Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Das XII. Cap. Von den Arten Es ist so gar schwer und unmüg-lich nicht/ wie er davor hält/ daß man gute Epigrammata im Teutschen/ auch ausserhalb der Madrigalen schreiben kan. Daß meiste hierin komt auff den Wollaut und das Urtheil der Ohren an. Auß diesem muß man schliessen/ ob man kurtze oder lange/ gereimte oder ungereimte Verse setzen soll. Weiln auch diese art zur Music erfunden/ angesehen in den Singespielen/ die fast durchgehende Ma- drigalen sein/ sie von den Musicis mit dem stylo reci ativo exprimirt wird/ so muß in allen Zeilen zum wenigsten ein halber/ oder auch gantzer sensus sein/ nachdem es die Music erfodert/ sonst würde es gar übel klingen. Wie man dieses auch noth- wendig in den Oden die gesungen wer- den in acht nehmen muß/ worinnen sich doch viele verstossen. Kempe und Stock- man haben gantze Bücher von Madriga- len geschrieben. Diese art des Carmi- nis kan nach belieben außgedehnet/ und in gewisse Santze eingetheilet werden. Herr
Das XII. Cap. Von den Arten Es iſt ſo gar ſchwer und unmuͤg-lich nicht/ wie er davor haͤlt/ daß man gute Epigrammata im Teutſchen/ auch auſſerhalb der Madrigalen ſchreiben kan. Daß meiſte hierin komt auff den Wollaut und das Urtheil der Ohren an. Auß dieſem muß man ſchlieſſen/ ob man kurtze oder lange/ gereimte oder ungereimte Verſe ſetzen ſoll. Weiln auch dieſe art zur Muſic erfunden/ angeſehen in den Singeſpielen/ die faſt durchgehende Ma- drigalen ſein/ ſie von den Muſicis mit dem ſtylo reci ativo exprimirt wird/ ſo muß in allen Zeilen zum wenigſten ein halber/ oder auch gantzer ſenſus ſein/ nachdem es die Muſic erfodert/ ſonſt wuͤrde es gar uͤbel klingen. Wie man dieſes auch noth- wendig in den Oden die geſungen wer- den in acht nehmen muß/ worinnen ſich doch viele verſtoſſen. Kempe und Stock- man haben gantze Buͤcher von Madriga- len geſchrieben. Dieſe art des Carmi- nis kan nach belieben außgedehnet/ und in gewiſſe Sātze eingetheilet werden. Herr
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Das XII. Cap. Von den Arten
Es iſt ſo gar ſchwer und unmuͤg-
lich nicht/ wie er davor haͤlt/ daß man
gute Epigrammata im Teutſchen/ auch
auſſerhalb der Madrigalen ſchreiben kan.
Daß meiſte hierin komt auff den Wollaut
und das Urtheil der Ohren an. Auß
dieſem muß man ſchlieſſen/ ob man kurtze
oder lange/ gereimte oder ungereimte
Verſe ſetzen ſoll. Weiln auch dieſe art
zur Muſic erfunden/ angeſehen in den
Singeſpielen/ die faſt durchgehende Ma-
drigalen ſein/ ſie von den Muſicis mit dem
ſtylo reci ativo exprimirt wird/ ſo muß
in allen Zeilen zum wenigſten ein halber/
oder auch gantzer ſenſus ſein/ nachdem
es die Muſic erfodert/ ſonſt wuͤrde es gar
uͤbel klingen. Wie man dieſes auch noth-
wendig in den Oden die geſungen wer-
den in acht nehmen muß/ worinnen ſich
doch viele verſtoſſen. Kempe und Stock-
man haben gantze Buͤcher von Madriga-
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nis kan nach belieben außgedehnet/ und
in gewiſſe Sātze eingetheilet werden.
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Zitationshilfe: | Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/658>, abgerufen am 25.07.2024. |