Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite


die Seele zu schwach ist, sie dem Bewußtseyn unterzuordnen, und sich derselben zu bemeistern. Man wird sich dieses deutlich machen können, wenn man auf die verschiedne Art aufmerksam ist, auf welche der Schwindel zu entstehen pflegt. Jedoch ich verlasse diese besondere Krankheit, die ein philosophischer Arzt von meinen Freunden mit mehrerer Ausführlichkeit zu behandeln im Werke hat, und verweise meine Leser auf die Abhandlung desselben, die wahrscheinlicherweise nächstens zum Vorschein kommen wird.

Jch komme zu der seltnen Beobachtung, die Herr Spalding an sich selbst gemacht hat, und die zu diesem Aufsatze die Veranlassung gewesen. Jener Weltweise spricht: die Frage eines Weisen führet die Antwort zur Hälfte mit sich. Mich dünkt, dieses treffe allhier vollkommen ein. Herr S. hat mit so vieler Genauigkeit beobachtet, und die Umstände, die er wahrgenommen, so treffend beschrieben, daß die Hypothese, aus welcher sie erklärt werden können, sich gleichsam von selbst darbietet. Man darf nur seiner Erzählung folgen, und dabei nicht aus der Acht lassen, was oben von der Harmonie zwischen den würksamen Begriffen und organischen Stößen ist angeführt worden.

"Jch hatte, erzählt Herr S., denselben Vormittag in geschwinder abwechselnder Folge viele Leute sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben müssen, wobei die Gegenstände fast durchge-


die Seele zu schwach ist, sie dem Bewußtseyn unterzuordnen, und sich derselben zu bemeistern. Man wird sich dieses deutlich machen koͤnnen, wenn man auf die verschiedne Art aufmerksam ist, auf welche der Schwindel zu entstehen pflegt. Jedoch ich verlasse diese besondere Krankheit, die ein philosophischer Arzt von meinen Freunden mit mehrerer Ausfuͤhrlichkeit zu behandeln im Werke hat, und verweise meine Leser auf die Abhandlung desselben, die wahrscheinlicherweise naͤchstens zum Vorschein kommen wird.

Jch komme zu der seltnen Beobachtung, die Herr Spalding an sich selbst gemacht hat, und die zu diesem Aufsatze die Veranlassung gewesen. Jener Weltweise spricht: die Frage eines Weisen fuͤhret die Antwort zur Haͤlfte mit sich. Mich duͤnkt, dieses treffe allhier vollkommen ein. Herr S. hat mit so vieler Genauigkeit beobachtet, und die Umstaͤnde, die er wahrgenommen, so treffend beschrieben, daß die Hypothese, aus welcher sie erklaͤrt werden koͤnnen, sich gleichsam von selbst darbietet. Man darf nur seiner Erzaͤhlung folgen, und dabei nicht aus der Acht lassen, was oben von der Harmonie zwischen den wuͤrksamen Begriffen und organischen Stoͤßen ist angefuͤhrt worden.

»Jch hatte, erzaͤhlt Herr S., denselben Vormittag in geschwinder abwechselnder Folge viele Leute sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben muͤssen, wobei die Gegenstaͤnde fast durchge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0067" n="63"/><lb/>
die Seele zu schwach ist, sie dem Bewußtseyn unterzuordnen,                         und sich derselben zu bemeistern. Man wird sich dieses deutlich machen                         ko&#x0364;nnen, wenn man auf die verschiedne Art aufmerksam ist, auf welche der                         Schwindel zu entstehen pflegt. Jedoch ich verlasse diese besondere                         Krankheit, die ein philosophischer Arzt von meinen Freunden mit mehrerer                         Ausfu&#x0364;hrlichkeit zu behandeln im Werke hat, und verweise meine Leser auf die                         Abhandlung desselben, die wahrscheinlicherweise na&#x0364;chstens zum Vorschein                         kommen wird. </p>
          <p>Jch komme zu der seltnen Beobachtung, die Herr <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0112"><note type="editorial">Spalding, Johann Joachim</note>Spalding</persName></hi> an sich selbst gemacht hat, und die zu diesem                         Aufsatze die Veranlassung gewesen. Jener Weltweise spricht: die Frage eines                         Weisen fu&#x0364;hret die Antwort zur Ha&#x0364;lfte mit sich. Mich du&#x0364;nkt, dieses treffe                         allhier vollkommen ein. <persName ref="#ref0112"><note type="editorial">Spalding, Johann Joachim</note>Herr S.</persName> hat mit so vieler Genauigkeit beobachtet, und die                         Umsta&#x0364;nde, die er wahrgenommen, so treffend beschrieben, daß die Hypothese,                         aus welcher sie erkla&#x0364;rt werden ko&#x0364;nnen, sich gleichsam von selbst darbietet.                         Man darf nur seiner Erza&#x0364;hlung folgen, und dabei nicht aus der Acht lassen,                         was oben von der Harmonie zwischen den <hi rendition="#b">wu&#x0364;rksamen                             Begriffen</hi> und <hi rendition="#b">organischen Sto&#x0364;ßen</hi> ist                         angefu&#x0364;hrt worden. </p>
          <p>»Jch hatte, erza&#x0364;hlt <persName ref="#ref0112"><note type="editorial">Spalding, Johann Joachim</note>Herr S.,</persName> denselben Vormittag in geschwinder                         abwechselnder Folge <hi rendition="#b">viele Leute sprechen, vielerlei                             Kleinigkeiten schreiben</hi> mu&#x0364;ssen, wobei die Gegensta&#x0364;nde fast                             durchge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0067] die Seele zu schwach ist, sie dem Bewußtseyn unterzuordnen, und sich derselben zu bemeistern. Man wird sich dieses deutlich machen koͤnnen, wenn man auf die verschiedne Art aufmerksam ist, auf welche der Schwindel zu entstehen pflegt. Jedoch ich verlasse diese besondere Krankheit, die ein philosophischer Arzt von meinen Freunden mit mehrerer Ausfuͤhrlichkeit zu behandeln im Werke hat, und verweise meine Leser auf die Abhandlung desselben, die wahrscheinlicherweise naͤchstens zum Vorschein kommen wird. Jch komme zu der seltnen Beobachtung, die Herr Spalding an sich selbst gemacht hat, und die zu diesem Aufsatze die Veranlassung gewesen. Jener Weltweise spricht: die Frage eines Weisen fuͤhret die Antwort zur Haͤlfte mit sich. Mich duͤnkt, dieses treffe allhier vollkommen ein. Herr S. hat mit so vieler Genauigkeit beobachtet, und die Umstaͤnde, die er wahrgenommen, so treffend beschrieben, daß die Hypothese, aus welcher sie erklaͤrt werden koͤnnen, sich gleichsam von selbst darbietet. Man darf nur seiner Erzaͤhlung folgen, und dabei nicht aus der Acht lassen, was oben von der Harmonie zwischen den wuͤrksamen Begriffen und organischen Stoͤßen ist angefuͤhrt worden. »Jch hatte, erzaͤhlt Herr S., denselben Vormittag in geschwinder abwechselnder Folge viele Leute sprechen, vielerlei Kleinigkeiten schreiben muͤssen, wobei die Gegenstaͤnde fast durchge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/67
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/67>, abgerufen am 02.05.2024.