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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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zur ersten, reinen, guten und geraden Einfalt des Verstandes und Herzens oder des ganzen Menschen gebracht sehen möchten. Des geraden klaren Oswalds Appellation an den gemeinen Menschenverstand für die Religion möchte wohl so ein kleiner purgatorischer Ventilator für die Vernünftler seyn. Was ist Schade, daß, wo der Vernunft etwa mit Tadel erwähnt wird, es nur einer angemaßten und selbst nicht gar zu vernünftigen Kunst gelten muß, nicht aber der wahren in der Welt unerkannten ewigen absolut lautern und billigen Vernunft? Zumal der Autor ewig unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft, wie ein Kant Verstand der Vernunft vorgehen läst, den lautern allgemeinen Wahrheitsverstand, den wahren, ewigen Grundverstand augenscheinlicher Gemeinwahrheiten, den lautern Verstand des zur Erfahrungsregel unumschränkten Formeninbegriffs als wesentlichen Grund und ewigen Richtpunkt durchaus für uns angiebt, ja eben diesen Verstand in dieser unleugbaren ewigen Allgemeinheit aufs stärkste als nothwendige Richtschnur der Vernunft empfiehlt.)

"Vom Werth der innern Empfindungen: die kalten Vernünftler wären nicht im Stande die Mystiker zu beurtheilen, weil dies Erfahrungen wären, von denen sie sich keinen Begriff machen könnten."

(Nemlich die Unerfahrnen; denn die mit Grunde Erfahrnen können das wohl. Nur wirds wenige geben


zur ersten, reinen, guten und geraden Einfalt des Verstandes und Herzens oder des ganzen Menschen gebracht sehen moͤchten. Des geraden klaren Oswalds Appellation an den gemeinen Menschenverstand fuͤr die Religion moͤchte wohl so ein kleiner purgatorischer Ventilator fuͤr die Vernuͤnftler seyn. Was ist Schade, daß, wo der Vernunft etwa mit Tadel erwaͤhnt wird, es nur einer angemaßten und selbst nicht gar zu vernuͤnftigen Kunst gelten muß, nicht aber der wahren in der Welt unerkannten ewigen absolut lautern und billigen Vernunft? Zumal der Autor ewig unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft, wie ein Kant Verstand der Vernunft vorgehen laͤst, den lautern allgemeinen Wahrheitsverstand, den wahren, ewigen Grundverstand augenscheinlicher Gemeinwahrheiten, den lautern Verstand des zur Erfahrungsregel unumschraͤnkten Formeninbegriffs als wesentlichen Grund und ewigen Richtpunkt durchaus fuͤr uns angiebt, ja eben diesen Verstand in dieser unleugbaren ewigen Allgemeinheit aufs staͤrkste als nothwendige Richtschnur der Vernunft empfiehlt.)

»Vom Werth der innern Empfindungen: die kalten Vernuͤnftler waͤren nicht im Stande die Mystiker zu beurtheilen, weil dies Erfahrungen waͤren, von denen sie sich keinen Begriff machen koͤnnten.«

(Nemlich die Unerfahrnen; denn die mit Grunde Erfahrnen koͤnnen das wohl. Nur wirds wenige geben

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[50/0052] zur ersten, reinen, guten und geraden Einfalt des Verstandes und Herzens oder des ganzen Menschen gebracht sehen moͤchten. Des geraden klaren Oswalds Appellation an den gemeinen Menschenverstand fuͤr die Religion moͤchte wohl so ein kleiner purgatorischer Ventilator fuͤr die Vernuͤnftler seyn. Was ist Schade, daß, wo der Vernunft etwa mit Tadel erwaͤhnt wird, es nur einer angemaßten und selbst nicht gar zu vernuͤnftigen Kunst gelten muß, nicht aber der wahren in der Welt unerkannten ewigen absolut lautern und billigen Vernunft? Zumal der Autor ewig unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft, wie ein Kant Verstand der Vernunft vorgehen laͤst, den lautern allgemeinen Wahrheitsverstand, den wahren, ewigen Grundverstand augenscheinlicher Gemeinwahrheiten, den lautern Verstand des zur Erfahrungsregel unumschraͤnkten Formeninbegriffs als wesentlichen Grund und ewigen Richtpunkt durchaus fuͤr uns angiebt, ja eben diesen Verstand in dieser unleugbaren ewigen Allgemeinheit aufs staͤrkste als nothwendige Richtschnur der Vernunft empfiehlt.) »Vom Werth der innern Empfindungen: die kalten Vernuͤnftler waͤren nicht im Stande die Mystiker zu beurtheilen, weil dies Erfahrungen waͤren, von denen sie sich keinen Begriff machen koͤnnten.« (Nemlich die Unerfahrnen; denn die mit Grunde Erfahrnen koͤnnen das wohl. Nur wirds wenige geben

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/52>, abgerufen am 08.05.2024.