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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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REPUBLIK UND MONARCHIE.
bild am Rathhaus bei der Herstellung desselben an dem früheren
ausgezeichneten Platze wiederum errichten liess. Schwieriger
war es die Grundsätze festzustellen, nach denen über diejenigen,
die im letzten Bürgerkrieg gegen Caesar Partei ergriffen hatten
und durch den Sieg in seine Gewalt gegeben waren, entschieden
werden sollte. Vor allen Dingen fand keine Untersuchung statt
über die vielfachen Verbindungen, die die Verfassungspartei auch
unter den nominellen Caesarianern gehabt hatte; Caesar warf die
in den feindlichen Hauptquartieren von Pharsalos und Thapsus
vorgefundenen Papierstösse ungelesen ins Feuer und verschonte
sich und das Land mit politischen Prozessen gegen des Hoch-
verraths verdächtige Individuen. Ferner gingen straffrei aus alle
Gemeinen, die ihren römischen oder provinzialen Offizieren in
den Kampf gegen Caesar gefolgt waren. Eine Ausnahme ward
nur gemacht mit denjenigen römischen Bürgern, die in dem
Heere des numidischen Königs Juba Dienste genommen hatten;
ihnen wurde zur Strafe das Vermögen eingezogen. Auch den
Offizieren der besiegten Partei hatte Caesar bis zum Ausgang des
spanischen Feldzugs 705 uneingeschränkte Begnadigung gewährt;
allein er überzeugte sich, dass er hiemit zu weit gegangen und dass
die Beseitigung wenigstens der Häupter unvermeidlich sei. Die Re-
gel, die er von jetzt an zur Richtschnur nahm, war, dass wer nach
der Capitulation von Ilerda im feindlichem Heere als Offizier ge-
dient oder im Gegensenat gesessen hatte, dadurch sein Vermö-
gen einbüsste, ohne Unterschied ob er den Kampf überlebt hatte
oder nicht und ob er mit oder ohne Testament starb; wer ferner
von diesen das Ende des Kampfes erlebte, seine politischen Rechte
verlor und für Lebenszeit aus Italien verbannt ward; wer endlich
von diesen früher von Caesar Gnade angenommen hatte und aber-
mals in den feindlichen Reihen betroffen ward, damit das Leben
verwirkt hatte. Indess in der Ausführung wurden diese Sätze we-
sentlich gemildert. Todesurtheile wurden nur gegen die wenig-
sten unter den zahlreichen Rückfälligen wirklich vollstreckt. Bei
der Confiscation des Vermögens der Gefallenen wurden nicht nur
die auf den einzelnen Massen haftenden Schulden so wie die
Mitgiftforderungen der Wittwen wie billig in Abzug gebracht,
sondern auch den Kindern der Todten ein Theil des väterlichen
Vermögens gelassen. Von denjenigen endlich, die jenen Regeln
zufolge Verbannung und Vermögensconfiscation traf, wurden
nicht wenige sogleich ganz begnadigt oder kamen, wie die zu
Mitgliedern des Senats von Utica gepressten africanischen Gross-

REPUBLIK UND MONARCHIE.
bild am Rathhaus bei der Herstellung desselben an dem früheren
ausgezeichneten Platze wiederum errichten lieſs. Schwieriger
war es die Grundsätze festzustellen, nach denen über diejenigen,
die im letzten Bürgerkrieg gegen Caesar Partei ergriffen hatten
und durch den Sieg in seine Gewalt gegeben waren, entschieden
werden sollte. Vor allen Dingen fand keine Untersuchung statt
über die vielfachen Verbindungen, die die Verfassungspartei auch
unter den nominellen Caesarianern gehabt hatte; Caesar warf die
in den feindlichen Hauptquartieren von Pharsalos und Thapsus
vorgefundenen Papierstöſse ungelesen ins Feuer und verschonte
sich und das Land mit politischen Prozessen gegen des Hoch-
verraths verdächtige Individuen. Ferner gingen straffrei aus alle
Gemeinen, die ihren römischen oder provinzialen Offizieren in
den Kampf gegen Caesar gefolgt waren. Eine Ausnahme ward
nur gemacht mit denjenigen römischen Bürgern, die in dem
Heere des numidischen Königs Juba Dienste genommen hatten;
ihnen wurde zur Strafe das Vermögen eingezogen. Auch den
Offizieren der besiegten Partei hatte Caesar bis zum Ausgang des
spanischen Feldzugs 705 uneingeschränkte Begnadigung gewährt;
allein er überzeugte sich, daſs er hiemit zu weit gegangen und daſs
