Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.
*** Freilich, fuhr er fort, muß Jhnen dies alles sonderbar vorkommen, aber dergleichen Anordnungen sind hier nöthig. Daß alle deutsche Bücher zu lesen verboten sind, ist falsch; das Verbot betrift blos schlüpfrige Sachen und Romane. Zu solcher Lektür hat ein hiesiger Schüler wirklich keine Zeit, wenn er nicht seine Schularbeiten vernachläßigen will, und gesetzt, er könnte auch einige Stunden darauf verwenden, so sind gewöhnlich junge Leute lange nicht genug vorbereitet, Schriften, die die Sinnlichkeit reizen, zu lesen. Daher wäre es freilich gut, wenn eine besondre Stunde zur Anweisung solcher Schriften bestimmt wäre, die junge Leute lesen sollten, und wenn die Gründe vorgetragen würden, warum man das Lesen aller Schriften nicht zugeben könnte. -- *) Hier folgt die ganze Unterredung mit ihm, die als Vorschrift dienen könnte, wie man empörte Gemüther zur Ruhe bringt; ich rücke nur ein kleines Stück mit ein.
*** Freilich, fuhr er fort, muß Jhnen dies alles sonderbar vorkommen, aber dergleichen Anordnungen sind hier noͤthig. Daß alle deutsche Buͤcher zu lesen verboten sind, ist falsch; das Verbot betrift blos schluͤpfrige Sachen und Romane. Zu solcher Lektuͤr hat ein hiesiger Schuͤler wirklich keine Zeit, wenn er nicht seine Schularbeiten vernachlaͤßigen will, und gesetzt, er koͤnnte auch einige Stunden darauf verwenden, so sind gewoͤhnlich junge Leute lange nicht genug vorbereitet, Schriften, die die Sinnlichkeit reizen, zu lesen. Daher waͤre es freilich gut, wenn eine besondre Stunde zur Anweisung solcher Schriften bestimmt waͤre, die junge Leute lesen sollten, und wenn die Gruͤnde vorgetragen wuͤrden, warum man das Lesen aller Schriften nicht zugeben koͤnnte. ― *) Hier folgt die ganze Unterredung mit ihm, die als Vorschrift dienen koͤnnte, wie man empoͤrte Gemuͤther zur Ruhe bringt; ich ruͤcke nur ein kleines Stuͤck mit ein.
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schoͤn, als daß ich es haͤtte ganz verhoͤren koͤnnen, aber Sie haben recht, ich habe wirklich viel verhoͤrt*) .
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Freilich, fuhr er fort, muß Jhnen dies alles sonderbar vorkommen, aber dergleichen Anordnungen sind hier noͤthig. Daß alle deutsche Buͤcher zu lesen verboten sind, ist falsch; das Verbot betrift blos schluͤpfrige Sachen und Romane. Zu solcher Lektuͤr hat ein hiesiger Schuͤler wirklich keine Zeit, wenn er nicht seine Schularbeiten vernachlaͤßigen will, und gesetzt, er koͤnnte auch einige Stunden darauf verwenden, so sind gewoͤhnlich junge Leute lange nicht genug vorbereitet, Schriften, die die Sinnlichkeit reizen, zu lesen. Daher waͤre es freilich gut, wenn eine besondre Stunde zur Anweisung solcher Schriften bestimmt waͤre, die junge Leute lesen sollten, und wenn die Gruͤnde vorgetragen wuͤrden, warum man das Lesen aller Schriften nicht zugeben koͤnnte. ―
*) Hier folgt die ganze Unterredung mit ihm, die als Vorschrift dienen koͤnnte, wie man empoͤrte Gemuͤther zur Ruhe bringt; ich ruͤcke nur ein kleines Stuͤck mit ein.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/18>, abgerufen am 16.02.2025. |