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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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denden Leibesbewegung, zu lichtvollen Vorstellungen am aufgelegtesten.

Wie oft steigen nicht bey gesunden Tagen in unserer Seele Gedanken auf, die uns, wenn wir sie nur näher analisirten, sonderbar genug vorkommen würden! Allein die Seele kann bei dem höchsten Grad der Empfindniß oder Eindrucksfähigkeit gerade so gestimmt seyn, daß die Bilder, während dieser Ebbe und Fluth, so geschwind wieder verschwinden, als sie sichtbar werden, eben weil sie sich an die übrigen Vorstellungen nicht anknüpfen, daher Eindruck und Bewustseyn nicht stark, nicht bleibend seyn kann.

J. Gottfr. B..w.g.

VII. Ueber die Neigung der Menschen zum Wunderbaren.

Das Wunderbare ist zu allen Zeiten und bei allen Völkern, bei den rohesten und unwissendsten sowohl, als bei den kultivirtesten und aufgeklärtesten ein Gegenstand ihrer besondern Aufmerksamkeit und Hochachtung gewesen. Jede Nation glaubt an geschehene Wunder, und ist geneigt an zukünftige zu


denden Leibesbewegung, zu lichtvollen Vorstellungen am aufgelegtesten.

Wie oft steigen nicht bey gesunden Tagen in unserer Seele Gedanken auf, die uns, wenn wir sie nur naͤher analisirten, sonderbar genug vorkommen wuͤrden! Allein die Seele kann bei dem hoͤchsten Grad der Empfindniß oder Eindrucksfaͤhigkeit gerade so gestimmt seyn, daß die Bilder, waͤhrend dieser Ebbe und Fluth, so geschwind wieder verschwinden, als sie sichtbar werden, eben weil sie sich an die uͤbrigen Vorstellungen nicht anknuͤpfen, daher Eindruck und Bewustseyn nicht stark, nicht bleibend seyn kann.

J. Gottfr. B..w.g.

VII. Ueber die Neigung der Menschen zum Wunderbaren.

Das Wunderbare ist zu allen Zeiten und bei allen Voͤlkern, bei den rohesten und unwissendsten sowohl, als bei den kultivirtesten und aufgeklaͤrtesten ein Gegenstand ihrer besondern Aufmerksamkeit und Hochachtung gewesen. Jede Nation glaubt an geschehene Wunder, und ist geneigt an zukuͤnftige zu

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[81/0081] denden Leibesbewegung, zu lichtvollen Vorstellungen am aufgelegtesten. Wie oft steigen nicht bey gesunden Tagen in unserer Seele Gedanken auf, die uns, wenn wir sie nur naͤher analisirten, sonderbar genug vorkommen wuͤrden! Allein die Seele kann bei dem hoͤchsten Grad der Empfindniß oder Eindrucksfaͤhigkeit gerade so gestimmt seyn, daß die Bilder, waͤhrend dieser Ebbe und Fluth, so geschwind wieder verschwinden, als sie sichtbar werden, eben weil sie sich an die uͤbrigen Vorstellungen nicht anknuͤpfen, daher Eindruck und Bewustseyn nicht stark, nicht bleibend seyn kann. J. Gottfr. B..w.g. in Bschwg. VII. Ueber die Neigung der Menschen zum Wunderbaren. Das Wunderbare ist zu allen Zeiten und bei allen Voͤlkern, bei den rohesten und unwissendsten sowohl, als bei den kultivirtesten und aufgeklaͤrtesten ein Gegenstand ihrer besondern Aufmerksamkeit und Hochachtung gewesen. Jede Nation glaubt an geschehene Wunder, und ist geneigt an zukuͤnftige zu

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0303_1785/81>, abgerufen am 04.05.2024.