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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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75-78.

Ein Rendant hatte das Unglück, daß ihm durch einen Bedienten eine beträchtliche Summe Kassengelder entwendet wurden. Der Thäter war plötzlich mit seinem Raube entwichen, so daß man seinen Aufenthalt nicht hatte entdecken können.

Die Zeit, da er Rechnung ablegen sollte, rückte an, das Fehlende sollte ersetzt werden, ohne daß er Hülfe zu finden wuste.

Nun träumte ihm in der einen Nacht, er möchte in die ** Straße in das ** Haus gehen. Jn dem Hause nun soll er zwei Treppen hinaufgehen, sich aber auf der zweiten in Acht nehmen, daß er nicht herunterfalle, und so würde er das nöthige Geld erhalten.

Am Morgen des folgenden Tages kommt einer seiner Freunde zu ihm, dem er seinen Traum erzählt, und von dem er zugleich erfährt, wer in dem bezeichneten Hause in der zweiten Etage wohne, und der ihm übrigens so unbekannt war, daß er sich nur erinnerte, ihn ein einzigmal in einer großen Gesellschaft gesehen zu haben, und da er ohnedem von Träumen nichts hielt, so vernachläßigte er es, und suchte anderwärts Hülfe; aber vergebens.

Am zweiten Tage nach seinem gehabten Traum glaubte er seiner eigenen Ruhe doch das schuldig zu seyn, zu dem Unbekannten zu gehen, besonders da er nichts zu verlieren hatte.


75-78.

Ein Rendant hatte das Ungluͤck, daß ihm durch einen Bedienten eine betraͤchtliche Summe Kassengelder entwendet wurden. Der Thaͤter war ploͤtzlich mit seinem Raube entwichen, so daß man seinen Aufenthalt nicht hatte entdecken koͤnnen.

Die Zeit, da er Rechnung ablegen sollte, ruͤckte an, das Fehlende sollte ersetzt werden, ohne daß er Huͤlfe zu finden wuste.

Nun traͤumte ihm in der einen Nacht, er moͤchte in die ** Straße in das ** Haus gehen. Jn dem Hause nun soll er zwei Treppen hinaufgehen, sich aber auf der zweiten in Acht nehmen, daß er nicht herunterfalle, und so wuͤrde er das noͤthige Geld erhalten.

Am Morgen des folgenden Tages kommt einer seiner Freunde zu ihm, dem er seinen Traum erzaͤhlt, und von dem er zugleich erfaͤhrt, wer in dem bezeichneten Hause in der zweiten Etage wohne, und der ihm uͤbrigens so unbekannt war, daß er sich nur erinnerte, ihn ein einzigmal in einer großen Gesellschaft gesehen zu haben, und da er ohnedem von Traͤumen nichts hielt, so vernachlaͤßigte er es, und suchte anderwaͤrts Huͤlfe; aber vergebens.

Am zweiten Tage nach seinem gehabten Traum glaubte er seiner eigenen Ruhe doch das schuldig zu seyn, zu dem Unbekannten zu gehen, besonders da er nichts zu verlieren hatte.

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[68/0068] 75-78. Ein Rendant hatte das Ungluͤck, daß ihm durch einen Bedienten eine betraͤchtliche Summe Kassengelder entwendet wurden. Der Thaͤter war ploͤtzlich mit seinem Raube entwichen, so daß man seinen Aufenthalt nicht hatte entdecken koͤnnen. Die Zeit, da er Rechnung ablegen sollte, ruͤckte an, das Fehlende sollte ersetzt werden, ohne daß er Huͤlfe zu finden wuste. Nun traͤumte ihm in der einen Nacht, er moͤchte in die ** Straße in das ** Haus gehen. Jn dem Hause nun soll er zwei Treppen hinaufgehen, sich aber auf der zweiten in Acht nehmen, daß er nicht herunterfalle, und so wuͤrde er das noͤthige Geld erhalten. Am Morgen des folgenden Tages kommt einer seiner Freunde zu ihm, dem er seinen Traum erzaͤhlt, und von dem er zugleich erfaͤhrt, wer in dem bezeichneten Hause in der zweiten Etage wohne, und der ihm uͤbrigens so unbekannt war, daß er sich nur erinnerte, ihn ein einzigmal in einer großen Gesellschaft gesehen zu haben, und da er ohnedem von Traͤumen nichts hielt, so vernachlaͤßigte er es, und suchte anderwaͤrts Huͤlfe; aber vergebens. Am zweiten Tage nach seinem gehabten Traum glaubte er seiner eigenen Ruhe doch das schuldig zu seyn, zu dem Unbekannten zu gehen, besonders da er nichts zu verlieren hatte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/68>, abgerufen am 01.05.2024.