Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.
Dieser besuchte mich gegen sechs Uhr, besprach sich mit mir über die Krankheit, mit dem Beifügen: ich möchte nur meine medizinische Kenntnisse für jetzt ungebraucht lassen; man werde die sichersten und besten Mittel zu meiner Wiederherstellung anwenden. Da ich fühlte, wie meine Krankheit von einem Augenblicke zum andern heftiger wurde, kostete es nicht viel Mühe, mich von der Unzulänglichkeit meiner Kräfte zu überzeugen. Der Herr Doktor Knape (jetzt Professor der Anatomie in Berlin) übernahm meine Besorgung. Seiner Geschicklichkeit und unermüdeten Vorsorge habe ich, nächst Gott, mein Leben zu danken. Nun erst wurde mir das genommene Brechmittel verdächtig, und gegen den Herrn Doktor Riemer äusserte ich, daß ich wohl selbst an der schnellen Zunahme der Krankheit und besonders an dem heftigen Toben in meinem Kopfe schuld sey. Man suchte mir das zwar auf alle ersinnliche Art auszureden; aber ganz verlor sich mein Verdacht nicht. Bald gingen die fürchterlichsten Krankheiten, bald eine Menge Arzneimittel durch meinen Kopf und das Resultat hiervon war, daß ich mir, wegen des zur Unzeit genommenen Brech-
Dieser besuchte mich gegen sechs Uhr, besprach sich mit mir uͤber die Krankheit, mit dem Beifuͤgen: ich moͤchte nur meine medizinische Kenntnisse fuͤr jetzt ungebraucht lassen; man werde die sichersten und besten Mittel zu meiner Wiederherstellung anwenden. Da ich fuͤhlte, wie meine Krankheit von einem Augenblicke zum andern heftiger wurde, kostete es nicht viel Muͤhe, mich von der Unzulaͤnglichkeit meiner Kraͤfte zu uͤberzeugen. Der Herr Doktor Knape (jetzt Professor der Anatomie in Berlin) uͤbernahm meine Besorgung. Seiner Geschicklichkeit und unermuͤdeten Vorsorge habe ich, naͤchst Gott, mein Leben zu danken. Nun erst wurde mir das genommene Brechmittel verdaͤchtig, und gegen den Herrn Doktor Riemer aͤusserte ich, daß ich wohl selbst an der schnellen Zunahme der Krankheit und besonders an dem heftigen Toben in meinem Kopfe schuld sey. Man suchte mir das zwar auf alle ersinnliche Art auszureden; aber ganz verlor sich mein Verdacht nicht. Bald gingen die fuͤrchterlichsten Krankheiten, bald eine Menge Arzneimittel durch meinen Kopf und das Resultat hiervon war, daß ich mir, wegen des zur Unzeit genommenen Brech- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0002" n="2"/><lb/> ten dem Rezept, und zwar schnell hintereinander, noch einige, deren auffallende Zusammensetzung den Feldapothecker veranlaßte, den Oberfeldmedicum Herrn Doktor <hi rendition="#b">Riemer</hi> davon zu benachrichtigen. </p> <p>Dieser besuchte mich gegen sechs Uhr, besprach sich mit mir uͤber die Krankheit, mit dem Beifuͤgen: ich moͤchte nur meine medizinische Kenntnisse fuͤr jetzt ungebraucht lassen; man werde die sichersten und besten Mittel zu meiner Wiederherstellung anwenden. </p> <p>Da ich fuͤhlte, wie meine Krankheit von einem Augenblicke zum andern heftiger wurde, kostete es nicht viel Muͤhe, mich von der Unzulaͤnglichkeit meiner Kraͤfte zu uͤberzeugen. </p> <p>Der Herr Doktor <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0104"><note type="editorial">Knape, Christoph</note>Knape</persName></hi> (jetzt Professor der Anatomie in Berlin) uͤbernahm meine Besorgung. Seiner Geschicklichkeit und unermuͤdeten Vorsorge habe ich, naͤchst Gott, mein Leben zu danken. </p> <p>Nun erst wurde mir das genommene Brechmittel verdaͤchtig, und gegen den Herrn Doktor <hi rendition="#b">Riemer</hi> aͤusserte ich, daß ich wohl selbst an der schnellen Zunahme der Krankheit und besonders an dem heftigen Toben in meinem Kopfe schuld sey. </p> <p>Man suchte mir das zwar auf alle ersinnliche Art auszureden; aber ganz verlor sich mein Verdacht nicht. Bald gingen die fuͤrchterlichsten Krankheiten, bald eine Menge Arzneimittel durch meinen Kopf und das Resultat hiervon war, daß ich mir, wegen des zur Unzeit genommenen Brech-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
ten dem Rezept, und zwar schnell hintereinander, noch einige, deren auffallende Zusammensetzung den Feldapothecker veranlaßte, den Oberfeldmedicum Herrn Doktor Riemer davon zu benachrichtigen.
Dieser besuchte mich gegen sechs Uhr, besprach sich mit mir uͤber die Krankheit, mit dem Beifuͤgen: ich moͤchte nur meine medizinische Kenntnisse fuͤr jetzt ungebraucht lassen; man werde die sichersten und besten Mittel zu meiner Wiederherstellung anwenden.
Da ich fuͤhlte, wie meine Krankheit von einem Augenblicke zum andern heftiger wurde, kostete es nicht viel Muͤhe, mich von der Unzulaͤnglichkeit meiner Kraͤfte zu uͤberzeugen.
Der Herr Doktor Knape (jetzt Professor der Anatomie in Berlin) uͤbernahm meine Besorgung. Seiner Geschicklichkeit und unermuͤdeten Vorsorge habe ich, naͤchst Gott, mein Leben zu danken.
Nun erst wurde mir das genommene Brechmittel verdaͤchtig, und gegen den Herrn Doktor Riemer aͤusserte ich, daß ich wohl selbst an der schnellen Zunahme der Krankheit und besonders an dem heftigen Toben in meinem Kopfe schuld sey.
Man suchte mir das zwar auf alle ersinnliche Art auszureden; aber ganz verlor sich mein Verdacht nicht. Bald gingen die fuͤrchterlichsten Krankheiten, bald eine Menge Arzneimittel durch meinen Kopf und das Resultat hiervon war, daß ich mir, wegen des zur Unzeit genommenen Brech-
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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