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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Oden.
alte Prosodia der Music auch im Teutschen
were/ so könte man Thöne und Wörter
ohne grossem Nachdencken verstehen. A-
ber ietzo muß die deutlichkeit des Carmi-
nis,
der undeutlichen Musick zu Hülffe
kommen. Es können alle Sachen sich
zu den Oden schicken/ Geistliche/ Sitt-
liche/ Liebreitzende/ Kriegrische und der-
gleichen mehr: da dann zum Theil auch
die Redensart sich nach der materie schi-
cken muß. Was die Geistlichen anlan-
get/ so sein bey den Griechen und Latei-
nern des vielfältigen Götzendienstes hal-
ber unterschiedliche Arten derselben gewe-
sen/ welche Franc. Patricius in seinem an-
dern Theil della poetica nach der länge
erzehlt. Das gemeine Wort/ damit sie
genennet worden ist Hymnus ein Lobge-
sang. Bey den alten ward die höheste
Redensart in denselben gebraucht/ im
Teutschen aber wird der Music und des
gemeinen Gebrauchs halber eine Maasse
hierin zu halten sein. Es sein aber die
Geistlichen Lieder nicht alle Hymni, son-

dern
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Oden.
alte Proſodia der Muſic auch im Teutſchen
were/ ſo koͤnte man Thoͤne und Woͤrter
ohne groſſem Nachdencken verſtehen. A-
ber ietzo muß die deutlichkeit des Carmi-
nis,
der undeutlichen Muſick zu Huͤlffe
kommen. Es koͤnnen alle Sachen ſich
zu den Oden ſchicken/ Geiſtliche/ Sitt-
liche/ Liebreitzende/ Kriegriſche und der-
gleichen mehr: da dann zum Theil auch
die Redensart ſich nach der materie ſchi-
cken muß. Was die Geiſtlichen anlan-
get/ ſo ſein bey den Griechen und Latei-
nern des vielfaͤltigen Goͤtzendienſtes hal-
ber unterſchiedliche Arten derſelben gewe-
ſen/ welche Franc. Patricius in ſeinem an-
dern Theil della poetica nach der laͤnge
erzehlt. Das gemeine Wort/ damit ſie
genennet worden iſt Hymnus ein Lobge-
ſang. Bey den alten ward die hoͤheſte
Redensart in denſelben gebraucht/ im
Teutſchen aber wird der Muſic und des
gemeinen Gebrauchs halber eine Maaſſe
hierin zu halten ſein. Es ſein aber die
Geiſtlichen Lieder nicht alle Hymni, ſon-

dern
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[711/0723] Oden. alte Proſodia der Muſic auch im Teutſchen were/ ſo koͤnte man Thoͤne und Woͤrter ohne groſſem Nachdencken verſtehen. A- ber ietzo muß die deutlichkeit des Carmi- nis, der undeutlichen Muſick zu Huͤlffe kommen. Es koͤnnen alle Sachen ſich zu den Oden ſchicken/ Geiſtliche/ Sitt- liche/ Liebreitzende/ Kriegriſche und der- gleichen mehr: da dann zum Theil auch die Redensart ſich nach der materie ſchi- cken muß. Was die Geiſtlichen anlan- get/ ſo ſein bey den Griechen und Latei- nern des vielfaͤltigen Goͤtzendienſtes hal- ber unterſchiedliche Arten derſelben gewe- ſen/ welche Franc. Patricius in ſeinem an- dern Theil della poetica nach der laͤnge erzehlt. Das gemeine Wort/ damit ſie genennet worden iſt Hymnus ein Lobge- ſang. Bey den alten ward die hoͤheſte Redensart in denſelben gebraucht/ im Teutſchen aber wird der Muſic und des gemeinen Gebrauchs halber eine Maaſſe hierin zu halten ſein. Es ſein aber die Geiſtlichen Lieder nicht alle Hymni, ſon- dern y y 4

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/723>, abgerufen am 22.11.2024.