Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Das III. Cap. Griechisch und Lateinisch sche/ und alle deren Dialectos, woran ammeisten gelegen; Holländische/ Dannische/ Schwedische/ Norwegische/ etc. zum we- nigsten/ so weit verstehen/ daß ihm die Wörter derselben nicht unbekant. Kirche- rus in seinem Buch de Turri Babel. lib. 3. sect. 3. c. 4. macht die Holländische/ Englische und Westpfälische zu Töchter der Teut- schen/ und meint daß die Teutsche Sprache desto mehr verdorben sey/ je weiter sie gen Norden sich erstrecket/ worin er sehr ir- ret. Denn es ist das Gegenspiel wahr/ und seind die Stammwörter reiner und un- vermischter da zu finden. Es würde einer mit Verwunderung sehen/ wie eine Spra- che/ ein Dialectus dem andern zu hülffe kömt/ und wie viel Stammwörter in dem alten Sächsischen/ Cimbrischen/ Pom- merschen/ Westphälischen/ Mecklenbur- gischen etc. und insonderheit in der alten Gothischen stecken; davon nicht allein viel Wörter in der Hochteutschen unstrei- tig hergeleitet/ welches die Hochteutschen selbst nicht wissen; sondern eine so grosse Men-
Das III. Cap. Griechiſch und Lateiniſch ſche/ und alle deren Dialectos, woran ammeiſten gelegen; Hollaͤndiſche/ Dāniſche/ Schwediſche/ Norwegiſche/ etc. zum we- nigſten/ ſo weit verſtehen/ daß ihm die Woͤrter derſelben nicht unbekant. Kirche- rus in ſeinem Buch de Turri Babel. lib. 3. ſect. 3. c. 4. macht die Hollaͤndiſche/ Engliſche und Weſtpfaͤliſche zu Toͤchter der Teut- ſchen/ und meint daß die Teutſche Sprache deſto mehr verdorben ſey/ je weiter ſie gen Norden ſich erſtrecket/ worin er ſehr ir- ret. Denn es iſt das Gegenſpiel wahr/ und ſeind die Stam̄woͤrter reiner und un- vermiſchter da zu finden. Es würde einer mit Verwunderung ſehen/ wie eine Spra- che/ ein Dialectus dem andern zu huͤlffe koͤmt/ und wie viel Stammwoͤrter in dem alten Saͤchſiſchen/ Cimbriſchen/ Pom- merſchen/ Weſtphaͤliſchen/ Mecklenbur- giſchen etc. und inſonderheit in der alten Gothiſchen ſtecken; davon nicht allein viel Woͤrter in der Hochteutſchen unſtrei- tig hergeleitet/ welches die Hochteutſchen ſelbſt nicht wiſſen; ſondern eine ſo groſſe Men-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0062" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">III.</hi> Cap. Griechiſch und Lateiniſch</hi></fw><lb/> ſche/ und alle deren <hi rendition="#aq">Dialectos,</hi> woran am<lb/> meiſten gelegen; Hollaͤndiſche/ Dāniſche/<lb/> Schwediſche/ Norwegiſche/ etc. zum we-<lb/> nigſten/ ſo weit verſtehen/ daß ihm die<lb/> Woͤrter derſelben nicht unbekant. <hi rendition="#aq">Kirche-<lb/> rus</hi> in ſeinem Buch <hi rendition="#aq">de Turri Babel. lib. 3. ſect.<lb/> 3. c.</hi> 4. macht die Hollaͤndiſche/ Engliſche<lb/> und Weſtpfaͤliſche zu Toͤchter der Teut-<lb/> ſchen/ und meint daß die Teutſche Sprache<lb/> deſto mehr verdorben ſey/ je weiter ſie gen<lb/> Norden ſich erſtrecket/ worin er ſehr ir-<lb/> ret. Denn es iſt das Gegenſpiel wahr/<lb/> und ſeind die Stam̄woͤrter reiner und un-<lb/> vermiſchter da zu finden. Es würde einer<lb/> mit Verwunderung ſehen/ wie eine Spra-<lb/> che/ ein <hi rendition="#aq">Dialectus</hi> dem andern zu huͤlffe<lb/> koͤmt/ und wie viel Stammwoͤrter in dem<lb/> alten Saͤchſiſchen/ Cimbriſchen/ Pom-<lb/> merſchen/ Weſtphaͤliſchen/ Mecklenbur-<lb/> giſchen etc. und inſonderheit in der alten<lb/> Gothiſchen ſtecken; davon nicht allein<lb/> viel Woͤrter in der Hochteutſchen unſtrei-<lb/> tig hergeleitet/ welches die Hochteutſchen<lb/> ſelbſt nicht wiſſen; ſondern eine ſo groſſe<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Men-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0062]
Das III. Cap. Griechiſch und Lateiniſch
ſche/ und alle deren Dialectos, woran am
meiſten gelegen; Hollaͤndiſche/ Dāniſche/
Schwediſche/ Norwegiſche/ etc. zum we-
nigſten/ ſo weit verſtehen/ daß ihm die
Woͤrter derſelben nicht unbekant. Kirche-
rus in ſeinem Buch de Turri Babel. lib. 3. ſect.
3. c. 4. macht die Hollaͤndiſche/ Engliſche
und Weſtpfaͤliſche zu Toͤchter der Teut-
ſchen/ und meint daß die Teutſche Sprache
deſto mehr verdorben ſey/ je weiter ſie gen
Norden ſich erſtrecket/ worin er ſehr ir-
ret. Denn es iſt das Gegenſpiel wahr/
und ſeind die Stam̄woͤrter reiner und un-
vermiſchter da zu finden. Es würde einer
mit Verwunderung ſehen/ wie eine Spra-
che/ ein Dialectus dem andern zu huͤlffe
koͤmt/ und wie viel Stammwoͤrter in dem
alten Saͤchſiſchen/ Cimbriſchen/ Pom-
merſchen/ Weſtphaͤliſchen/ Mecklenbur-
giſchen etc. und inſonderheit in der alten
Gothiſchen ſtecken; davon nicht allein
viel Woͤrter in der Hochteutſchen unſtrei-
tig hergeleitet/ welches die Hochteutſchen
ſelbſt nicht wiſſen; ſondern eine ſo groſſe
Men-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/62 |
Zitationshilfe: | Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/62>, abgerufen am 16.02.2025. |