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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.

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Der Lebensüberdruß vertilgt also zwei Menschen, statt daß er sonst nur einen vertilgt haben würde. Und gemeiniglich pflegt er diese Wendung bei geringen Leuten, die nur einen sehr eingeschränkten Jdeenkeim haben, zu nehmen.

Die Kindermörder in den vorhergehenden Beispielen waren gemeine Soldaten, und dieser letztre war ein Raschmachergeselle, welcher häufige Beängstigungen hatte, die er oft durchs Gebet zu vertreiben suchte. -- Alle die Kindermörder, von denen noch die Rede gewesen ist, haben fleißig gebetet.

Bei diesem war bloß die Furcht, zur Arbeit zugleich untauglich zu werden, (denn wenn er seine Beängstigungen bekam, so rissen ihm immer viele Fäden) das, was ihn bewog, durch Ermordung eines Kindes seinem Leben ein Ende zu machen.

Wenn du doch nicht mehr wärst! fiel ihm plötzlich ein, allein er wollte sich nicht selbst vom Leben zum Tode bringen, sondern es mußte ihm wohl bequemer scheinen, vom Leben zum Tode gebracht zu werden. Er hatte nicht den Muth, seinen Tod selbst zu bewirken, sondern nur, ihn zu veranlassen. -- Nicht sowohl die Begierde nach den Freuden des Himmels, als vielmehr die entsetzliche Furcht vor einem qualvollen Leben, schien seinen Mordentschluß zur Reife gebracht zu haben.




Der Lebensuͤberdruß vertilgt also zwei Menschen, statt daß er sonst nur einen vertilgt haben wuͤrde. Und gemeiniglich pflegt er diese Wendung bei geringen Leuten, die nur einen sehr eingeschraͤnkten Jdeenkeim haben, zu nehmen.

Die Kindermoͤrder in den vorhergehenden Beispielen waren gemeine Soldaten, und dieser letztre war ein Raschmachergeselle, welcher haͤufige Beaͤngstigungen hatte, die er oft durchs Gebet zu vertreiben suchte. — Alle die Kindermoͤrder, von denen noch die Rede gewesen ist, haben fleißig gebetet.

Bei diesem war bloß die Furcht, zur Arbeit zugleich untauglich zu werden, (denn wenn er seine Beaͤngstigungen bekam, so rissen ihm immer viele Faͤden) das, was ihn bewog, durch Ermordung eines Kindes seinem Leben ein Ende zu machen.

Wenn du doch nicht mehr waͤrst! fiel ihm ploͤtzlich ein, allein er wollte sich nicht selbst vom Leben zum Tode bringen, sondern es mußte ihm wohl bequemer scheinen, vom Leben zum Tode gebracht zu werden. Er hatte nicht den Muth, seinen Tod selbst zu bewirken, sondern nur, ihn zu veranlassen. — Nicht sowohl die Begierde nach den Freuden des Himmels, als vielmehr die entsetzliche Furcht vor einem qualvollen Leben, schien seinen Mordentschluß zur Reife gebracht zu haben.



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[29/0031] Der Lebensuͤberdruß vertilgt also zwei Menschen, statt daß er sonst nur einen vertilgt haben wuͤrde. Und gemeiniglich pflegt er diese Wendung bei geringen Leuten, die nur einen sehr eingeschraͤnkten Jdeenkeim haben, zu nehmen. Die Kindermoͤrder in den vorhergehenden Beispielen waren gemeine Soldaten, und dieser letztre war ein Raschmachergeselle, welcher haͤufige Beaͤngstigungen hatte, die er oft durchs Gebet zu vertreiben suchte. — Alle die Kindermoͤrder, von denen noch die Rede gewesen ist, haben fleißig gebetet. Bei diesem war bloß die Furcht, zur Arbeit zugleich untauglich zu werden, (denn wenn er seine Beaͤngstigungen bekam, so rissen ihm immer viele Faͤden) das, was ihn bewog, durch Ermordung eines Kindes seinem Leben ein Ende zu machen. Wenn du doch nicht mehr waͤrst! fiel ihm ploͤtzlich ein, allein er wollte sich nicht selbst vom Leben zum Tode bringen, sondern es mußte ihm wohl bequemer scheinen, vom Leben zum Tode gebracht zu werden. Er hatte nicht den Muth, seinen Tod selbst zu bewirken, sondern nur, ihn zu veranlassen. — Nicht sowohl die Begierde nach den Freuden des Himmels, als vielmehr die entsetzliche Furcht vor einem qualvollen Leben, schien seinen Mordentschluß zur Reife gebracht zu haben.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/31>, abgerufen am 23.11.2024.