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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL II.

Schon die Sendung des Appius Claudius hatte neben der
Aufgabe den Krieg diplomatisch zu motiviren den Zweck gehabt
die Fürsten und Städte zunächst Syriens gegen den Grosskönig
unter die Waffen zu bringen; im Frühling 685 begann der förm-
liche Angriff. Während des Winters hatte der König von Kappa-
dokien im Stillen für Transportschiffe gesorgt; auf diesen ward
der Euphrat überschritten und der Marsch durch die Landschaft
Sophene gerades Weges, ohne mit Belagerung der kleineren Ort-
schaften Zeit zu verlieren, gerichtet auf Tigranokerta, wohin kurz
zuvor auch der Grosskönig aus Syrien zurückgekehrt war, nach-
dem er die Verfolgung seiner Eroberungspläne am Mittelmeer
wegen der Verwickelung mit den Römern vorläufig vertagt hatte.
Eben entwarf er einen Einfall in das römische Kleinasien von Kili-
kien und Lykaonien aus und überlegte bei sich, ob die Römer Asien
sofort räumen oder vorher noch, etwa bei Ephesos, sich ihm zur
Schlacht stellen würden, als ihn der Bote mit der Nachricht von
dem Anmarsche Luculls unterbrach. Er liess ihn aufknüpfen, aber
lange liess die lästige Wirklichkeit sich nicht verkennen; wo er
denn seine Hauptstadt verliess und sich in das innere Armenien
begab, um dort, was bis jetzt nicht geschehen war, gegen die
Römer zu rüsten. Inzwischen sollte Mithrobarzanes mit den eben
zur Verfügung stehenden Truppen in Verbindung mit den schleu-
nigst aufgebotenen benachbarten Beduinenstämmen die Römer
beschäftigten. Allein das Corps des Mithrobarzanes ward schon
von dem römischen Vortrab, die Araber von einem Detachement
unter Sextilius zersprengt; und während die sich in den nord-
östlich von Tigranokerta gelegenen Bergen (um Bitlis) sam-
melnde armenische Hauptmacht durch eine vorgeschobene rö-
mische Abtheilung in einer wohlgewählten Stellung unter glück-
lichen Gefechten aufgehalten ward, betrieb Lucullus eifrig die Be-
lagerung von Tigranokerta. Der nie versiegende Pfeilregen, mit
dem die Besatzung das römische Heer überschüttete, und die
Anzündung der Belagerungsmaschinen durch Naphtha weihten
hier die Römer ein in die neuen Gefahren der iranischen Kriege
und der tapfere Commandant Mankaeos behauptete die Stadt, bis
endlich die grosse königliche Entsatzarmee aus allen Theilen des
weiten Reiches und den angrenzenden den armenischen Werbern
offenstehenden Landschaften versammelt und durch die nordöst-
lichen Pässe zum Entsatz der Hauptstadt herangerückt war. Der
in den Kriegen Mithradats erprobte Führer Taxiles rieth die
Schlacht zu vermeiden und die kleine römische Schaar durch die
Reiterei zu umstellen und auszuhungern. Allein als der König

FÜNFTES BUCH. KAPITEL II.

