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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.

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Zierden, bei deren Anblick der Verstand des Sterblichen schwindelt, und kein menschliches Auge sie erreichet? Wo bleiben dann eure bis in die Wolken gethürmten Palläste: Jhr, die Jhr durch eure Größe und durch den Reichthum eurer Pracht jeden sich euch nähernden Wanderer (ich dachte hier an die Leipziger Straße) täuscht, und in Erstaunen setzt: wo seyd Jhr dann? oder was seyd Jhr dann? -- Asche! Zertrümmern werdet Jhr, Jhr Palläste, Jhr, die Jhr oft sich Götter dünkende Bewohner faßt, Sitze des Wohllebens und "der Ueppigkeit, deren goldenes Getäfel oft viele Schandthaten deckt." Mein Schluß war dieser:

"Großer und erhabener Richter, sei mir dann nicht schrecklich, dann nicht, wenn ich einst vor deinem Richterstuhl erscheine, gieb, daß ich alsdann würdig befunden werde, zu entfliehen, in allem, das alsdann schreckliches geschehen soll. Amen! Weltrichter und Heiland, -- Wenn ich dich dann mit allen Engeln Gottes schauen werde, so will ich dir noch danken, daß du meines Angesichts Hülfe und mein Gott bist." (Dieß war eine Nachahmung des Schlußes Deiner Predigt.) Nun der Schluß dieser: Jch habe einen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet etc. Nun Herr, wirst du mir auch beilegen die Krone der Gerechtigkeit, die du mir geben willst an jenem Tage, nicht mir aber allein, sondern auch allen, die deine Erscheinung lieb haben.


Zierden, bei deren Anblick der Verstand des Sterblichen schwindelt, und kein menschliches Auge sie erreichet? Wo bleiben dann eure bis in die Wolken gethuͤrmten Pallaͤste: Jhr, die Jhr durch eure Groͤße und durch den Reichthum eurer Pracht jeden sich euch naͤhernden Wanderer (ich dachte hier an die Leipziger Straße) taͤuscht, und in Erstaunen setzt: wo seyd Jhr dann? oder was seyd Jhr dann? — Asche! Zertruͤmmern werdet Jhr, Jhr Pallaͤste, Jhr, die Jhr oft sich Goͤtter duͤnkende Bewohner faßt, Sitze des Wohllebens und »der Ueppigkeit, deren goldenes Getaͤfel oft viele Schandthaten deckt.« Mein Schluß war dieser:

»Großer und erhabener Richter, sei mir dann nicht schrecklich, dann nicht, wenn ich einst vor deinem Richterstuhl erscheine, gieb, daß ich alsdann wuͤrdig befunden werde, zu entfliehen, in allem, das alsdann schreckliches geschehen soll. Amen! Weltrichter und Heiland, — Wenn ich dich dann mit allen Engeln Gottes schauen werde, so will ich dir noch danken, daß du meines Angesichts Huͤlfe und mein Gott bist.« (Dieß war eine Nachahmung des Schlußes Deiner Predigt.) Nun der Schluß dieser: Jch habe einen guten Kampf gekaͤmpfet, ich habe den Lauf vollendet etc. Nun Herr, wirst du mir auch beilegen die Krone der Gerechtigkeit, die du mir geben willst an jenem Tage, nicht mir aber allein, sondern auch allen, die deine Erscheinung lieb haben.

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[104/0106] Zierden, bei deren Anblick der Verstand des Sterblichen schwindelt, und kein menschliches Auge sie erreichet? Wo bleiben dann eure bis in die Wolken gethuͤrmten Pallaͤste: Jhr, die Jhr durch eure Groͤße und durch den Reichthum eurer Pracht jeden sich euch naͤhernden Wanderer (ich dachte hier an die Leipziger Straße) taͤuscht, und in Erstaunen setzt: wo seyd Jhr dann? oder was seyd Jhr dann? — Asche! Zertruͤmmern werdet Jhr, Jhr Pallaͤste, Jhr, die Jhr oft sich Goͤtter duͤnkende Bewohner faßt, Sitze des Wohllebens und »der Ueppigkeit, deren goldenes Getaͤfel oft viele Schandthaten deckt.« Mein Schluß war dieser: »Großer und erhabener Richter, sei mir dann nicht schrecklich, dann nicht, wenn ich einst vor deinem Richterstuhl erscheine, gieb, daß ich alsdann wuͤrdig befunden werde, zu entfliehen, in allem, das alsdann schreckliches geschehen soll. Amen! Weltrichter und Heiland, — Wenn ich dich dann mit allen Engeln Gottes schauen werde, so will ich dir noch danken, daß du meines Angesichts Huͤlfe und mein Gott bist.« (Dieß war eine Nachahmung des Schlußes Deiner Predigt.) Nun der Schluß dieser: Jch habe einen guten Kampf gekaͤmpfet, ich habe den Lauf vollendet etc. Nun Herr, wirst du mir auch beilegen die Krone der Gerechtigkeit, die du mir geben willst an jenem Tage, nicht mir aber allein, sondern auch allen, die deine Erscheinung lieb haben.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0401_1786/106>, abgerufen am 08.05.2024.