Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite


zur ersten, reinen, guten und geraden Einfalt des Verstandes und Herzens oder des ganzen Menschen gebracht sehen möchten. Des geraden klaren Oswalds Appellation an den gemeinen Menschenverstand für die Religion möchte wohl so ein kleiner purgatorischer Ventilator für die Vernünftler seyn. Was ist Schade, daß, wo der Vernunft etwa mit Tadel erwähnt wird, es nur einer angemaßten und selbst nicht gar zu vernünftigen Kunst gelten muß, nicht aber der wahren in der Welt unerkannten ewigen absolut lautern und billigen Vernunft? Zumal der Autor ewig unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft, wie ein Kant Verstand der Vernunft vorgehen läst, den lautern allgemeinen Wahrheitsverstand, den wahren, ewigen Grundverstand augenscheinlicher Gemeinwahrheiten, den lautern Verstand des zur Erfahrungsregel unumschränkten Formeninbegriffs als wesentlichen Grund und ewigen Richtpunkt durchaus für uns angiebt, ja eben diesen Verstand in dieser unleugbaren ewigen Allgemeinheit aufs stärkste als nothwendige Richtschnur der Vernunft empfiehlt.)

"Vom Werth der innern Empfindungen: die kalten Vernünftler wären nicht im Stande die Mystiker zu beurtheilen, weil dies Erfahrungen wären, von denen sie sich keinen Begriff machen könnten."

(Nemlich die Unerfahrnen; denn die mit Grunde Erfahrnen können das wohl. Nur wirds wenige geben


zur ersten, reinen, guten und geraden Einfalt des Verstandes und Herzens oder des ganzen Menschen gebracht sehen moͤchten. Des geraden klaren Oswalds Appellation an den gemeinen Menschenverstand fuͤr die Religion moͤchte wohl so ein kleiner purgatorischer Ventilator fuͤr die Vernuͤnftler seyn. Was ist Schade, daß, wo der Vernunft etwa mit Tadel erwaͤhnt wird, es nur einer angemaßten und selbst nicht gar zu vernuͤnftigen Kunst gelten muß, nicht aber der wahren in der Welt unerkannten ewigen absolut lautern und billigen Vernunft? Zumal der Autor ewig unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft, wie ein Kant Verstand der Vernunft vorgehen laͤst, den lautern allgemeinen Wahrheitsverstand, den wahren, ewigen Grundverstand augenscheinlicher Gemeinwahrheiten, den lautern Verstand des zur Erfahrungsregel unumschraͤnkten Formeninbegriffs als wesentlichen Grund und ewigen Richtpunkt durchaus fuͤr uns angiebt, ja eben diesen Verstand in dieser unleugbaren ewigen Allgemeinheit aufs staͤrkste als nothwendige Richtschnur der Vernunft empfiehlt.)

»Vom Werth der innern Empfindungen: die kalten Vernuͤnftler waͤren nicht im Stande die Mystiker zu beurtheilen, weil dies Erfahrungen waͤren, von denen sie sich keinen Begriff machen koͤnnten.«

(Nemlich die Unerfahrnen; denn die mit Grunde Erfahrnen koͤnnen das wohl. Nur wirds wenige geben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="50"/><lb/>
zur ersten,                         reinen, guten und geraden Einfalt des Verstandes und Herzens oder des ganzen                         Menschen gebracht sehen mo&#x0364;chten. Des geraden klaren Oswalds Appellation an                         den gemeinen Menschenverstand fu&#x0364;r die Religion mo&#x0364;chte wohl so ein kleiner                         purgatorischer Ventilator fu&#x0364;r die Vernu&#x0364;nftler seyn. Was ist Schade, daß, wo                         der Vernunft etwa mit Tadel erwa&#x0364;hnt wird, es nur einer angemaßten und selbst                         nicht gar zu vernu&#x0364;nftigen Kunst gelten muß, nicht aber der wahren in der                         Welt unerkannten ewigen absolut <hi rendition="#b">lautern und                             billigen</hi> Vernunft? Zumal der Autor ewig unterscheidet zwischen <hi rendition="#b">Verstand und Vernunft,</hi> wie ein Kant <hi rendition="#b">Verstand der Vernunft vorgehen la&#x0364;st,</hi> den lautern                         allgemeinen Wahrheitsverstand, den wahren, ewigen Grundverstand                         augenscheinlicher Gemeinwahrheiten, den lautern Verstand des zur                         Erfahrungsregel unumschra&#x0364;nkten Formeninbegriffs als wesentlichen Grund und                         ewigen Richtpunkt durchaus fu&#x0364;r uns angiebt, ja eben diesen Verstand in                         dieser unleugbaren ewigen Allgemeinheit aufs sta&#x0364;rkste als nothwendige                         Richtschnur der Vernunft empfiehlt.) </p>
          <p>»Vom Werth der innern Empfindungen: die kalten Vernu&#x0364;nftler wa&#x0364;ren nicht im                         Stande die Mystiker zu beurtheilen, weil dies Erfahrungen wa&#x0364;ren, von denen                         sie sich keinen Begriff machen ko&#x0364;nnten.«</p>
          <p>(Nemlich die Unerfahrnen; denn die mit Grunde Erfahrnen ko&#x0364;nnen das wohl. Nur                         wirds wenige geben<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0052] zur ersten, reinen, guten und geraden Einfalt des Verstandes und Herzens oder des ganzen Menschen gebracht sehen moͤchten. Des geraden klaren Oswalds Appellation an den gemeinen Menschenverstand fuͤr die Religion moͤchte wohl so ein kleiner purgatorischer Ventilator fuͤr die Vernuͤnftler seyn. Was ist Schade, daß, wo der Vernunft etwa mit Tadel erwaͤhnt wird, es nur einer angemaßten und selbst nicht gar zu vernuͤnftigen Kunst gelten muß, nicht aber der wahren in der Welt unerkannten ewigen absolut lautern und billigen Vernunft? Zumal der Autor ewig unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft, wie ein Kant Verstand der Vernunft vorgehen laͤst, den lautern allgemeinen Wahrheitsverstand, den wahren, ewigen Grundverstand augenscheinlicher Gemeinwahrheiten, den lautern Verstand des zur Erfahrungsregel unumschraͤnkten Formeninbegriffs als wesentlichen Grund und ewigen Richtpunkt durchaus fuͤr uns angiebt, ja eben diesen Verstand in dieser unleugbaren ewigen Allgemeinheit aufs staͤrkste als nothwendige Richtschnur der Vernunft empfiehlt.) »Vom Werth der innern Empfindungen: die kalten Vernuͤnftler waͤren nicht im Stande die Mystiker zu beurtheilen, weil dies Erfahrungen waͤren, von denen sie sich keinen Begriff machen koͤnnten.« (Nemlich die Unerfahrnen; denn die mit Grunde Erfahrnen koͤnnen das wohl. Nur wirds wenige geben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/52
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/52>, abgerufen am 24.11.2024.