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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

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Heute kann Sie mich nicht sehen, schreibt Sie -- o das ist entsetzlich hart! Warum nun gerade heute nicht? Es ist doch rasend! Und morgen auch nicht; denn Jhre Mutter wird morgen eben so wenig in ihrem frisch angestrichenen Zimmer schlafen. -- Jch möchte zerspringen und kann mich nicht mittheilen. Schreiben? Ach was sind todte Buchstaben! und überhaupt hass' ich die Briefe, sie verriethen mich schon einmal schändlich.

Nein es ist unbegreiflich! Just heute kann Sie mich nicht sehen! Was tritt da für ein Damm zwischen uns? -- Aber ich will ausharren, warlich ich will!

Jch bin unterdessen wieder beim Hofrath Engel gewesen, er war allein, und freute sich, daß ich kam. Jch sagte ihm, daß ich entschlossen sey, meine mathematischen und kameralistischen Wissenschaften fortzusetzen, und überhaupt einen Plan meines Lebens gemacht habe, der vielleicht seinen Beifall erhalten würde. Nur, sagt' ich, wissen Sie, wo mir es fehlt. Jch habe wenig oder gar kein Geld von Haus zu erwarten, wüßten Sie für diesen Umstand ein Auskunftsmittel, so wär' es möglich, daß ich noch einst ein glücklicher Bürger werden könnte. Er sprang voller Freude auf und


Heute kann Sie mich nicht sehen, schreibt Sie — o das ist entsetzlich hart! Warum nun gerade heute nicht? Es ist doch rasend! Und morgen auch nicht; denn Jhre Mutter wird morgen eben so wenig in ihrem frisch angestrichenen Zimmer schlafen. — Jch moͤchte zerspringen und kann mich nicht mittheilen. Schreiben? Ach was sind todte Buchstaben! und uͤberhaupt hass' ich die Briefe, sie verriethen mich schon einmal schaͤndlich.

Nein es ist unbegreiflich! Just heute kann Sie mich nicht sehen! Was tritt da fuͤr ein Damm zwischen uns? — Aber ich will ausharren, warlich ich will!

Jch bin unterdessen wieder beim Hofrath Engel gewesen, er war allein, und freute sich, daß ich kam. Jch sagte ihm, daß ich entschlossen sey, meine mathematischen und kameralistischen Wissenschaften fortzusetzen, und uͤberhaupt einen Plan meines Lebens gemacht habe, der vielleicht seinen Beifall erhalten wuͤrde. Nur, sagt' ich, wissen Sie, wo mir es fehlt. Jch habe wenig oder gar kein Geld von Haus zu erwarten, wuͤßten Sie fuͤr diesen Umstand ein Auskunftsmittel, so waͤr' es moͤglich, daß ich noch einst ein gluͤcklicher Buͤrger werden koͤnnte. Er sprang voller Freude auf und

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[92/0092] am *** Heute kann Sie mich nicht sehen, schreibt Sie — o das ist entsetzlich hart! Warum nun gerade heute nicht? Es ist doch rasend! Und morgen auch nicht; denn Jhre Mutter wird morgen eben so wenig in ihrem frisch angestrichenen Zimmer schlafen. — Jch moͤchte zerspringen und kann mich nicht mittheilen. Schreiben? Ach was sind todte Buchstaben! und uͤberhaupt hass' ich die Briefe, sie verriethen mich schon einmal schaͤndlich. Nein es ist unbegreiflich! Just heute kann Sie mich nicht sehen! Was tritt da fuͤr ein Damm zwischen uns? — Aber ich will ausharren, warlich ich will! am 13. Junius. Jch bin unterdessen wieder beim Hofrath Engel gewesen, er war allein, und freute sich, daß ich kam. Jch sagte ihm, daß ich entschlossen sey, meine mathematischen und kameralistischen Wissenschaften fortzusetzen, und uͤberhaupt einen Plan meines Lebens gemacht habe, der vielleicht seinen Beifall erhalten wuͤrde. Nur, sagt' ich, wissen Sie, wo mir es fehlt. Jch habe wenig oder gar kein Geld von Haus zu erwarten, wuͤßten Sie fuͤr diesen Umstand ein Auskunftsmittel, so waͤr' es moͤglich, daß ich noch einst ein gluͤcklicher Buͤrger werden koͤnnte. Er sprang voller Freude auf und

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/92>, abgerufen am 25.11.2024.