Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

An den geneigten Leser.
ein übermüthiges Vorurtheil so lange bey sei-
te zu setzen/ und zu keinem Endurthel zu schrei-
ten/ ehe sie alles gelesen und wol betrachtet
haben. Ferner muß ich auch noch einige von
mir geführte Umschweiffe entschüldigen/ die
wie ich vermuthe/ dem Leser nicht unan-
genehm sein werden. Die Schreibart/ deren
ich mich allhie gebraucht/ ist also beschaffen/
daß ich mich lieber einen Lehrer als Redner er-
weisen wollen/ zu welchem Ende ich auch die
üblichen Kunstwörter behalten. Dann ob
es zwar mir nicht an Fähigkeit gefehlet/ ein
Teutsches Wort nach anleitung des Griechi-
schen und Lateinischen zu erdencken/ so dauchte
es mir eine ungereimte Sache zu sein/ also
zu schreiben/ daß man über seine eigene
Wörter Anmerckungen zu machen von nö-
then habe. Ich habe mich auch einiger Fran-
tzosischen und Lateinischen Wörter/ da es der
Nachdruck erfodert/ nicht enthalten/ der erleuch-
teten Criticorum Urtheil nicht scheuend/ die
das Laster der beleidigten Majestät/ und den
Gebrauch eines Außländischen Wortes gleiche
straffbar halten. Die Ohrter aus den fremb-
den Autoribus habe ich offtmahlen gantz her-
gesetzet/ weil sie in ihren Sprachen besser lau-
ten/ als wann sie übersetzet sein/ und ich auch

die

An den geneigten Leſer.
ein uͤbermuͤthiges Vorurtheil ſo lange bey ſei-
te zu ſetzen/ und zu keinem Endurthel zu ſchrei-
ten/ ehe ſie alles geleſen und wol betrachtet
haben. Ferner muß ich auch noch einige von
mir gefuͤhrte Umſchweiffe entſchuͤldigen/ die
wie ich vermuthe/ dem Leſer nicht unan-
genehm ſein werden. Die Schreibart/ deren
ich mich allhie gebraucht/ iſt alſo beſchaffen/
daß ich mich lieber einen Lehrer als Redner er-
weiſen wollen/ zu welchem Ende ich auch die
uͤblichen Kunſtwoͤrter behalten. Dann ob
es zwar mir nicht an Faͤhigkeit gefehlet/ ein
Teutſches Wort nach anleitung des Griechi-
ſchen und Lateiniſchen zu erdencken/ ſo dauchte
es mir eine ungereimte Sache zu ſein/ alſo
zu ſchreiben/ daß man uͤber ſeine eigene
Woͤrter Anmerckungen zu machen von noͤ-
then habe. Ich habe mich auch einiger Fran-
tzoſiſchen und Lateiniſchen Woͤrter/ da es der
Nachdruck erfodert/ nicht enthaltē/ der erleuch-
teten Criticorum Urtheil nicht ſcheuend/ die
das Laſter der beleidigten Majeſtaͤt/ und den
Gebrauch eines Außlaͤndiſchen Wortes gleiche
ſtraffbar halten. Die Ohrter aus den fremb-
den Autoribus habe ich offtmahlen gantz her-
geſetzet/ weil ſie in ihren Sprachen beſſer lau-
ten/ als wann ſie uͤberſetzet ſein/ und ich auch

