienste that, welchen seine Mutter mit seinem uͤbrigen Geschwister und dem Gesinde hielt. Um sich bei den unwissenden Bauern ein Ansehn zu geben, that er oft sehr gelehrt, und sprach eine halb Deutsch- und Lateinische Sprache, wohinter sie eine große Geschicklichkeit suchen sollten. Seine kindische Eitelkeit verfuͤhrte ihn sogar manchmal zu den laͤcherlichsten Grillen. Er spatzierte z.B. nicht lieber als in hohlen Kornwegen, und freute sich unendlich, wenn der Wind die hohen Kornaͤhren auf die Seite legte, und sie ihm gleichsam ihr Compliment machten. Aus eben

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[59/0059] seinen kindischen Spielen. Ueberall wollte er der Erste seyn, immer befehlen und nie gehorchen, immer anordnen und sich nicht widersprechen lassen. Er hatte die Leute ganz besonders lieb, die den Huth vor ihm abnahmen, so wie er die gar nicht ausstehen konnte, die vor ihm ohne jenes Zeichen der Ehrerbietung vorbeigingen. Wie er etwas groͤßer geworden war, und seine ausgebreitetere Selbstthaͤtigkeit auch seinem Ehrgefuͤhl mehr Nahrung und Staͤrke gab, leuchtete dasselbe aus allen seinen Handlungen hervor, und er that eigentlich nichts gern, wo er keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Wenn er in der Kirche war, stellte er sich immer dahin, wo er von den meisten Leuten gesehen werden konnte, und strengte seine Kehle oft auf eine widernatuͤrliche Art an, um die ganze Gemeinde zu uͤberschreien, welches er auch taͤglich bei dem Abendgottesdienste that, welchen seine Mutter mit seinem uͤbrigen Geschwister und dem Gesinde hielt. Um sich bei den unwissenden Bauern ein Ansehn zu geben, that er oft sehr gelehrt, und sprach eine halb Deutsch- und Lateinische Sprache, wohinter sie eine große Geschicklichkeit suchen sollten. Seine kindische Eitelkeit verfuͤhrte ihn sogar manchmal zu den laͤcherlichsten Grillen. Er spatzierte z.B. nicht lieber als in hohlen Kornwegen, und freute sich unendlich, wenn der Wind die hohen Kornaͤhren auf die Seite legte, und sie ihm gleichsam ihr Compliment machten. Aus eben

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/59>, abgerufen am 25.11.2024.