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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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Wenn er glaubt, daß ihm selber Unrecht geschieht, und er sich nicht rächen kann, so zeigt er gen Himmel, und macht mit der Hand eine Bewegung, wie der Donner allmälig herankommen, alsdann seinem Beleidiger plötzlich auf den Kopf fahren, und ihn tödten, oder wie Gott ihn mit seinem Donner todtschlagen werde. Dieß ist seine ernsthafteste Aeußerung von der Bestrafung des Unrechts: bei geringeren Veranlassungen begnügt er sich damit, daß er dem, der ihn beleidigt, ein paar Hörner vormacht, als ob er sagen wollte, der Teufel werde ihn schon früh genug hohlen.

Die erste ernsthafte Aeußerung pflegt er auch zu machen, wenn ein Stück Brodt muthwillig an die Erde geworfen, oder damit gespielt und Kugeln davon gemacht werden, welches er ebenfalls für eine der größten Sünden hält.

Bedeutet man ihn, er werde wegen seiner eignen Sünden auch verdammt werden, so giebt er zu verstehen, daß er ja nicht hören könne, und daß sich Gott deswegen sein erbarmen, und ihn seelig machen werde.

Dieß geschahe auch einmal bei der Gelegenheit, wo er mir durch Zeichen vorwarf, daß ich nicht so fleißig in die Kirche gienge, wie meine Aufwärterin, sondern während der Zeit andre Geschäfte triebe; daß er selbst aber nicht hineingienge, entschuldigte er damit, weil er nicht hören könne.



Wenn er glaubt, daß ihm selber Unrecht geschieht, und er sich nicht raͤchen kann, so zeigt er gen Himmel, und macht mit der Hand eine Bewegung, wie der Donner allmaͤlig herankommen, alsdann seinem Beleidiger ploͤtzlich auf den Kopf fahren, und ihn toͤdten, oder wie Gott ihn mit seinem Donner todtschlagen werde. Dieß ist seine ernsthafteste Aeußerung von der Bestrafung des Unrechts: bei geringeren Veranlassungen begnuͤgt er sich damit, daß er dem, der ihn beleidigt, ein paar Hoͤrner vormacht, als ob er sagen wollte, der Teufel werde ihn schon fruͤh genug hohlen.

Die erste ernsthafte Aeußerung pflegt er auch zu machen, wenn ein Stuͤck Brodt muthwillig an die Erde geworfen, oder damit gespielt und Kugeln davon gemacht werden, welches er ebenfalls fuͤr eine der groͤßten Suͤnden haͤlt.

Bedeutet man ihn, er werde wegen seiner eignen Suͤnden auch verdammt werden, so giebt er zu verstehen, daß er ja nicht hoͤren koͤnne, und daß sich Gott deswegen sein erbarmen, und ihn seelig machen werde.

Dieß geschahe auch einmal bei der Gelegenheit, wo er mir durch Zeichen vorwarf, daß ich nicht so fleißig in die Kirche gienge, wie meine Aufwaͤrterin, sondern waͤhrend der Zeit andre Geschaͤfte triebe; daß er selbst aber nicht hineingienge, entschuldigte er damit, weil er nicht hoͤren koͤnne.


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[79/0083] Wenn er glaubt, daß ihm selber Unrecht geschieht, und er sich nicht raͤchen kann, so zeigt er gen Himmel, und macht mit der Hand eine Bewegung, wie der Donner allmaͤlig herankommen, alsdann seinem Beleidiger ploͤtzlich auf den Kopf fahren, und ihn toͤdten, oder wie Gott ihn mit seinem Donner todtschlagen werde. Dieß ist seine ernsthafteste Aeußerung von der Bestrafung des Unrechts: bei geringeren Veranlassungen begnuͤgt er sich damit, daß er dem, der ihn beleidigt, ein paar Hoͤrner vormacht, als ob er sagen wollte, der Teufel werde ihn schon fruͤh genug hohlen. Die erste ernsthafte Aeußerung pflegt er auch zu machen, wenn ein Stuͤck Brodt muthwillig an die Erde geworfen, oder damit gespielt und Kugeln davon gemacht werden, welches er ebenfalls fuͤr eine der groͤßten Suͤnden haͤlt. Bedeutet man ihn, er werde wegen seiner eignen Suͤnden auch verdammt werden, so giebt er zu verstehen, daß er ja nicht hoͤren koͤnne, und daß sich Gott deswegen sein erbarmen, und ihn seelig machen werde. Dieß geschahe auch einmal bei der Gelegenheit, wo er mir durch Zeichen vorwarf, daß ich nicht so fleißig in die Kirche gienge, wie meine Aufwaͤrterin, sondern waͤhrend der Zeit andre Geschaͤfte triebe; daß er selbst aber nicht hineingienge, entschuldigte er damit, weil er nicht hoͤren koͤnne.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/83>, abgerufen am 02.05.2024.