KAPITEL XI. Die alte Republik und die neue Monarchie.
Der neue Monarch von Rom, der erste Herrscher über das ganze Gebiet römisch-hellenischer Civilisation, Gaius Julius Cae- sar stand im vierundfunfzigsten Lebensjahr (geb. 12. Juli 654), als die Schlacht bei Thapsus, das letzte Glied einer langen Kette folgenschwerer Siege, die Entscheidung über die Zukunft der Welt in seine Hände legte. Weniger Menschen Spannkraft ist also auf die Probe gestellt worden wie die dieses einzigen schö- pferischen Genies, das Rom, und des letzten, das die alte Welt hervorgebracht und in dessen Bahnen sie denn auch bis zu ih- rem eigenen Untergange sich bewegt hat. Der Sprössling einer der ältesten Adelsfamilien Latiums, welche ihren Stammbaum auf die Helden der Ilias und die Könige Roms, ja auf die beiden Nationen gemeinsame Venus-Aphrodite zurückführte, waren seine Knaben- und ersten Jünglingsjahre vergangen, wie sie der vornehmen Jugend jener Epoche zu vergehen pflegten. Auch er hatte von dem Becher des Modelebens den Schaum wie die Hefen gekostet, hatte recitirt und declamirt, auf dem Faulbett Litteratur getrieben und Verse gemacht, Liebeshändel jeder Gattung abge- spielt und sich einweihen lassen in alle Rasir-, Frisir- und Man- schettenmysterien der damaligen Toilettenweisheit, so wie in die noch weit geheimnissvollere Kunst immer zu borgen und nie zu bezahlen. Aber der biegsame Stahl dieser Natur widerstand selbst diesem zerfahrenen und windigen Treiben; Caesar blieb sowohl die körperliche Frische ungeschwächt wie die Spannkraft des Geistes und des Herzens. Im Fechten und Reiten nahm er
KAPITEL XI. Die alte Republik und die neue Monarchie.
Der neue Monarch von Rom, der erste Herrscher über das ganze Gebiet römisch-hellenischer Civilisation, Gaius Julius Cae- sar stand im vierundfunfzigsten Lebensjahr (geb. 12. Juli 654), als die Schlacht bei Thapsus, das letzte Glied einer langen Kette folgenschwerer Siege, die Entscheidung über die Zukunft der Welt in seine Hände legte. Weniger Menschen Spannkraft ist also auf die Probe gestellt worden wie die dieses einzigen schö- pferischen Genies, das Rom, und des letzten, das die alte Welt hervorgebracht und in dessen Bahnen sie denn auch bis zu ih- rem eigenen Untergange sich bewegt hat. Der Spröſsling einer der ältesten Adelsfamilien Latiums, welche ihren Stammbaum auf die Helden der Ilias und die Könige Roms, ja auf die beiden Nationen gemeinsame Venus-Aphrodite zurückführte, waren seine Knaben- und ersten Jünglingsjahre vergangen, wie sie der vornehmen Jugend jener Epoche zu vergehen pflegten. Auch er hatte von dem Becher des Modelebens den Schaum wie die Hefen gekostet, hatte recitirt und declamirt, auf dem Faulbett Litteratur getrieben und Verse gemacht, Liebeshändel jeder Gattung abge- spielt und sich einweihen lassen in alle Rasir-, Frisir- und Man- schettenmysterien der damaligen Toilettenweisheit, so wie in die noch weit geheimniſsvollere Kunst immer zu borgen und nie zu bezahlen. Aber der biegsame Stahl dieser Natur widerstand selbst diesem zerfahrenen und windigen Treiben; Caesar blieb sowohl die körperliche Frische ungeschwächt wie die Spannkraft des Geistes und des Herzens. Im Fechten und Reiten nahm er
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KAPITEL XI.
Die alte Republik und die neue Monarchie.
Der neue Monarch von Rom, der erste Herrscher über das
ganze Gebiet römisch-hellenischer Civilisation, Gaius Julius Cae-
sar stand im vierundfunfzigsten Lebensjahr (geb. 12. Juli 654),
als die Schlacht bei Thapsus, das letzte Glied einer langen Kette
folgenschwerer Siege, die Entscheidung über die Zukunft der
Welt in seine Hände legte. Weniger Menschen Spannkraft ist
also auf die Probe gestellt worden wie die dieses einzigen schö-
pferischen Genies, das Rom, und des letzten, das die alte Welt
hervorgebracht und in dessen Bahnen sie denn auch bis zu ih-
rem eigenen Untergange sich bewegt hat. Der Spröſsling einer
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auf die Helden der Ilias und die Könige Roms, ja auf die beiden
Nationen gemeinsame Venus-Aphrodite zurückführte, waren
seine Knaben- und ersten Jünglingsjahre vergangen, wie sie der
vornehmen Jugend jener Epoche zu vergehen pflegten. Auch er
hatte von dem Becher des Modelebens den Schaum wie die Hefen
gekostet, hatte recitirt und declamirt, auf dem Faulbett Litteratur
getrieben und Verse gemacht, Liebeshändel jeder Gattung abge-
spielt und sich einweihen lassen in alle Rasir-, Frisir- und Man-
schettenmysterien der damaligen Toilettenweisheit, so wie in die
noch weit geheimniſsvollere Kunst immer zu borgen und nie zu
bezahlen. Aber der biegsame Stahl dieser Natur widerstand
selbst diesem zerfahrenen und windigen Treiben; Caesar blieb
sowohl die körperliche Frische ungeschwächt wie die Spannkraft
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. [428]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/438>, abgerufen am 03.12.2024.
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