Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.
Bei der Bekanntmachung der ihm angediehenen Milderung, brachen seine Dankbarkeit und Freude in Minen, Worten und Gebehrden auf das lebhafteste aus; er bezeugte, daß er so viel Gnade nicht gehoft hätte, und nun gerne sterben wollte. Die Bekanntmachung des Todestages selbst, hat er mit dem gesetztesten Wesen und einer Art von Zufriedenheit angenommen, auch dabei nochmal mit Thränen für die gnädige Milderung gedanket. Während der Zeit, da er nun ein verurtheiltes Opfer der Gerechtigkeit war, blieb seine Bereitung darzu sein ganzes Geschäfte; wie er aber auch in dieser Zeit in härtern Banden gehalten wurde, so behielt er ebenfalls die größte Gelassenheit und Geduld, auch seine lächelnde Mine, und in der Wehmuth selbst eine große Heiterkeit. Alles zeigte von Schuldgefühl und Demüthigung, aber auch von Vertrauen und Muth. Er verfehlte nicht, denen die ihm Liebe erwiesen hatten, seine Dankbarkeit und zwar mit merklicher Empfindung der Stärke ihres Wohlmeinens, und der Größe ihrer Verdienste um ihn, zu bezeigen. Er erfüllte bei seinem langen beschwerlichen Todesgang, was er mit Gotteshülfe von demselben versprochen hatte, ging ihn getrost, aber nicht frech. Er ließ sich weder durch die viele Tausende,
Bei der Bekanntmachung der ihm angediehenen Milderung, brachen seine Dankbarkeit und Freude in Minen, Worten und Gebehrden auf das lebhafteste aus; er bezeugte, daß er so viel Gnade nicht gehoft haͤtte, und nun gerne sterben wollte. Die Bekanntmachung des Todestages selbst, hat er mit dem gesetztesten Wesen und einer Art von Zufriedenheit angenommen, auch dabei nochmal mit Thraͤnen fuͤr die gnaͤdige Milderung gedanket. Waͤhrend der Zeit, da er nun ein verurtheiltes Opfer der Gerechtigkeit war, blieb seine Bereitung darzu sein ganzes Geschaͤfte; wie er aber auch in dieser Zeit in haͤrtern Banden gehalten wurde, so behielt er ebenfalls die groͤßte Gelassenheit und Geduld, auch seine laͤchelnde Mine, und in der Wehmuth selbst eine große Heiterkeit. Alles zeigte von Schuldgefuͤhl und Demuͤthigung, aber auch von Vertrauen und Muth. Er verfehlte nicht, denen die ihm Liebe erwiesen hatten, seine Dankbarkeit und zwar mit merklicher Empfindung der Staͤrke ihres Wohlmeinens, und der Groͤße ihrer Verdienste um ihn, zu bezeigen. Er erfuͤllte bei seinem langen beschwerlichen Todesgang, was er mit Gotteshuͤlfe von demselben versprochen hatte, ging ihn getrost, aber nicht frech. Er ließ sich weder durch die viele Tausende, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0109" n="109"/><lb/> hatte, und doch noch zu den Zuschauern seines Todes reden konnte.</p> <p>Bei der Bekanntmachung der ihm angediehenen Milderung, brachen seine Dankbarkeit und Freude in Minen, Worten und Gebehrden auf das lebhafteste aus; er bezeugte, daß er so viel Gnade nicht gehoft haͤtte, und nun gerne sterben wollte.</p> <p>Die Bekanntmachung des Todestages selbst, hat er mit dem gesetztesten Wesen und einer Art von Zufriedenheit angenommen, auch dabei nochmal mit Thraͤnen fuͤr die gnaͤdige Milderung gedanket.</p> <p>Waͤhrend der Zeit, da er nun ein verurtheiltes Opfer der Gerechtigkeit war, blieb seine Bereitung darzu sein ganzes Geschaͤfte; wie er aber auch in dieser Zeit in haͤrtern Banden gehalten wurde, so behielt er ebenfalls die groͤßte Gelassenheit und Geduld, auch seine laͤchelnde Mine, und in der Wehmuth selbst eine große Heiterkeit.</p> <p>Alles zeigte von Schuldgefuͤhl und Demuͤthigung, aber auch von Vertrauen und Muth.</p> <p>Er verfehlte nicht, denen die ihm Liebe erwiesen hatten, seine Dankbarkeit und zwar mit merklicher Empfindung der Staͤrke ihres Wohlmeinens, und der Groͤße ihrer Verdienste um ihn, zu bezeigen.</p> <p>Er erfuͤllte bei seinem langen beschwerlichen Todesgang, was er mit Gotteshuͤlfe von demselben versprochen hatte, ging ihn <hi rendition="#b">getrost,</hi> aber nicht <hi rendition="#b">frech.</hi> Er ließ sich weder durch die viele Tausende,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0109]
hatte, und doch noch zu den Zuschauern seines Todes reden konnte.
Bei der Bekanntmachung der ihm angediehenen Milderung, brachen seine Dankbarkeit und Freude in Minen, Worten und Gebehrden auf das lebhafteste aus; er bezeugte, daß er so viel Gnade nicht gehoft haͤtte, und nun gerne sterben wollte.
Die Bekanntmachung des Todestages selbst, hat er mit dem gesetztesten Wesen und einer Art von Zufriedenheit angenommen, auch dabei nochmal mit Thraͤnen fuͤr die gnaͤdige Milderung gedanket.
Waͤhrend der Zeit, da er nun ein verurtheiltes Opfer der Gerechtigkeit war, blieb seine Bereitung darzu sein ganzes Geschaͤfte; wie er aber auch in dieser Zeit in haͤrtern Banden gehalten wurde, so behielt er ebenfalls die groͤßte Gelassenheit und Geduld, auch seine laͤchelnde Mine, und in der Wehmuth selbst eine große Heiterkeit.
Alles zeigte von Schuldgefuͤhl und Demuͤthigung, aber auch von Vertrauen und Muth.
Er verfehlte nicht, denen die ihm Liebe erwiesen hatten, seine Dankbarkeit und zwar mit merklicher Empfindung der Staͤrke ihres Wohlmeinens, und der Groͤße ihrer Verdienste um ihn, zu bezeigen.
Er erfuͤllte bei seinem langen beschwerlichen Todesgang, was er mit Gotteshuͤlfe von demselben versprochen hatte, ging ihn getrost, aber nicht frech. Er ließ sich weder durch die viele Tausende,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/109>, abgerufen am 26.07.2024. |