Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.Ueber Herrn Ch. den 16ten Februar 1781. Seine Krämpfe zogen sich von den innern Theilen des Kopfs weg, so daß das Schlafwandeln ausblieb. Ehe sie ihn aber ganz verließen, verursachten sie einen sehr schmerzhaften Priapismus cum mictu cruento. Vierzehn Tage ohngefähr war er von allen Uebeln dieser Art frei, gab wieder Unterricht auf dem Klavier und verschiedene Besuche, kehrte auch zu seiner gewohnten Diät, zum Gebrauch gemeiner harter Speisen zurück. Die Witterung war um diese Zeit fast immer naß und stürmisch. Bei einer solchen Witterung besuchte er den Herrn Professor Cl. des Abends; und da wurde er wieder plötzlich von seiner unnatürlichen Schlafsucht und den Krämpfen überfallen, so daß er von etlichen Personen nach Hause, im Schlafe, mehr getragen als geführt wurde. Er schlief etliche Tage meist in einem fort. Nun warf sich auf einmal die böse Materie auf andere Theile. Er bekam fürchterliche Ohnmachten, aller Puls war weg, und man wartete auf sein Ende. Er erholte sich davon wieder, hatte aber die Sprache verlohren. Jn diesem Zustande der Sprachlosigkeit besuchte ich ihn den 14ten Februar Abends. Er war bei vollkommenen Verstande, und munter, unterhielt sich mit mir, indem er lebhaft eins ums andere aufschrieb. Ueber Herrn Ch. den 16ten Februar 1781. Seine Kraͤmpfe zogen sich von den innern Theilen des Kopfs weg, so daß das Schlafwandeln ausblieb. Ehe sie ihn aber ganz verließen, verursachten sie einen sehr schmerzhaften Priapismus cum mictu cruento. Vierzehn Tage ohngefaͤhr war er von allen Uebeln dieser Art frei, gab wieder Unterricht auf dem Klavier und verschiedene Besuche, kehrte auch zu seiner gewohnten Diaͤt, zum Gebrauch gemeiner harter Speisen zuruͤck. Die Witterung war um diese Zeit fast immer naß und stuͤrmisch. Bei einer solchen Witterung besuchte er den Herrn Professor Cl. des Abends; und da wurde er wieder ploͤtzlich von seiner unnatuͤrlichen Schlafsucht und den Kraͤmpfen uͤberfallen, so daß er von etlichen Personen nach Hause, im Schlafe, mehr getragen als gefuͤhrt wurde. Er schlief etliche Tage meist in einem fort. Nun warf sich auf einmal die boͤse Materie auf andere Theile. Er bekam fuͤrchterliche Ohnmachten, aller Puls war weg, und man wartete auf sein Ende. Er erholte sich davon wieder, hatte aber die Sprache verlohren. Jn diesem Zustande der Sprachlosigkeit besuchte ich ihn den 14ten Februar Abends. Er war bei vollkommenen Verstande, und munter, unterhielt sich mit mir, indem er lebhaft eins ums andere aufschrieb. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0097" n="97"/><lb/> <div n="4"> <head>Ueber Herrn Ch. den 16ten Februar 1781.</head><lb/> <p>Seine Kraͤmpfe zogen sich von den innern Theilen des Kopfs weg, so daß das Schlafwandeln ausblieb. Ehe sie ihn aber ganz verließen, verursachten sie einen sehr schmerzhaften <hi rendition="#aq">Priapismus cum mictu cruento</hi>.</p> <p>Vierzehn Tage ohngefaͤhr war er von allen Uebeln dieser Art frei, gab wieder Unterricht auf dem Klavier und verschiedene Besuche, kehrte auch zu seiner gewohnten Diaͤt, zum Gebrauch gemeiner harter Speisen zuruͤck.</p> <p>Die Witterung war um diese Zeit fast immer naß und stuͤrmisch. Bei einer solchen Witterung besuchte er den Herrn Professor Cl. des Abends; und da wurde er wieder ploͤtzlich von seiner unnatuͤrlichen Schlafsucht und den Kraͤmpfen uͤberfallen, so daß er von etlichen Personen nach Hause, im Schlafe, mehr getragen als gefuͤhrt wurde.</p> <p>Er schlief etliche Tage meist in einem fort. Nun warf sich auf einmal die boͤse Materie auf andere Theile. Er bekam fuͤrchterliche Ohnmachten, aller Puls war weg, und man wartete auf sein Ende.</p> <p>Er erholte sich davon wieder, hatte aber die Sprache verlohren. Jn diesem Zustande der Sprachlosigkeit besuchte ich ihn den 14ten Februar Abends. Er war bei vollkommenen Verstande, und munter, unterhielt sich mit mir, indem er lebhaft eins ums andere aufschrieb.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0097]
Ueber Herrn Ch. den 16ten Februar 1781.
Seine Kraͤmpfe zogen sich von den innern Theilen des Kopfs weg, so daß das Schlafwandeln ausblieb. Ehe sie ihn aber ganz verließen, verursachten sie einen sehr schmerzhaften Priapismus cum mictu cruento.
Vierzehn Tage ohngefaͤhr war er von allen Uebeln dieser Art frei, gab wieder Unterricht auf dem Klavier und verschiedene Besuche, kehrte auch zu seiner gewohnten Diaͤt, zum Gebrauch gemeiner harter Speisen zuruͤck.
Die Witterung war um diese Zeit fast immer naß und stuͤrmisch. Bei einer solchen Witterung besuchte er den Herrn Professor Cl. des Abends; und da wurde er wieder ploͤtzlich von seiner unnatuͤrlichen Schlafsucht und den Kraͤmpfen uͤberfallen, so daß er von etlichen Personen nach Hause, im Schlafe, mehr getragen als gefuͤhrt wurde.
Er schlief etliche Tage meist in einem fort. Nun warf sich auf einmal die boͤse Materie auf andere Theile. Er bekam fuͤrchterliche Ohnmachten, aller Puls war weg, und man wartete auf sein Ende.
Er erholte sich davon wieder, hatte aber die Sprache verlohren. Jn diesem Zustande der Sprachlosigkeit besuchte ich ihn den 14ten Februar Abends. Er war bei vollkommenen Verstande, und munter, unterhielt sich mit mir, indem er lebhaft eins ums andere aufschrieb.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/97>, abgerufen am 05.07.2024. |