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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.

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det von dem sündlichen Klagen der Menschen über die Vorsehung des Höchsten. Er hat die Quellen dieser Klagen gezeigt, und die Natur und Beschaffenheit der göttlichen Vorsehung genauer erwogen. Die Kirche war ziemlich voll, alle Fürstliche waren darin, der Herzog und die Herzogin, Erbprinz, und alle andere Prinzen, die verwittwete Herzogin, und die Aebtißin.

Jch dachte gleich an den König von Preußen, wie ich seine ehrwürdige Schwester sah. Kurz, ich hätte heute wohl in der Schloßkirche predigen mögen. Die Prediger im Ministerio werden nun alle in einen Wagen vom Hofe abgeholt. Herr Pesch, der berühmte Musikus, fällt mir dabei ein, hat vom regierenden Herzoge einen herrlichen Pelz zum Geschenk bekommen, da ihm im Orchester gefroren, er sowohl als Herr Marcus spielen beide im Orchester mit, man erwartet sonst diese beiden nicht im Orchester, es ist mit zweiunddreißig Personen besetzt. Sie haben zwei Capellmeister selbst bei sich, der Prager spielt den Flügel, der Wiener agirt mit; Saporetti, zwei Frauenzimmer, die von Berlin, und unmittelbar von Leipzig hieher gekommen, agiren und singen mit vielem Beifalle; die eine habe ich am Freitage in Armida selbst singen hören, sie singt herrlich. Adispirates affetto-tremar, diese Arie sang sie vortreflich.

Madam Bologna singt auch herrlich, und die beiden Castraten Calcandi und Patrazzi bleiben Ca-


det von dem suͤndlichen Klagen der Menschen uͤber die Vorsehung des Hoͤchsten. Er hat die Quellen dieser Klagen gezeigt, und die Natur und Beschaffenheit der goͤttlichen Vorsehung genauer erwogen. Die Kirche war ziemlich voll, alle Fuͤrstliche waren darin, der Herzog und die Herzogin, Erbprinz, und alle andere Prinzen, die verwittwete Herzogin, und die Aebtißin.

Jch dachte gleich an den Koͤnig von Preußen, wie ich seine ehrwuͤrdige Schwester sah. Kurz, ich haͤtte heute wohl in der Schloßkirche predigen moͤgen. Die Prediger im Ministerio werden nun alle in einen Wagen vom Hofe abgeholt. Herr Pesch, der beruͤhmte Musikus, faͤllt mir dabei ein, hat vom regierenden Herzoge einen herrlichen Pelz zum Geschenk bekommen, da ihm im Orchester gefroren, er sowohl als Herr Marcus spielen beide im Orchester mit, man erwartet sonst diese beiden nicht im Orchester, es ist mit zweiunddreißig Personen besetzt. Sie haben zwei Capellmeister selbst bei sich, der Prager spielt den Fluͤgel, der Wiener agirt mit; Saporetti, zwei Frauenzimmer, die von Berlin, und unmittelbar von Leipzig hieher gekommen, agiren und singen mit vielem Beifalle; die eine habe ich am Freitage in Armida selbst singen hoͤren, sie singt herrlich. Adispirates affetto-tremar, diese Arie sang sie vortreflich.

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[108/0110] det von dem suͤndlichen Klagen der Menschen uͤber die Vorsehung des Hoͤchsten. Er hat die Quellen dieser Klagen gezeigt, und die Natur und Beschaffenheit der goͤttlichen Vorsehung genauer erwogen. Die Kirche war ziemlich voll, alle Fuͤrstliche waren darin, der Herzog und die Herzogin, Erbprinz, und alle andere Prinzen, die verwittwete Herzogin, und die Aebtißin. Jch dachte gleich an den Koͤnig von Preußen, wie ich seine ehrwuͤrdige Schwester sah. Kurz, ich haͤtte heute wohl in der Schloßkirche predigen moͤgen. Die Prediger im Ministerio werden nun alle in einen Wagen vom Hofe abgeholt. Herr Pesch, der beruͤhmte Musikus, faͤllt mir dabei ein, hat vom regierenden Herzoge einen herrlichen Pelz zum Geschenk bekommen, da ihm im Orchester gefroren, er sowohl als Herr Marcus spielen beide im Orchester mit, man erwartet sonst diese beiden nicht im Orchester, es ist mit zweiunddreißig Personen besetzt. Sie haben zwei Capellmeister selbst bei sich, der Prager spielt den Fluͤgel, der Wiener agirt mit; Saporetti, zwei Frauenzimmer, die von Berlin, und unmittelbar von Leipzig hieher gekommen, agiren und singen mit vielem Beifalle; die eine habe ich am Freitage in Armida selbst singen hoͤren, sie singt herrlich. Adispirates affetto-tremar, diese Arie sang sie vortreflich. Madam Bologna singt auch herrlich, und die beiden Castraten Calcandi und Patrazzi bleiben Ca-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/110>, abgerufen am 08.05.2024.