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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Poeterey.
gelesen werden. Wer solte meinen daß
unter den Lappen sich auch ein Poetisch
Feur bey Liebessachen regen solte? Es
hat der Herr Scheffer in seiner Lapponia
cap.
25. einige ihre Liebeslieder angefüh-
ret/ die sie Morse faurog nennen. Es ist
aber kein gewisses Gebände/ noch abge-
meßne Zahl der Sylben. Ein Verß ist
lang der ander ist kurtz haben bißweilen
gleichsylbige Reime/ bißweilen gar kei-
ne. Sie richten ihnen selbst nach ihrem
belieben den Gesang ein. Wann ich die
Einfälle derselben betrachte/ so sein sie
warlich nicht ohne Geist/ wie dann das
eine/ so der Herr Scheffer daselbst bey-
bringet recht sinnreich ist. Es ist ein Ge-
sang eines der von seiner Liebsten weit
entfernet und nicht zu ihr kommen kan.
Wir wollen es verteutschet hieher setzen/

Laß/ Sonne/ deinen Schein vorhin nach Orra gehen/
O könt ich diesen Ort von ferne nur ersehen;
Ich klimmte Hügel an und deren höchsten Baum/
Und machte mir dazu durch Laub und Zweige Raum/
Zu sehen/ wo mein Lieb in Blumen geht spatziren/
Ich liesse mich dahin von Wind und Wolcken führen/
Ich

Poeterey.
geleſen werden. Wer ſolte meinen daß
unter den Lappen ſich auch ein Poetiſch
Feur bey Liebesſachen regen ſolte? Es
hat der Herr Scheffer in ſeiner Lapponia
cap.
25. einige ihre Liebeslieder angefuͤh-
ret/ die ſie Morſe faurog nennen. Es iſt
aber kein gewiſſes Gebaͤnde/ noch abge-
meßne Zahl der Sylben. Ein Verß iſt
lang der ander iſt kurtz haben bißweilen
gleichſylbige Reime/ bißweilen gar kei-
ne. Sie richten ihnen ſelbſt nach ihrem
belieben den Geſang ein. Wann ich die
Einfaͤlle derſelben betrachte/ ſo ſein ſie
warlich nicht ohne Geiſt/ wie dann das
eine/ ſo der Herr Scheffer daſelbſt bey-
bringet recht ſinnreich iſt. Es iſt ein Ge-
ſang eines der von ſeiner Liebſten weit
entfernet und nicht zu ihr kommen kan.
Wir wollen es verteutſchet hieher ſetzen/

Laß/ Soñe/ deinen Schein vorhin nach Orra gehen/
O koͤnt ich dieſen Ort von ferne nur erſehen;
Ich klim̃te Huͤgel an und deren hoͤchſten Baum/
Und machte miꝛ dazu duꝛch Laub uñ Zweige Raum/
Zu ſehen/ wo mein Lieb in Blumen geht ſpatziren/
Ich lieſſe mich dahin von Wind uñ Wolcken fuͤhꝛẽ/
Ich
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[415/0427] Poeterey. geleſen werden. Wer ſolte meinen daß unter den Lappen ſich auch ein Poetiſch Feur bey Liebesſachen regen ſolte? Es hat der Herr Scheffer in ſeiner Lapponia cap. 25. einige ihre Liebeslieder angefuͤh- ret/ die ſie Morſe faurog nennen. Es iſt aber kein gewiſſes Gebaͤnde/ noch abge- meßne Zahl der Sylben. Ein Verß iſt lang der ander iſt kurtz haben bißweilen gleichſylbige Reime/ bißweilen gar kei- ne. Sie richten ihnen ſelbſt nach ihrem belieben den Geſang ein. Wann ich die Einfaͤlle derſelben betrachte/ ſo ſein ſie warlich nicht ohne Geiſt/ wie dann das eine/ ſo der Herr Scheffer daſelbſt bey- bringet recht ſinnreich iſt. Es iſt ein Ge- ſang eines der von ſeiner Liebſten weit entfernet und nicht zu ihr kommen kan. Wir wollen es verteutſchet hieher ſetzen/ Laß/ Soñe/ deinen Schein vorhin nach Orra gehen/ O koͤnt ich dieſen Ort von ferne nur erſehen; Ich klim̃te Huͤgel an und deren hoͤchſten Baum/ Und machte miꝛ dazu duꝛch Laub uñ Zweige Raum/ Zu ſehen/ wo mein Lieb in Blumen geht ſpatziren/ Ich lieſſe mich dahin von Wind uñ Wolcken fuͤhꝛẽ/ Ich

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/427>, abgerufen am 24.11.2024.