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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

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nebst dem Verbot, Wein zu schenken, und der theure Preiß desselben waren die Ursache, daß unsre Nahrung ins Abnehmen gerathen mußte. -- Jch kann mich vieler Ursachen wegen nicht darüber bestimmter erklären, so gern ichs auch wollte -- und eile noch mehrere Ursachen von dem Verfall unsres Glücks anzugeben.

So ging es einige Zeit, bis sich die entsetzliche Theurung 1772 dazu gesellete. Hier war mein Vater genöthiget, hintereinander zwei Capitalia, jedes von 200 Rthlr., aufzunehmen. Unser Eigenthum war baar bezahlt mit 660 Rthlr., und beinahe eben so viel hatte mein Vater daran gewendet, um es vollends auszubauen und zu seinem Zweck einzurichten. Zum Unglück hielt die Theurung sehr lange an, und da unsre Nahrung durch obigen Fall einen entsetzlichen Stoß gelitten hatte, so war auch nun mein Vater nicht einmal im Stande, die landüblichen Zinsen zu geben. Ohne daß unsre Schuldener Nachsicht mit uns in einem so entsetzlichen Zeitpunkt gehabt hätten; so forderten sie vielmehr mit der größten Härte Capital und Jnteressen. Nun waren in so bedrängten Zeiten die Grundstücke damals im außerordentlichem Verfall; niemand wollte etwas darauf leihen. Es kam also zum Anschlag. Nirgends fand sich ein Helfer, der sich unsrer erbarmt hätte, und bei solchen bangen Aussichten in die Zukunft war nun vollends an kein Schulgehen mehr zu gedenken. Jetzt waren


nebst dem Verbot, Wein zu schenken, und der theure Preiß desselben waren die Ursache, daß unsre Nahrung ins Abnehmen gerathen mußte. ― Jch kann mich vieler Ursachen wegen nicht daruͤber bestimmter erklaͤren, so gern ichs auch wollte ― und eile noch mehrere Ursachen von dem Verfall unsres Gluͤcks anzugeben.

So ging es einige Zeit, bis sich die entsetzliche Theurung 1772 dazu gesellete. Hier war mein Vater genoͤthiget, hintereinander zwei Capitalia, jedes von 200 Rthlr., aufzunehmen. Unser Eigenthum war baar bezahlt mit 660 Rthlr., und beinahe eben so viel hatte mein Vater daran gewendet, um es vollends auszubauen und zu seinem Zweck einzurichten. Zum Ungluͤck hielt die Theurung sehr lange an, und da unsre Nahrung durch obigen Fall einen entsetzlichen Stoß gelitten hatte, so war auch nun mein Vater nicht einmal im Stande, die landuͤblichen Zinsen zu geben. Ohne daß unsre Schuldener Nachsicht mit uns in einem so entsetzlichen Zeitpunkt gehabt haͤtten; so forderten sie vielmehr mit der groͤßten Haͤrte Capital und Jnteressen. Nun waren in so bedraͤngten Zeiten die Grundstuͤcke damals im außerordentlichem Verfall; niemand wollte etwas darauf leihen. Es kam also zum Anschlag. Nirgends fand sich ein Helfer, der sich unsrer erbarmt haͤtte, und bei solchen bangen Aussichten in die Zukunft war nun vollends an kein Schulgehen mehr zu gedenken. Jetzt waren

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[45/0045] nebst dem Verbot, Wein zu schenken, und der theure Preiß desselben waren die Ursache, daß unsre Nahrung ins Abnehmen gerathen mußte. ― Jch kann mich vieler Ursachen wegen nicht daruͤber bestimmter erklaͤren, so gern ichs auch wollte ― und eile noch mehrere Ursachen von dem Verfall unsres Gluͤcks anzugeben. So ging es einige Zeit, bis sich die entsetzliche Theurung 1772 dazu gesellete. Hier war mein Vater genoͤthiget, hintereinander zwei Capitalia, jedes von 200 Rthlr., aufzunehmen. Unser Eigenthum war baar bezahlt mit 660 Rthlr., und beinahe eben so viel hatte mein Vater daran gewendet, um es vollends auszubauen und zu seinem Zweck einzurichten. Zum Ungluͤck hielt die Theurung sehr lange an, und da unsre Nahrung durch obigen Fall einen entsetzlichen Stoß gelitten hatte, so war auch nun mein Vater nicht einmal im Stande, die landuͤblichen Zinsen zu geben. Ohne daß unsre Schuldener Nachsicht mit uns in einem so entsetzlichen Zeitpunkt gehabt haͤtten; so forderten sie vielmehr mit der groͤßten Haͤrte Capital und Jnteressen. Nun waren in so bedraͤngten Zeiten die Grundstuͤcke damals im außerordentlichem Verfall; niemand wollte etwas darauf leihen. Es kam also zum Anschlag. Nirgends fand sich ein Helfer, der sich unsrer erbarmt haͤtte, und bei solchen bangen Aussichten in die Zukunft war nun vollends an kein Schulgehen mehr zu gedenken. Jetzt waren

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/45>, abgerufen am 21.11.2024.