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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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nie bekam ich eine solche Gemüthsfassung, als diese Leute doch an sich zeigten, wenn sie gleich die Gnade noch niemalen mir beschrieben oder erklärt hatten.

Jn Collegiis war ich fast lauter Gebet und Application; kam von bösen Menschen vor in Psalmen oder Historie: so sagte ich mir immer, so böse waren die doch nicht, als ich.

Recht gut weiß ich es noch, daß ich einst ganz allein, Abends aus dem Collegio auf dem großen Platze des Waisenhauses spatziren ging, in tiefer Betrübniß, und wünschte, o wäre ich dieser Klumpe Eis, dieses Stücke Holz!" --


Jch blieb lange in diesem schwankenden unruhigen Zustande, der mich bis in lächerliche Bedenklichkeiten herabsetzte. Jch hatte etwa um Neujahr 1744 auf der Wage, wo stets Bücher zum Verkauf stunden, die scriptores rei rusticae in 4to, eine Heerwagische Ausgabe gefunden.

Die so alte Neigung zu humanioribus kam wieder zur Kraft; wo ich nur den Blick hinwarf in dies Buch, fand ich was ganz unbekanntes, ich hatte nicht so viel bey mir, als dafür gefordert wurde; bezahlete aber 8 Gr. darauf; und lief in größter Eil nach dem Waisenhaus, um mehr Geld aus meinem Koffer zu holen.

Eben so schnell lief ich zurück, und nun trug ich meinen Schatz nach Hause. Jch weiß nicht, ob Krause etwas empfindlich war, über meine Erobe-


nie bekam ich eine solche Gemuͤthsfassung, als diese Leute doch an sich zeigten, wenn sie gleich die Gnade noch niemalen mir beschrieben oder erklaͤrt hatten.

Jn Collegiis war ich fast lauter Gebet und Application; kam von boͤsen Menschen vor in Psalmen oder Historie: so sagte ich mir immer, so boͤse waren die doch nicht, als ich.

Recht gut weiß ich es noch, daß ich einst ganz allein, Abends aus dem Collegio auf dem großen Platze des Waisenhauses spatziren ging, in tiefer Betruͤbniß, und wuͤnschte, o waͤre ich dieser Klumpe Eis, dieses Stuͤcke Holz!« ―


Jch blieb lange in diesem schwankenden unruhigen Zustande, der mich bis in laͤcherliche Bedenklichkeiten herabsetzte. Jch hatte etwa um Neujahr 1744 auf der Wage, wo stets Buͤcher zum Verkauf stunden, die scriptores rei rusticae in 4to, eine Heerwagische Ausgabe gefunden.

Die so alte Neigung zu humanioribus kam wieder zur Kraft; wo ich nur den Blick hinwarf in dies Buch, fand ich was ganz unbekanntes, ich hatte nicht so viel bey mir, als dafuͤr gefordert wurde; bezahlete aber 8 Gr. darauf; und lief in groͤßter Eil nach dem Waisenhaus, um mehr Geld aus meinem Koffer zu holen.

Eben so schnell lief ich zuruͤck, und nun trug ich meinen Schatz nach Hause. Jch weiß nicht, ob Krause etwas empfindlich war, uͤber meine Erobe-

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[105/0107] nie bekam ich eine solche Gemuͤthsfassung, als diese Leute doch an sich zeigten, wenn sie gleich die Gnade noch niemalen mir beschrieben oder erklaͤrt hatten. Jn Collegiis war ich fast lauter Gebet und Application; kam von boͤsen Menschen vor in Psalmen oder Historie: so sagte ich mir immer, so boͤse waren die doch nicht, als ich. Recht gut weiß ich es noch, daß ich einst ganz allein, Abends aus dem Collegio auf dem großen Platze des Waisenhauses spatziren ging, in tiefer Betruͤbniß, und wuͤnschte, o waͤre ich dieser Klumpe Eis, dieses Stuͤcke Holz!« ― Jch blieb lange in diesem schwankenden unruhigen Zustande, der mich bis in laͤcherliche Bedenklichkeiten herabsetzte. Jch hatte etwa um Neujahr 1744 auf der Wage, wo stets Buͤcher zum Verkauf stunden, die scriptores rei rusticae in 4to, eine Heerwagische Ausgabe gefunden. Die so alte Neigung zu humanioribus kam wieder zur Kraft; wo ich nur den Blick hinwarf in dies Buch, fand ich was ganz unbekanntes, ich hatte nicht so viel bey mir, als dafuͤr gefordert wurde; bezahlete aber 8 Gr. darauf; und lief in groͤßter Eil nach dem Waisenhaus, um mehr Geld aus meinem Koffer zu holen. Eben so schnell lief ich zuruͤck, und nun trug ich meinen Schatz nach Hause. Jch weiß nicht, ob Krause etwas empfindlich war, uͤber meine Erobe-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/107>, abgerufen am 24.11.2024.