Schon die Sendung des Appius Claudius hatte neben der
Aufgabe den Krieg diplomatisch zu motiviren den Zweck gehabt
die Fürsten und Städte zunächst Syriens gegen den Groſskönig
unter die Waffen zu bringen; im Frühling 685 begann der förm-
liche Angriff. Während des Winters hatte der König von Kappa-
dokien im Stillen für Transportschiffe gesorgt; auf diesen ward
der Euphrat überschritten und der Marsch durch die Landschaft
Sophene gerades Weges, ohne mit Belagerung der kleineren Ort-
schaften Zeit zu verlieren, gerichtet auf Tigranokerta, wohin kurz
zuvor auch der Groſskönig aus Syrien zurückgekehrt war, nach-
dem er die Verfolgung seiner Eroberungspläne am Mittelmeer
wegen der Verwickelung mit den Römern vorläufig vertagt hatte.
Eben entwarf er einen Einfall in das römische Kleinasien von Kili-
kien und Lykaonien aus und überlegte bei sich, ob die Römer Asien
sofort räumen oder vorher noch, etwa bei Ephesos, sich ihm zur
Schlacht stellen würden, als ihn der Bote mit der Nachricht von
dem Anmarsche Luculls unterbrach. Er lieſs ihn aufknüpfen, aber
lange lieſs die lästige Wirklichkeit sich nicht verkennen; wo er
denn seine Hauptstadt verlieſs und sich in das innere Armenien
begab, um dort, was bis jetzt nicht geschehen war, gegen die
Römer zu rüsten. Inzwischen sollte Mithrobarzanes mit den eben
zur Verfügung stehenden Truppen in Verbindung mit den schleu-
nigst aufgebotenen benachbarten Beduinenstämmen die Römer
beschäftigten. Allein das Corps des Mithrobarzanes ward schon
von dem römischen Vortrab, die Araber von einem Detachement
unter Sextilius zersprengt; und während die sich in den nord-
östlich von Tigranokerta gelegenen Bergen (um Bitlis) sam-
melnde armenische Hauptmacht durch eine vorgeschobene rö-
mische Abtheilung in einer wohlgewählten Stellung unter glück-
lichen Gefechten aufgehalten ward, betrieb Lucullus eifrig die Be-
lagerung von Tigranokerta. Der nie versiegende Pfeilregen, mit
dem die Besatzung das römische Heer überschüttete, und die
Anzündung der Belagerungsmaschinen durch Naphtha weihten
hier die Römer ein in die neuen Gefahren der iranischen Kriege
und der tapfere Commandant Mankaeos behauptete die Stadt, bis
endlich die groſse königliche Entsatzarmee aus allen Theilen des
weiten Reiches und den angrenzenden den armenischen Werbern
offenstehenden Landschaften versammelt und durch die nordöst-
lichen Pässe zum Entsatz der Hauptstadt herangerückt war. Der
in den Kriegen Mithradats erprobte Führer Taxiles rieth die
Schlacht zu vermeiden und die kleine römische Schaar durch die
Reiterei zu umstellen und auszuhungern. Allein als der König

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[60/0070] FÜNFTES BUCH. KAPITEL II. Schon die Sendung des Appius Claudius hatte neben der Aufgabe den Krieg diplomatisch zu motiviren den Zweck gehabt die Fürsten und Städte zunächst Syriens gegen den Groſskönig unter die Waffen zu bringen; im Frühling 685 begann der förm- liche Angriff. Während des Winters hatte der König von Kappa- dokien im Stillen für Transportschiffe gesorgt; auf diesen ward der Euphrat überschritten und der Marsch durch die Landschaft Sophene gerades Weges, ohne mit Belagerung der kleineren Ort- schaften Zeit zu verlieren, gerichtet auf Tigranokerta, wohin kurz zuvor auch der Groſskönig aus Syrien zurückgekehrt war, nach- dem er die Verfolgung seiner Eroberungspläne am Mittelmeer wegen der Verwickelung mit den Römern vorläufig vertagt hatte. Eben entwarf er einen Einfall in das römische Kleinasien von Kili- kien und Lykaonien aus und überlegte bei sich, ob die Römer Asien sofort räumen oder vorher noch, etwa bei Ephesos, sich ihm zur Schlacht stellen würden, als ihn der Bote mit der Nachricht von dem Anmarsche Luculls unterbrach. Er lieſs ihn aufknüpfen, aber lange lieſs die lästige Wirklichkeit sich nicht verkennen; wo er denn seine Hauptstadt verlieſs und sich in das innere Armenien begab, um dort, was bis jetzt nicht geschehen war, gegen die Römer zu rüsten. Inzwischen sollte Mithrobarzanes mit den eben zur Verfügung stehenden Truppen in Verbindung mit den schleu- nigst aufgebotenen benachbarten Beduinenstämmen die Römer beschäftigten. Allein das Corps des Mithrobarzanes ward schon von dem römischen Vortrab, die Araber von einem Detachement unter Sextilius zersprengt; und während die sich in den nord- östlich von Tigranokerta gelegenen Bergen (um Bitlis) sam- melnde armenische Hauptmacht durch eine vorgeschobene rö- mische Abtheilung in einer wohlgewählten Stellung unter glück- lichen Gefechten aufgehalten ward, betrieb Lucullus eifrig die Be- lagerung von Tigranokerta. Der nie versiegende Pfeilregen, mit dem die Besatzung das römische Heer überschüttete, und die Anzündung der Belagerungsmaschinen durch Naphtha weihten hier die Römer ein in die neuen Gefahren der iranischen Kriege und der tapfere Commandant Mankaeos behauptete die Stadt, bis endlich die groſse königliche Entsatzarmee aus allen Theilen des weiten Reiches und den angrenzenden den armenischen Werbern offenstehenden Landschaften versammelt und durch die nordöst- lichen Pässe zum Entsatz der Hauptstadt herangerückt war. Der in den Kriegen Mithradats erprobte Führer Taxiles rieth die Schlacht zu vermeiden und die kleine römische Schaar durch die Reiterei zu umstellen und auszuhungern. Allein als der König

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/70>, abgerufen am 24.11.2024.