Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite


ten Mitschüler als einen Feind betrachtete, welcher seinem Stande und seiner Ehre im Wege stünde. Alles dieß hatte ihm die Dorfschule zu dem traurigsten Aufenthalte von der Welt gemacht, und er war daher auch der Erste, der es dem Schulmeister mit einer triumphirenden Miene verkündigte, daß er ferner nicht mehr unter seiner Zuchtruthe stehen würde, ein Glück, welches er noch an dem nehmlichen Tage in dem ganzen Dorfe mit tausend frölichen Luftsprüngen bekannt machte.

Schack wurde also von dieser Zeit an der Schüler seines guten Vaters, und gewiß konnte er keinen thätigern und fleißigern Lehrmeister bekommen als ihn. Anfangs genoß er seinen Unterricht mit zwei seiner Schwestern; bald aber widmete sich sein Vater ihm ganz allein. Es ist unglaublich, wie pünktlich und gewissenhaft der würdige Mann bei dem Erziehungsgeschäfte seines Sohns verfuhr, und wie unerschöpflich seine gute Laune dabei war. Seine Heiterkeit verlohr sich nie, wenn er Unterricht gab, sein Vortrag war äußerst angenehm und lebhaft, seine Aufmunterungen zur Aufmerksamkeit begleitete gemeiniglich ein unschuldiger wohl angebrachter Scherz, welcher zehnmal mehr als ein pädagogisches Schelten ausrichtete, und sein ganzes Benehmen während des Unterrichts flößte Zutrauen, Hochachtung und Liebe ein.

Die gute Laune des Schulmanns, pflegte er immer zu sagen, ist das vornehmste Mittel jun-


ten Mitschuͤler als einen Feind betrachtete, welcher seinem Stande und seiner Ehre im Wege stuͤnde. Alles dieß hatte ihm die Dorfschule zu dem traurigsten Aufenthalte von der Welt gemacht, und er war daher auch der Erste, der es dem Schulmeister mit einer triumphirenden Miene verkuͤndigte, daß er ferner nicht mehr unter seiner Zuchtruthe stehen wuͤrde, ein Gluͤck, welches er noch an dem nehmlichen Tage in dem ganzen Dorfe mit tausend froͤlichen Luftspruͤngen bekannt machte.

Schack wurde also von dieser Zeit an der Schuͤler seines guten Vaters, und gewiß konnte er keinen thaͤtigern und fleißigern Lehrmeister bekommen als ihn. Anfangs genoß er seinen Unterricht mit zwei seiner Schwestern; bald aber widmete sich sein Vater ihm ganz allein. Es ist unglaublich, wie puͤnktlich und gewissenhaft der wuͤrdige Mann bei dem Erziehungsgeschaͤfte seines Sohns verfuhr, und wie unerschoͤpflich seine gute Laune dabei war. Seine Heiterkeit verlohr sich nie, wenn er Unterricht gab, sein Vortrag war aͤußerst angenehm und lebhaft, seine Aufmunterungen zur Aufmerksamkeit begleitete gemeiniglich ein unschuldiger wohl angebrachter Scherz, welcher zehnmal mehr als ein paͤdagogisches Schelten ausrichtete, und sein ganzes Benehmen waͤhrend des Unterrichts floͤßte Zutrauen, Hochachtung und Liebe ein.

Die gute Laune des Schulmanns, pflegte er immer zu sagen, ist das vornehmste Mittel jun-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0050" n="50"/><lb/>
ten Mitschu&#x0364;ler als                         einen Feind betrachtete, welcher seinem Stande und seiner Ehre im Wege                         stu&#x0364;nde. Alles dieß hatte ihm die Dorfschule zu dem traurigsten Aufenthalte                         von der Welt gemacht, und er war daher auch der Erste, der es dem                         Schulmeister mit einer triumphirenden Miene verku&#x0364;ndigte, daß er ferner nicht                         mehr unter seiner Zuchtruthe stehen wu&#x0364;rde, ein Glu&#x0364;ck, welches er noch an dem                         nehmlichen Tage in dem ganzen Dorfe mit tausend fro&#x0364;lichen Luftspru&#x0364;ngen                         bekannt machte. </p>
            <p>Schack wurde also von dieser Zeit an der Schu&#x0364;ler seines guten Vaters, und                         gewiß konnte er keinen tha&#x0364;tigern und fleißigern Lehrmeister bekommen als                         ihn. Anfangs genoß er seinen Unterricht mit zwei seiner Schwestern; bald                         aber widmete sich sein Vater ihm ganz allein. Es ist unglaublich, wie                         pu&#x0364;nktlich und gewissenhaft der wu&#x0364;rdige Mann bei dem Erziehungsgescha&#x0364;fte                         seines Sohns verfuhr, und wie unerscho&#x0364;pflich seine gute Laune dabei war.                         Seine Heiterkeit verlohr sich nie, wenn er Unterricht gab, sein Vortrag war                         a&#x0364;ußerst angenehm und lebhaft, seine Aufmunterungen zur Aufmerksamkeit                         begleitete gemeiniglich ein unschuldiger wohl angebrachter Scherz, welcher                         zehnmal mehr als ein pa&#x0364;dagogisches Schelten ausrichtete, und sein ganzes                         Benehmen wa&#x0364;hrend des Unterrichts flo&#x0364;ßte Zutrauen, Hochachtung und Liebe ein. </p>
            <p>Die gute Laune des Schulmanns, pflegte er immer zu sagen, ist das vornehmste                         Mittel jun-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0050] ten Mitschuͤler als einen Feind betrachtete, welcher seinem Stande und seiner Ehre im Wege stuͤnde. Alles dieß hatte ihm die Dorfschule zu dem traurigsten Aufenthalte von der Welt gemacht, und er war daher auch der Erste, der es dem Schulmeister mit einer triumphirenden Miene verkuͤndigte, daß er ferner nicht mehr unter seiner Zuchtruthe stehen wuͤrde, ein Gluͤck, welches er noch an dem nehmlichen Tage in dem ganzen Dorfe mit tausend froͤlichen Luftspruͤngen bekannt machte. Schack wurde also von dieser Zeit an der Schuͤler seines guten Vaters, und gewiß konnte er keinen thaͤtigern und fleißigern Lehrmeister bekommen als ihn. Anfangs genoß er seinen Unterricht mit zwei seiner Schwestern; bald aber widmete sich sein Vater ihm ganz allein. Es ist unglaublich, wie puͤnktlich und gewissenhaft der wuͤrdige Mann bei dem Erziehungsgeschaͤfte seines Sohns verfuhr, und wie unerschoͤpflich seine gute Laune dabei war. Seine Heiterkeit verlohr sich nie, wenn er Unterricht gab, sein Vortrag war aͤußerst angenehm und lebhaft, seine Aufmunterungen zur Aufmerksamkeit begleitete gemeiniglich ein unschuldiger wohl angebrachter Scherz, welcher zehnmal mehr als ein paͤdagogisches Schelten ausrichtete, und sein ganzes Benehmen waͤhrend des Unterrichts floͤßte Zutrauen, Hochachtung und Liebe ein. Die gute Laune des Schulmanns, pflegte er immer zu sagen, ist das vornehmste Mittel jun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/50
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0403_1786/50>, abgerufen am 25.11.2024.