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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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um die rechte, zur Absicht dienliche Silbe tönen zu lassen.)

"Jch brach also ab, fährt Hr. S. fort, hieß den Mann, der darauf wartete, theils einsilbigt, theils durch Winken, weggehen, und überließ mich unthätig dem Zustande, in welchem ich mich befand. Es war eine gute halbe Stunde hindurch eine tumultuarische Unordnung in einem Theile meiner Vorstellungen" (in der Region der würksamen Jdeen) "in welchen ich nichts zu unterscheiden vermochte: nur daß ich sie ganz zuverläßig für solche Vorstellungen erkannte, die sich mir ohne und wider mein Zuthun aufdrängten, deren Unwichtigkeit ich einsahe, auf deren Wegschaffung ich arbeitete, um den eignen und bessern Jdeen, deren ich mir im Grunde meiner Denkkraft" (in der Region der unwürksamen, spekulativen Jdeen,) "bewußt war, mehr Luft und Raum zu verschaffen. Jch warf mich nehmlich, so viel ich unter dem Schwarm der andringenden verwirrten Bilder konnte, auf die mir geläufigen Grundsätze von Religion, Gewissen, und künftiger Erwartung zurück: ich erkannte sie für gleich richtig und fest: ich sagte mir selber, mit der größten Deutlichkeit und Gewißheit: wenn ich, das eigentliche denkende Wesen, jetzt gleich, etwa durch eine Art von Tod, aus diesem in dem Gehirn erregten Getümmel, welches mir, nach meiner innersten Empfindung, immer etwas fremdes außer mir selbst vor-


um die rechte, zur Absicht dienliche Silbe toͤnen zu lassen.)

»Jch brach also ab, faͤhrt Hr. S. fort, hieß den Mann, der darauf wartete, theils einsilbigt, theils durch Winken, weggehen, und uͤberließ mich unthaͤtig dem Zustande, in welchem ich mich befand. Es war eine gute halbe Stunde hindurch eine tumultuarische Unordnung in einem Theile meiner Vorstellungen« (in der Region der wuͤrksamen Jdeen) »in welchen ich nichts zu unterscheiden vermochte: nur daß ich sie ganz zuverlaͤßig fuͤr solche Vorstellungen erkannte, die sich mir ohne und wider mein Zuthun aufdraͤngten, deren Unwichtigkeit ich einsahe, auf deren Wegschaffung ich arbeitete, um den eignen und bessern Jdeen, deren ich mir im Grunde meiner Denkkraft« (in der Region der unwuͤrksamen, spekulativen Jdeen,) »bewußt war, mehr Luft und Raum zu verschaffen. Jch warf mich nehmlich, so viel ich unter dem Schwarm der andringenden verwirrten Bilder konnte, auf die mir gelaͤufigen Grundsaͤtze von Religion, Gewissen, und kuͤnftiger Erwartung zuruͤck: ich erkannte sie fuͤr gleich richtig und fest: ich sagte mir selber, mit der groͤßten Deutlichkeit und Gewißheit: wenn ich, das eigentliche denkende Wesen, jetzt gleich, etwa durch eine Art von Tod, aus diesem in dem Gehirn erregten Getuͤmmel, welches mir, nach meiner innersten Empfindung, immer etwas fremdes außer mir selbst vor-

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[66/0070] um die rechte, zur Absicht dienliche Silbe toͤnen zu lassen.) »Jch brach also ab, faͤhrt Hr. S. fort, hieß den Mann, der darauf wartete, theils einsilbigt, theils durch Winken, weggehen, und uͤberließ mich unthaͤtig dem Zustande, in welchem ich mich befand. Es war eine gute halbe Stunde hindurch eine tumultuarische Unordnung in einem Theile meiner Vorstellungen« (in der Region der wuͤrksamen Jdeen) »in welchen ich nichts zu unterscheiden vermochte: nur daß ich sie ganz zuverlaͤßig fuͤr solche Vorstellungen erkannte, die sich mir ohne und wider mein Zuthun aufdraͤngten, deren Unwichtigkeit ich einsahe, auf deren Wegschaffung ich arbeitete, um den eignen und bessern Jdeen, deren ich mir im Grunde meiner Denkkraft« (in der Region der unwuͤrksamen, spekulativen Jdeen,) »bewußt war, mehr Luft und Raum zu verschaffen. Jch warf mich nehmlich, so viel ich unter dem Schwarm der andringenden verwirrten Bilder konnte, auf die mir gelaͤufigen Grundsaͤtze von Religion, Gewissen, und kuͤnftiger Erwartung zuruͤck: ich erkannte sie fuͤr gleich richtig und fest: ich sagte mir selber, mit der groͤßten Deutlichkeit und Gewißheit: wenn ich, das eigentliche denkende Wesen, jetzt gleich, etwa durch eine Art von Tod, aus diesem in dem Gehirn erregten Getuͤmmel, welches mir, nach meiner innersten Empfindung, immer etwas fremdes außer mir selbst vor-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/70>, abgerufen am 03.05.2024.