die
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0011"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">An den geneigten Le&#x017F;er.</hi></fw><lb/>
ein u&#x0364;bermu&#x0364;thiges Vorurtheil &#x017F;o lange bey &#x017F;ei-<lb/>
te zu &#x017F;etzen/ und zu keinem Endurthel zu &#x017F;chrei-<lb/>
ten/ ehe &#x017F;ie alles gele&#x017F;en und wol betrachtet<lb/>
haben. Ferner muß ich auch noch einige von<lb/>
mir gefu&#x0364;hrte Um&#x017F;chweiffe ent&#x017F;chu&#x0364;ldigen/ die<lb/>
wie ich vermuthe/ dem Le&#x017F;er nicht unan-<lb/>
genehm &#x017F;ein werden. Die Schreibart/ deren<lb/>
ich mich allhie gebraucht/ i&#x017F;t al&#x017F;o be&#x017F;chaffen/<lb/>
daß ich mich lieber einen Lehrer als Redner er-<lb/>
wei&#x017F;en wollen/ zu welchem Ende ich auch die<lb/>
u&#x0364;blichen Kun&#x017F;two&#x0364;rter behalten. Dann ob<lb/>
es zwar mir nicht an Fa&#x0364;higkeit gefehlet/ ein<lb/>
Teut&#x017F;ches Wort nach anleitung des Griechi-<lb/>
&#x017F;chen und Lateini&#x017F;chen zu erdencken/ &#x017F;o dauchte<lb/>
es mir eine ungereimte Sache zu &#x017F;ein/ al&#x017F;o<lb/>
zu &#x017F;chreiben/ daß man u&#x0364;ber &#x017F;eine eigene<lb/>
Wo&#x0364;rter Anmerckungen zu machen von no&#x0364;-<lb/>
then habe. Ich habe mich auch einiger Fran-<lb/>
tzo&#x017F;i&#x017F;chen und Lateini&#x017F;chen Wo&#x0364;rter/ da es der<lb/>
Nachdruck erfodert/ nicht enthalte&#x0304;/ der erleuch-<lb/>
teten <hi rendition="#aq">Criticorum</hi> Urtheil nicht &#x017F;cheuend/ die<lb/>
das La&#x017F;ter der beleidigten Maje&#x017F;ta&#x0364;t/ und den<lb/>
Gebrauch eines Außla&#x0364;ndi&#x017F;chen Wortes gleiche<lb/>
&#x017F;traffbar halten. Die Ohrter aus den fremb-<lb/>
den <hi rendition="#aq">Autoribus</hi> habe ich offtmahlen gantz her-<lb/>
ge&#x017F;etzet/ weil &#x017F;ie in ihren Sprachen be&#x017F;&#x017F;er lau-<lb/>
ten/ als wann &#x017F;ie u&#x0364;ber&#x017F;etzet &#x017F;ein/ und ich auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0011] An den geneigten Leſer. ein uͤbermuͤthiges Vorurtheil ſo lange bey ſei- te zu ſetzen/ und zu keinem Endurthel zu ſchrei- ten/ ehe ſie alles geleſen und wol betrachtet haben. Ferner muß ich auch noch einige von mir gefuͤhrte Umſchweiffe entſchuͤldigen/ die wie ich vermuthe/ dem Leſer nicht unan- genehm ſein werden. Die Schreibart/ deren ich mich allhie gebraucht/ iſt alſo beſchaffen/ daß ich mich lieber einen Lehrer als Redner er- weiſen wollen/ zu welchem Ende ich auch die uͤblichen Kunſtwoͤrter behalten. Dann ob es zwar mir nicht an Faͤhigkeit gefehlet/ ein Teutſches Wort nach anleitung des Griechi- ſchen und Lateiniſchen zu erdencken/ ſo dauchte es mir eine ungereimte Sache zu ſein/ alſo zu ſchreiben/ daß man uͤber ſeine eigene Woͤrter Anmerckungen zu machen von noͤ- then habe. Ich habe mich auch einiger Fran- tzoſiſchen und Lateiniſchen Woͤrter/ da es der Nachdruck erfodert/ nicht enthaltē/ der erleuch- teten Criticorum Urtheil nicht ſcheuend/ die das Laſter der beleidigten Majeſtaͤt/ und den Gebrauch eines Außlaͤndiſchen Wortes gleiche ſtraffbar halten. Die Ohrter aus den fremb- den Autoribus habe ich offtmahlen gantz her- geſetzet/ weil ſie in ihren Sprachen beſſer lau- ten/ als wann ſie uͤberſetzet ſein/ und ich auch die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/11
Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/11>, abgerufen am 24.11.2024.