Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 2. Berlin, 1786.
Zeit und Raum fehlen mir, um Jhnen noch einen Vorfall mit einer Delinquentin zu berichten; ich muß mich also diesmahl Jhnen empfehlen. Jch bin etc. ***
Zeit und Raum fehlen mir, um Jhnen noch einen Vorfall mit einer Delinquentin zu berichten; ich muß mich also diesmahl Jhnen empfehlen. Jch bin etc. *** <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0041" n="41"/><lb/> dungskraft gefuͤhrt ward, dieses. Einer seiner Freunde, der es ihm mit der groͤßten Ueberzeugung erzaͤhlt, so daß er auch in Betracht der Glaubwuͤrdigkeit des Erzaͤhlers kein Mißtrauen in die Wahrheit des Vorfalls setze, sei einst Abends aus einer Gesellschaft, in der man nur bis zur Munterkeit ein Glas Wein getrunken, zu Hause gekommen, und, weil sein Bedienter gerade nicht zur Hand gewesen, selbst zur Kuͤche hingegangen, um sich eine Pfeife (duͤnkt mich) anzuzuͤnden. Die heitere Stimmung seines Herzens, da er kurz zuvor eine Gesellschaft scherzender Freunde verlassen hatte, konnte also gar nicht Jdeen der Art in ihm aufwecken, die seinem Auge ein so trauriges Bild vorgeruͤckt haͤtten, als er beim Hinuͤbergehen uͤber die Diele erblickte. Hier sahe er eines seiner Kinder in voͤlliger Todtenkleidung im Sarge liegen; Er schrickt zuruͤck — und schweigt, um abzuwarten, obs Taͤuschung sei. Eben dieses Kind aber, das er als Todten sahe, wird, wo ich nicht irre, in Zeit von acht Tagen krank — stirbt — und — wird auf dieselbe Stelle und in derselben Kleidung hingesetzt! — Jmmer ein merkwuͤrdiger Sprung der Einbildungskraft.</p> <p>Zeit und Raum fehlen mir, um Jhnen noch einen Vorfall mit einer Delinquentin zu berichten; ich muß mich also diesmahl Jhnen empfehlen. Jch bin etc. </p> <p rendition="#right"> <hi rendition="#b">***</hi> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0041]
dungskraft gefuͤhrt ward, dieses. Einer seiner Freunde, der es ihm mit der groͤßten Ueberzeugung erzaͤhlt, so daß er auch in Betracht der Glaubwuͤrdigkeit des Erzaͤhlers kein Mißtrauen in die Wahrheit des Vorfalls setze, sei einst Abends aus einer Gesellschaft, in der man nur bis zur Munterkeit ein Glas Wein getrunken, zu Hause gekommen, und, weil sein Bedienter gerade nicht zur Hand gewesen, selbst zur Kuͤche hingegangen, um sich eine Pfeife (duͤnkt mich) anzuzuͤnden. Die heitere Stimmung seines Herzens, da er kurz zuvor eine Gesellschaft scherzender Freunde verlassen hatte, konnte also gar nicht Jdeen der Art in ihm aufwecken, die seinem Auge ein so trauriges Bild vorgeruͤckt haͤtten, als er beim Hinuͤbergehen uͤber die Diele erblickte. Hier sahe er eines seiner Kinder in voͤlliger Todtenkleidung im Sarge liegen; Er schrickt zuruͤck — und schweigt, um abzuwarten, obs Taͤuschung sei. Eben dieses Kind aber, das er als Todten sahe, wird, wo ich nicht irre, in Zeit von acht Tagen krank — stirbt — und — wird auf dieselbe Stelle und in derselben Kleidung hingesetzt! — Jmmer ein merkwuͤrdiger Sprung der Einbildungskraft.
Zeit und Raum fehlen mir, um Jhnen noch einen Vorfall mit einer Delinquentin zu berichten; ich muß mich also diesmahl Jhnen empfehlen. Jch bin etc.
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
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