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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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der Zeit, daß sie sich todt glaubte, unterredete sie sich mit längst verstorbenen Personen, und bewirthete sie mit vieler Sorgfalt.


76-89.

Wird angemerkt, daß es zur Erklärung der Entstehungsart des Traums nicht nöthig sey, immer eine äußere dunkel empfundene Sensation vorauszusetzen; da wir aus eigener Erfahrung wissen, daß wir bisweilen im Wachen zu denken aufhören, und daß sehr oft die Seele neue Jdeen gleichsam aus nichts, nach jenen Jntervallen wieder hervorruft, oder durchs Gedächtniß herbeiführt, indem sie nehmlich ihre Denkkraft wieder in Bewegung setzt, oder besser, indem diese Kraft, als Seele selbst betrachtet, sich wieder zu äußern anfängt, so kann auch dies gerade der Fall im Traume seyn, u.s.w.

Anmerkung.

Daß die Seele im Wachen nach den Jntervallen der Unterbrechung ohne irgend eine äußere Sensation, aus sich selbst, ihre Denkkraft aufs neue äußern soll, kann schwerlich bewiesen werden. Das Gedächtniß setzt die Wirkung der Association, und diese Jdeen, womit die schon gehabten associirt werden, voraus. Sonst ist die Art, wie die Seele nach einer Unterbrechung aufs neue zu wirken anfängt, unerklärbar. Die der Seelenwirksamkeit


der Zeit, daß sie sich todt glaubte, unterredete sie sich mit laͤngst verstorbenen Personen, und bewirthete sie mit vieler Sorgfalt.


76-89.

Wird angemerkt, daß es zur Erklaͤrung der Entstehungsart des Traums nicht noͤthig sey, immer eine aͤußere dunkel empfundene Sensation vorauszusetzen; da wir aus eigener Erfahrung wissen, daß wir bisweilen im Wachen zu denken aufhoͤren, und daß sehr oft die Seele neue Jdeen gleichsam aus nichts, nach jenen Jntervallen wieder hervorruft, oder durchs Gedaͤchtniß herbeifuͤhrt, indem sie nehmlich ihre Denkkraft wieder in Bewegung setzt, oder besser, indem diese Kraft, als Seele selbst betrachtet, sich wieder zu aͤußern anfaͤngt, so kann auch dies gerade der Fall im Traume seyn, u.s.w.

Anmerkung.

Daß die Seele im Wachen nach den Jntervallen der Unterbrechung ohne irgend eine aͤußere Sensation, aus sich selbst, ihre Denkkraft aufs neue aͤußern soll, kann schwerlich bewiesen werden. Das Gedaͤchtniß setzt die Wirkung der Association, und diese Jdeen, womit die schon gehabten associirt werden, voraus. Sonst ist die Art, wie die Seele nach einer Unterbrechung aufs neue zu wirken anfaͤngt, unerklaͤrbar. Die der Seelenwirksamkeit

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[93/0093] der Zeit, daß sie sich todt glaubte, unterredete sie sich mit laͤngst verstorbenen Personen, und bewirthete sie mit vieler Sorgfalt. 76-89. Wird angemerkt, daß es zur Erklaͤrung der Entstehungsart des Traums nicht noͤthig sey, immer eine aͤußere dunkel empfundene Sensation vorauszusetzen; da wir aus eigener Erfahrung wissen, daß wir bisweilen im Wachen zu denken aufhoͤren, und daß sehr oft die Seele neue Jdeen gleichsam aus nichts, nach jenen Jntervallen wieder hervorruft, oder durchs Gedaͤchtniß herbeifuͤhrt, indem sie nehmlich ihre Denkkraft wieder in Bewegung setzt, oder besser, indem diese Kraft, als Seele selbst betrachtet, sich wieder zu aͤußern anfaͤngt, so kann auch dies gerade der Fall im Traume seyn, u.s.w. Anmerkung. Daß die Seele im Wachen nach den Jntervallen der Unterbrechung ohne irgend eine aͤußere Sensation, aus sich selbst, ihre Denkkraft aufs neue aͤußern soll, kann schwerlich bewiesen werden. Das Gedaͤchtniß setzt die Wirkung der Association, und diese Jdeen, womit die schon gehabten associirt werden, voraus. Sonst ist die Art, wie die Seele nach einer Unterbrechung aufs neue zu wirken anfaͤngt, unerklaͤrbar. Die der Seelenwirksamkeit

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/93>, abgerufen am 02.05.2024.