die Beseitigung wenigstens der Häupter unvermeidlich sei. Die Re-
gel, die er von jetzt an zur Richtschnur nahm, war, daſs wer nach
der Capitulation von Ilerda im feindlichem Heere als Offizier ge-
dient oder im Gegensenat gesessen hatte, dadurch sein Vermö-
gen einbüſste, ohne Unterschied ob er den Kampf überlebt hatte
oder nicht und ob er mit oder ohne Testament starb; wer ferner
von diesen das Ende des Kampfes erlebte, seine politischen Rechte
verlor und für Lebenszeit aus Italien verbannt ward; wer endlich
von diesen früher von Caesar Gnade angenommen hatte und aber-
mals in den feindlichen Reihen betroffen ward, damit das Leben
verwirkt hatte. Indeſs in der Ausführung wurden diese Sätze we-
sentlich gemildert. Todesurtheile wurden nur gegen die wenig-
sten unter den zahlreichen Rückfälligen wirklich vollstreckt. Bei
der Confiscation des Vermögens der Gefallenen wurden nicht nur
die auf den einzelnen Massen haftenden Schulden so wie die
Mitgiftforderungen der Wittwen wie billig in Abzug gebracht,
sondern auch den Kindern der Todten ein Theil des väterlichen
Vermögens gelassen. Von denjenigen endlich, die jenen Regeln
zufolge Verbannung und Vermögensconfiscation traf, wurden
nicht wenige sogleich ganz begnadigt oder kamen, wie die zu
Mitgliedern des Senats von Utica gepreſsten africanischen Groſs-

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[439/0449] REPUBLIK UND MONARCHIE. bild am Rathhaus bei der Herstellung desselben an dem früheren ausgezeichneten Platze wiederum errichten lieſs. Schwieriger war es die Grundsätze festzustellen, nach denen über diejenigen, die im letzten Bürgerkrieg gegen Caesar Partei ergriffen hatten und durch den Sieg in seine Gewalt gegeben waren, entschieden werden sollte. Vor allen Dingen fand keine Untersuchung statt über die vielfachen Verbindungen, die die Verfassungspartei auch unter den nominellen Caesarianern gehabt hatte; Caesar warf die in den feindlichen Hauptquartieren von Pharsalos und Thapsus vorgefundenen Papierstöſse ungelesen ins Feuer und verschonte sich und das Land mit politischen Prozessen gegen des Hoch- verraths verdächtige Individuen. Ferner gingen straffrei aus alle Gemeinen, die ihren römischen oder provinzialen Offizieren in den Kampf gegen Caesar gefolgt waren. Eine Ausnahme ward nur gemacht mit denjenigen römischen Bürgern, die in dem Heere des numidischen Königs Juba Dienste genommen hatten; ihnen wurde zur Strafe das Vermögen eingezogen. Auch den Offizieren der besiegten Partei hatte Caesar bis zum Ausgang des spanischen Feldzugs 705 uneingeschränkte Begnadigung gewährt; allein er überzeugte sich, daſs er hiemit zu weit gegangen und daſs die Beseitigung wenigstens der Häupter unvermeidlich sei. Die Re- gel, die er von jetzt an zur Richtschnur nahm, war, daſs wer nach der Capitulation von Ilerda im feindlichem Heere als Offizier ge- dient oder im Gegensenat gesessen hatte, dadurch sein Vermö- gen einbüſste, ohne Unterschied ob er den Kampf überlebt hatte oder nicht und ob er mit oder ohne Testament starb; wer ferner von diesen das Ende des Kampfes erlebte, seine politischen Rechte verlor und für Lebenszeit aus Italien verbannt ward; wer endlich von diesen früher von Caesar Gnade angenommen hatte und aber- mals in den feindlichen Reihen betroffen ward, damit das Leben verwirkt hatte. Indeſs in der Ausführung wurden diese Sätze we- sentlich gemildert. Todesurtheile wurden nur gegen die wenig- sten unter den zahlreichen Rückfälligen wirklich vollstreckt. Bei der Confiscation des Vermögens der Gefallenen wurden nicht nur die auf den einzelnen Massen haftenden Schulden so wie die Mitgiftforderungen der Wittwen wie billig in Abzug gebracht, sondern auch den Kindern der Todten ein Theil des väterlichen Vermögens gelassen. Von denjenigen endlich, die jenen Regeln zufolge Verbannung und Vermögensconfiscation traf, wurden nicht wenige sogleich ganz begnadigt oder kamen, wie die zu Mitgliedern des Senats von Utica gepreſsten africanischen Groſs-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/449>, abgerufen am 18.06.2024.