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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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LITTERATUR.
Verfasser dieser Rechtfertigungsschrift schreibt, wie er auch selber
sagt, durchaus als Offizier und vermeidet es sorgfältig die militä-
rische Berichterstattung auf die bedenklichen Gebiete der poli-
tischen Organisation und Administration zu erstrecken. Seine in
der Form eines Militärberichts entworfene Gelegenheits- und
Parteischrift ist wohl selber ein Stück Geschichte wie die Bülle-
tins Napoleons, aber ein Geschichtswerk im rechten Sinne des
Wortes ist es nicht und soll es nicht sein; die Objectivität der
Darstellung ist nicht die historische, sondern die des Beamten.
Allein in dieser bescheidenen Gattung ist die Arbeit meisterlich
und vollendet wie keine andere in der gesammten römischen Lit-
teratur. Die Darstellung ist immer knapp und nie karg, immer
schlicht und nie nachlässig, immer von durchsichtiger Leben-
digkeit und nie gespannt oder manierirt. Die Sprache ist voll-
kommen rein von Archaismen wie von Vulgarismen, der Typus
der modernen Urbanität. Den Büchern vom Bürgerkrieg meint
man es anzufühlen, dass der Verfasser den Krieg hatte vermeiden
wollen und nicht vermeiden können, vielleicht auch, dass in Cae-
sars Seele wie in jeder anderen die Zeit der Hoffnung eine reinere
und frischere war als die der Erfüllung; aber über die Schrift
vom gallischen Krieg ist eine helle Heiterkeit, eine einfache An-
muth ausgegossen, welche nicht minder einzig in der Litteratur
dastehen wie Caesar in der Geschichte. -- Verwandter Art sind
die Briefwechsel von Staatsmännern und Litteraten dieser Zeit,
die in der folgenden Epoche mit Sorgfalt gesammelt und veröf-
fentlicht wurden: so die Correspondenz von Caesar selbst, von
Cicero, Calvus und Andern. Den eigentlich litterarischen Lei-
stungen können sie noch weniger beigezählt werden; aber für die

ihres Verhaltens und desjenigen der Haeduer in dem Kriege gegen Vercin-
getorix gleiches Recht mit ihren bisherigen Herren erhielten. Andrerseits
wird, wer die Geschichte der Zeit aufmerksam verfolgt, in der Aeusserung
über die milonische Krise 7, 6 den Beweis finden, dass die Schrift vor dem
Ausbruch des Bürgerkrieges publicirt ward; nicht weil Pompeius hier gelobt
wird, sondern weil Caesar daselbst die Exceptionalgesetze vom J. 702
(S. 308) billigt. Dies konnte und musste er thun, so lange er ein friedliches
Abkommen mit Pompeius herbeizuführen suchte (S. 331), nicht aber nach dem
Bruch, wo er die auf Grund jener für Caesar verletzenden Gesetze erfolgten
Verurtheilungen umstiess (S. 436). Darum ist die Veröffentlichung dieser
Schrift mit vollem Recht in das J. 703 gesetzt worden. -- Die Tendenz der
Schrift erkennt man am deutlichsten in der beständigen, oft, am entschie-
densten wohl bei der aquitanischen Expedition 3, 11, nicht glücklichen Mo-
tivirung jedes einzelnen Kriegsacts als einer unvermeidlichen Defensiv-
massregel. Dass die Gegner Caesars Angriffe auf die Kelten und Deutschen
vor allem als unprovocirt tadelten, ist bekannt (Sueton Caes. 24).

LITTERATUR.
Verfasser dieser Rechtfertigungsschrift schreibt, wie er auch selber
sagt, durchaus als Offizier und vermeidet es sorgfältig die militä-
rische Berichterstattung auf die bedenklichen Gebiete der poli-
tischen Organisation und Administration zu erstrecken. Seine in
der Form eines Militärberichts entworfene Gelegenheits- und
Parteischrift ist wohl selber ein Stück Geschichte wie die Bülle-
tins Napoleons, aber ein Geschichtswerk im rechten Sinne des
Wortes ist es nicht und soll es nicht sein; die Objectivität der
Darstellung ist nicht die historische, sondern die des Beamten.
Allein in dieser bescheidenen Gattung ist die Arbeit meisterlich
und vollendet wie keine andere in der gesammten römischen Lit-
teratur. Die Darstellung ist immer knapp und nie karg, immer
schlicht und nie nachlässig, immer von durchsichtiger Leben-
digkeit und nie gespannt oder manierirt. Die Sprache ist voll-
kommen rein von Archaismen wie von Vulgarismen, der Typus
der modernen Urbanität. Den Büchern vom Bürgerkrieg meint
man es anzufühlen, daſs der Verfasser den Krieg hatte vermeiden
wollen und nicht vermeiden können, vielleicht auch, daſs in Cae-
sars Seele wie in jeder anderen die Zeit der Hoffnung eine reinere
und frischere war als die der Erfüllung; aber über die Schrift
vom gallischen Krieg ist eine helle Heiterkeit, eine einfache An-
muth ausgegossen, welche nicht minder einzig in der Litteratur
dastehen wie Caesar in der Geschichte. — Verwandter Art sind
die Briefwechsel von Staatsmännern und Litteraten dieser Zeit,
die in der folgenden Epoche mit Sorgfalt gesammelt und veröf-
fentlicht wurden: so die Correspondenz von Caesar selbst, von
Cicero, Calvus und Andern. Den eigentlich litterarischen Lei-
stungen können sie noch weniger beigezählt werden; aber für die

