Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


Jhren Gebrauch schicken, und ich darüber Versicherung erhalten haben, so werde ich fernerhin mit mehreren aufzuwarten nicht ermangeln.

Jch bitte noch zu meiner Entschuldigung zu bemerken, daß ein Mensch der zwölf Jahr krank ist, zwar wahr, aber nicht schön schreiben kann.


Jm Jahre 1762, da ich in der Kaiserlichen Gefangenschaft über ein Lazareth Preußischer Kranken in Grätz in Steuermarck die Aufsicht hatte, ereignete es sich, daß man Kaiserlicher Seits durch allerhand Drohungen die Preussen zu österreichischen Diensten zu zwingen suchte.

Ein Soldat Nahmens Salomon, aus dem Magdeburgischen gebürtig, (und wo ich nicht irre) vom Regiment des General Hülsen, der in seiner Heimath ein kleines Cossäthenguth, Frau und Kinder zurück gelassen hatte, übrigens ein recht patriotischer Brandenburger war; hatte einige Beispiele von halb gewaltthätigen Anwerbungen seiner Cammeraden gesehn, hierüber verfiel er in eine Art des Wahnsinns, wovon er nach Verlauf einiger Wochen durch dienliche Mittel wieder hergestellt wurde. Er war nun allem Anschein nach völlig verständig, erzählte wie er beim Finckschen Chor gefangen worden, wer seine Eltern gewesen, was seine Frau für eine brave Frau, und seine Kinder für liebe Kinder wären, und am Ende einer jeden ganz vernünftigen Erzählung,


Jhren Gebrauch schicken, und ich daruͤber Versicherung erhalten haben, so werde ich fernerhin mit mehreren aufzuwarten nicht ermangeln.

Jch bitte noch zu meiner Entschuldigung zu bemerken, daß ein Mensch der zwoͤlf Jahr krank ist, zwar wahr, aber nicht schoͤn schreiben kann.


Jm Jahre 1762, da ich in der Kaiserlichen Gefangenschaft uͤber ein Lazareth Preußischer Kranken in Graͤtz in Steuermarck die Aufsicht hatte, ereignete es sich, daß man Kaiserlicher Seits durch allerhand Drohungen die Preussen zu oͤsterreichischen Diensten zu zwingen suchte.

Ein Soldat Nahmens Salomon, aus dem Magdeburgischen gebuͤrtig, (und wo ich nicht irre) vom Regiment des General Huͤlsen, der in seiner Heimath ein kleines Cossaͤthenguth, Frau und Kinder zuruͤck gelassen hatte, uͤbrigens ein recht patriotischer Brandenburger war; hatte einige Beispiele von halb gewaltthaͤtigen Anwerbungen seiner Cammeraden gesehn, hieruͤber verfiel er in eine Art des Wahnsinns, wovon er nach Verlauf einiger Wochen durch dienliche Mittel wieder hergestellt wurde. Er war nun allem Anschein nach voͤllig verstaͤndig, erzaͤhlte wie er beim Finckschen Chor gefangen worden, wer seine Eltern gewesen, was seine Frau fuͤr eine brave Frau, und seine Kinder fuͤr liebe Kinder waͤren, und am Ende einer jeden ganz vernuͤnftigen Erzaͤhlung,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0063" n="61"/><lb/>
Jhren Gebrauch schicken, und ich  daru&#x0364;ber Versicherung erhalten haben, so werde ich fernerhin mit mehreren  aufzuwarten nicht ermangeln. </p>
            <p>Jch bitte noch zu meiner Entschuldigung zu bemerken, daß ein Mensch der zwo&#x0364;lf  Jahr krank ist, zwar wahr, aber nicht scho&#x0364;n schreiben kann. </p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Jm Jahre 1762, da ich in der Kaiserlichen Gefangenschaft  u&#x0364;ber ein Lazareth Preußischer Kranken in Gra&#x0364;tz in Steuermarck die Aufsicht  hatte, ereignete es sich, daß man Kaiserlicher Seits durch allerhand  Drohungen die Preussen zu o&#x0364;sterreichischen Diensten zu zwingen suchte. </p>
            <p>Ein Soldat Nahmens Salomon, aus dem Magdeburgischen gebu&#x0364;rtig, (und wo ich  nicht irre) vom Regiment des General Hu&#x0364;lsen, der in seiner Heimath ein  kleines Cossa&#x0364;thenguth, Frau und Kinder zuru&#x0364;ck gelassen hatte, u&#x0364;brigens ein  recht patriotischer Brandenburger war; hatte einige Beispiele von halb  gewalttha&#x0364;tigen Anwerbungen seiner Cammeraden gesehn, hieru&#x0364;ber verfiel er in  eine Art des Wahnsinns, wovon er nach Verlauf einiger Wochen durch dienliche  Mittel wieder hergestellt wurde. Er war nun allem Anschein nach vo&#x0364;llig  versta&#x0364;ndig, erza&#x0364;hlte wie er beim Finckschen Chor gefangen worden, wer seine  Eltern gewesen, was seine Frau fu&#x0364;r eine brave Frau, und seine Kinder fu&#x0364;r  liebe Kinder wa&#x0364;ren, und am Ende einer jeden ganz vernu&#x0364;nftigen Erza&#x0364;hlung,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0063] Jhren Gebrauch schicken, und ich daruͤber Versicherung erhalten haben, so werde ich fernerhin mit mehreren aufzuwarten nicht ermangeln. Jch bitte noch zu meiner Entschuldigung zu bemerken, daß ein Mensch der zwoͤlf Jahr krank ist, zwar wahr, aber nicht schoͤn schreiben kann. Jm Jahre 1762, da ich in der Kaiserlichen Gefangenschaft uͤber ein Lazareth Preußischer Kranken in Graͤtz in Steuermarck die Aufsicht hatte, ereignete es sich, daß man Kaiserlicher Seits durch allerhand Drohungen die Preussen zu oͤsterreichischen Diensten zu zwingen suchte. Ein Soldat Nahmens Salomon, aus dem Magdeburgischen gebuͤrtig, (und wo ich nicht irre) vom Regiment des General Huͤlsen, der in seiner Heimath ein kleines Cossaͤthenguth, Frau und Kinder zuruͤck gelassen hatte, uͤbrigens ein recht patriotischer Brandenburger war; hatte einige Beispiele von halb gewaltthaͤtigen Anwerbungen seiner Cammeraden gesehn, hieruͤber verfiel er in eine Art des Wahnsinns, wovon er nach Verlauf einiger Wochen durch dienliche Mittel wieder hergestellt wurde. Er war nun allem Anschein nach voͤllig verstaͤndig, erzaͤhlte wie er beim Finckschen Chor gefangen worden, wer seine Eltern gewesen, was seine Frau fuͤr eine brave Frau, und seine Kinder fuͤr liebe Kinder waͤren, und am Ende einer jeden ganz vernuͤnftigen Erzaͤhlung,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/63
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/63>, abgerufen am 25.11.2024.