Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.Das Uebrige gehöret nicht zu der Absicht, zu welcher dieses erzählet wird. Genung, ich hatte nun die Aufklärung über die Ursachen meiner angstvollen Abneigung, zu dem Doktor S.. zu gehen. Und wie fest ich auch entschlossen war, auf welche Kosten es wolle, das nicht zu thun, was er wollte: so bestimmten mich doch verschiedne hier und in Berlin hinzugekommenen Umstände in Berlin zu bleiben, und Jahre, Gesundheit und Kräfte daran zu geben, um meine Lage da, der in Königsberg gehabten ähnlich zu machen. -- Ein 78jähriger Bauer und Gerichtsmann zu Neudorf bei Brieg, Samuel Klose, hatte den 5ten Februar noch gedroschen, schlief die Nacht darauf gut, stand den 6ten munter auf, ging auf seinen Hof, und indem er in die Stube zurückgekommen war, ward er plötzlich so sehr krank, daß er gleich zu sterben fürchtete. Der Gebrauch des Arztes rettete ihn vielleicht vom Tode. Den 2ten März ward er vom Schlage gerührt, und vermogte kein Wort zu reden, noch zu vernehmen, sondern lag ohne Bewußtseyn und Empfindung da. Beides aber stellte sich bald nach vorgenommenem Aderlaß wieder ein, und den 3ten des Morgens auch die Sprache, nur mit dem sonderbaren Umstande. Er konnte drei ziemlich lange Morgenlieder und die gewohnten Gebethe ganz vernehmlich Das Uebrige gehoͤret nicht zu der Absicht, zu welcher dieses erzaͤhlet wird. Genung, ich hatte nun die Aufklaͤrung uͤber die Ursachen meiner angstvollen Abneigung, zu dem Doktor S.. zu gehen. Und wie fest ich auch entschlossen war, auf welche Kosten es wolle, das nicht zu thun, was er wollte: so bestimmten mich doch verschiedne hier und in Berlin hinzugekommenen Umstaͤnde in Berlin zu bleiben, und Jahre, Gesundheit und Kraͤfte daran zu geben, um meine Lage da, der in Koͤnigsberg gehabten aͤhnlich zu machen. ― Ein 78jaͤhriger Bauer und Gerichtsmann zu Neudorf bei Brieg, Samuel Klose, hatte den 5ten Februar noch gedroschen, schlief die Nacht darauf gut, stand den 6ten munter auf, ging auf seinen Hof, und indem er in die Stube zuruͤckgekommen war, ward er ploͤtzlich so sehr krank, daß er gleich zu sterben fuͤrchtete. Der Gebrauch des Arztes rettete ihn vielleicht vom Tode. Den 2ten Maͤrz ward er vom Schlage geruͤhrt, und vermogte kein Wort zu reden, noch zu vernehmen, sondern lag ohne Bewußtseyn und Empfindung da. Beides aber stellte sich bald nach vorgenommenem Aderlaß wieder ein, und den 3ten des Morgens auch die Sprache, nur mit dem sonderbaren Umstande. Er konnte drei ziemlich lange Morgenlieder und die gewohnten Gebethe ganz vernehmlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0030" n="30"/><lb/> <p>Das Uebrige gehoͤret nicht zu der Absicht, zu welcher dieses erzaͤhlet wird. Genung, ich hatte nun die Aufklaͤrung uͤber die Ursachen meiner angstvollen Abneigung, zu dem Doktor S.. zu gehen. Und wie fest ich auch entschlossen war, auf welche Kosten es wolle, das nicht zu thun, was er wollte: so bestimmten mich doch verschiedne hier und in Berlin hinzugekommenen Umstaͤnde in Berlin zu bleiben, und Jahre, Gesundheit und Kraͤfte daran zu geben, um meine Lage da, der in Koͤnigsberg gehabten aͤhnlich zu machen. ― </p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Ein 78jaͤhriger Bauer und Gerichtsmann zu Neudorf bei Brieg, <hi rendition="#b">Samuel Klose,</hi> hatte den 5ten Februar noch gedroschen, schlief die Nacht darauf gut, stand den 6ten munter auf, ging auf seinen Hof, und indem er in die Stube zuruͤckgekommen war, ward er ploͤtzlich so sehr krank, daß er gleich zu sterben fuͤrchtete. </p> <p>Der Gebrauch des Arztes rettete ihn vielleicht vom Tode. Den 2ten Maͤrz ward er vom Schlage geruͤhrt, und vermogte kein Wort zu reden, noch zu vernehmen, sondern lag ohne Bewußtseyn und Empfindung da. </p> <p>Beides aber stellte sich bald nach vorgenommenem Aderlaß wieder ein, und den 3ten des Morgens auch die Sprache, nur mit dem sonderbaren Umstande. Er konnte drei ziemlich lange Morgenlieder und die gewohnten Gebethe ganz vernehmlich<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0030]
Das Uebrige gehoͤret nicht zu der Absicht, zu welcher dieses erzaͤhlet wird. Genung, ich hatte nun die Aufklaͤrung uͤber die Ursachen meiner angstvollen Abneigung, zu dem Doktor S.. zu gehen. Und wie fest ich auch entschlossen war, auf welche Kosten es wolle, das nicht zu thun, was er wollte: so bestimmten mich doch verschiedne hier und in Berlin hinzugekommenen Umstaͤnde in Berlin zu bleiben, und Jahre, Gesundheit und Kraͤfte daran zu geben, um meine Lage da, der in Koͤnigsberg gehabten aͤhnlich zu machen. ―
Ein 78jaͤhriger Bauer und Gerichtsmann zu Neudorf bei Brieg, Samuel Klose, hatte den 5ten Februar noch gedroschen, schlief die Nacht darauf gut, stand den 6ten munter auf, ging auf seinen Hof, und indem er in die Stube zuruͤckgekommen war, ward er ploͤtzlich so sehr krank, daß er gleich zu sterben fuͤrchtete.
Der Gebrauch des Arztes rettete ihn vielleicht vom Tode. Den 2ten Maͤrz ward er vom Schlage geruͤhrt, und vermogte kein Wort zu reden, noch zu vernehmen, sondern lag ohne Bewußtseyn und Empfindung da.
Beides aber stellte sich bald nach vorgenommenem Aderlaß wieder ein, und den 3ten des Morgens auch die Sprache, nur mit dem sonderbaren Umstande. Er konnte drei ziemlich lange Morgenlieder und die gewohnten Gebethe ganz vernehmlich
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/30>, abgerufen am 05.07.2024. |