ihres Verhaltens und desjenigen der Haeduer in dem Kriege gegen Vercin-
getorix gleiches Recht mit ihren bisherigen Herren erhielten. Andrerseits
wird, wer die Geschichte der Zeit aufmerksam verfolgt, in der Aeuſserung
über die milonische Krise 7, 6 den Beweis finden, daſs die Schrift vor dem
Ausbruch des Bürgerkrieges publicirt ward; nicht weil Pompeius hier gelobt
wird, sondern weil Caesar daselbst die Exceptionalgesetze vom J. 702
(S. 308) billigt. Dies konnte und muſste er thun, so lange er ein friedliches
Abkommen mit Pompeius herbeizuführen suchte (S. 331), nicht aber nach dem
Bruch, wo er die auf Grund jener für Caesar verletzenden Gesetze erfolgten
Verurtheilungen umstieſs (S. 436). Darum ist die Veröffentlichung dieser
Schrift mit vollem Recht in das J. 703 gesetzt worden. — Die Tendenz der
Schrift erkennt man am deutlichsten in der beständigen, oft, am entschie-
densten wohl bei der aquitanischen Expedition 3, 11, nicht glücklichen Mo-
tivirung jedes einzelnen Kriegsacts als einer unvermeidlichen Defensiv-
maſsregel. Daſs die Gegner Caesars Angriffe auf die Kelten und Deutschen
vor allem als unprovocirt tadelten, ist bekannt (Sueton Caes. 24).
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[569/0579] LITTERATUR. Verfasser dieser Rechtfertigungsschrift schreibt, wie er auch selber sagt, durchaus als Offizier und vermeidet es sorgfältig die militä- rische Berichterstattung auf die bedenklichen Gebiete der poli- tischen Organisation und Administration zu erstrecken. Seine in der Form eines Militärberichts entworfene Gelegenheits- und Parteischrift ist wohl selber ein Stück Geschichte wie die Bülle- tins Napoleons, aber ein Geschichtswerk im rechten Sinne des Wortes ist es nicht und soll es nicht sein; die Objectivität der Darstellung ist nicht die historische, sondern die des Beamten. Allein in dieser bescheidenen Gattung ist die Arbeit meisterlich und vollendet wie keine andere in der gesammten römischen Lit- teratur. Die Darstellung ist immer knapp und nie karg, immer schlicht und nie nachlässig, immer von durchsichtiger Leben- digkeit und nie gespannt oder manierirt. Die Sprache ist voll- kommen rein von Archaismen wie von Vulgarismen, der Typus der modernen Urbanität. Den Büchern vom Bürgerkrieg meint man es anzufühlen, daſs der Verfasser den Krieg hatte vermeiden wollen und nicht vermeiden können, vielleicht auch, daſs in Cae- sars Seele wie in jeder anderen die Zeit der Hoffnung eine reinere und frischere war als die der Erfüllung; aber über die Schrift vom gallischen Krieg ist eine helle Heiterkeit, eine einfache An- muth ausgegossen, welche nicht minder einzig in der Litteratur dastehen wie Caesar in der Geschichte. — Verwandter Art sind die Briefwechsel von Staatsmännern und Litteraten dieser Zeit, die in der folgenden Epoche mit Sorgfalt gesammelt und veröf- fentlicht wurden: so die Correspondenz von Caesar selbst, von Cicero, Calvus und Andern. Den eigentlich litterarischen Lei- stungen können sie noch weniger beigezählt werden; aber für die * * ihres Verhaltens und desjenigen der Haeduer in dem Kriege gegen Vercin- getorix gleiches Recht mit ihren bisherigen Herren erhielten. Andrerseits wird, wer die Geschichte der Zeit aufmerksam verfolgt, in der Aeuſserung über die milonische Krise 7, 6 den Beweis finden, daſs die Schrift vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges publicirt ward; nicht weil Pompeius hier gelobt wird, sondern weil Caesar daselbst die Exceptionalgesetze vom J. 702 (S. 308) billigt. Dies konnte und muſste er thun, so lange er ein friedliches Abkommen mit Pompeius herbeizuführen suchte (S. 331), nicht aber nach dem Bruch, wo er die auf Grund jener für Caesar verletzenden Gesetze erfolgten Verurtheilungen umstieſs (S. 436). Darum ist die Veröffentlichung dieser Schrift mit vollem Recht in das J. 703 gesetzt worden. — Die Tendenz der Schrift erkennt man am deutlichsten in der beständigen, oft, am entschie- densten wohl bei der aquitanischen Expedition 3, 11, nicht glücklichen Mo- tivirung jedes einzelnen Kriegsacts als einer unvermeidlichen Defensiv- maſsregel. Daſs die Gegner Caesars Angriffe auf die Kelten und Deutschen vor allem als unprovocirt tadelten, ist bekannt (Sueton Caes. 24).

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/579>, abgerufen am 28.11.2024.