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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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sars Art unverrichteter Sache sich davonzumachen. Er beorderte
also sogleich Verstärkungen aus Asien herbei und trug inzwischen,
bis diese eintrafen, die grösste Sicherheit zur Schau. Nie war es
lustiger in seinem Lager hergegangen als während dieser alexan-
drinischen Rast; und wenn die schöne und geistreiche Kleopatra
mit ihren Reizen überhaupt nicht und am wenigsten bei ihrem
Richter sparsam war, so schien auch Caesar unter all seinen Sie-
gen die über schöne Frauen am höchsten zu schätzen. Es war
ein lustiges Vorspiel zu sehr ernsten Auftritten. Die römische
Occupationsarmee, die auf Caesars Befehl ihre Operationen an
der syrischen Grenze hatte einstellen müssen, erschien unvermu-
thet vor Alexandreia unter Führung des Achillas und, wie später
sich auswies, auf geheimen Befehl des Königs und seines Vor-
mundes. Die Bürgerschaft machte sofort mit den Soldaten ge-
meinschaftliche Sache. Mit einer Geistesgegenwart, die seine Toll-
dreistigkeit gewissermassen rechtfertigt, raffte Caesar schleunigst
seine zerstreuten Mannschaften zusammen, bemächtigte sich der
Person des Königs und seiner Minister, verschanzte sich in der
königlichen Burg und dem benachbarten Theater, liess, da es an
Zeit gebrach die in dem Haupthafen unmittelbar vor dem Thea-
ter stationirte Kriegsflotte in Sicherheit zu bringen, dieselbe an-
zünden und die den Hafen beherrschende Leuchtthurminsel Pha-
ros durch Böte besetzen. So war wenigstens eine beschränkte
Vertheidigungsstellung gewonnen und die Möglichkeit Zufuhr
und Verstärkungen herbeizuschaffen offen gehalten worden. Zu-
gleich ging dem Commandanten von Kleinasien wie auch den
nächsten unterthänigen Landschaften, den Syrern und Naba-
taeern, den Kretensern und den Rhodiern, der Befehl zu, schleu-
nigst Truppen und Schiffe nach Aegypten zu expediren. Die In-
surrection, an deren Spitze die jüngere Schwester der regieren-
den Könige Arsinoe und deren Vertrauter, der Eunuch Ganyme-
des sich gestellt hatten, schaltete indess frei in ganz Aegypten
und in dem grössten Theil der Hauptstadt, in deren Strassen
täglich gefochten ward, ohne dass es weder Caesar gelang sich
freier zu entwickeln und wenigstens bis zu dem hinter der Stadt
befindlichen Süsswassersee von Marea durchzubrechen, wo er
sich mit Wasser und mit Fourage hätte versorgen können,
noch den Alexandrinern der Belagerten Herr zu werden und sie
alles Trinkwassers zu berauben; denn als die Nilkanäle in Cae-
sars Stadttheil durch hineingeleitetes Seewasser verdorben waren,
fand sich unerwartet trinkbares Wasser in den am Strande ge-
grabenen Brunnen. Da Caesar von der Landseite nicht zu über-

FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
sars Art unverrichteter Sache sich davonzumachen. Er beorderte
also sogleich Verstärkungen aus Asien herbei und trug inzwischen,
bis diese eintrafen, die gröſste Sicherheit zur Schau. Nie war es
lustiger in seinem Lager hergegangen als während dieser alexan-
drinischen Rast; und wenn die schöne und geistreiche Kleopatra
mit ihren Reizen überhaupt nicht und am wenigsten bei ihrem
Richter sparsam war, so schien auch Caesar unter all seinen Sie-
gen die über schöne Frauen am höchsten zu schätzen. Es war
ein lustiges Vorspiel zu sehr ernsten Auftritten. Die römische
Occupationsarmee, die auf Caesars Befehl ihre Operationen an
der syrischen Grenze hatte einstellen müssen, erschien unvermu-
thet vor Alexandreia unter Führung des Achillas und, wie später
sich auswies, auf geheimen Befehl des Königs und seines Vor-
mundes. Die Bürgerschaft machte sofort mit den Soldaten ge-
meinschaftliche Sache. Mit einer Geistesgegenwart, die seine Toll-
dreistigkeit gewissermassen rechtfertigt, raffte Caesar schleunigst
seine zerstreuten Mannschaften zusammen, bemächtigte sich der
Person des Königs und seiner Minister, verschanzte sich in der
königlichen Burg und dem benachbarten Theater, lieſs, da es an
Zeit gebrach die in dem Haupthafen unmittelbar vor dem Thea-
ter stationirte Kriegsflotte in Sicherheit zu bringen, dieselbe an-
zünden und die den Hafen beherrschende Leuchtthurminsel Pha-
ros durch Böte besetzen. So war wenigstens eine beschränkte
Vertheidigungsstellung gewonnen und die Möglichkeit Zufuhr
und Verstärkungen herbeizuschaffen offen gehalten worden. Zu-
gleich ging dem Commandanten von Kleinasien wie auch den
nächsten unterthänigen Landschaften, den Syrern und Naba-
taeern, den Kretensern und den Rhodiern, der Befehl zu, schleu-
nigst Truppen und Schiffe nach Aegypten zu expediren. Die In-
surrection, an deren Spitze die jüngere Schwester der regieren-
den Könige Arsinoe und deren Vertrauter, der Eunuch Ganyme-
des sich gestellt hatten, schaltete indeſs frei in ganz Aegypten
und in dem gröſsten Theil der Hauptstadt, in deren Straſsen
täglich gefochten ward, ohne daſs es weder Caesar gelang sich
freier zu entwickeln und wenigstens bis zu dem hinter der Stadt
befindlichen Süſswassersee von Marea durchzubrechen, wo er
sich mit Wasser und mit Fourage hätte versorgen können,
noch den Alexandrinern der Belagerten Herr zu werden und sie
alles Trinkwassers zu berauben; denn als die Nilkanäle in Cae-
sars Stadttheil durch hineingeleitetes Seewasser verdorben waren,
fand sich unerwartet trinkbares Wasser in den am Strande ge-
grabenen Brunnen. Da Caesar von der Landseite nicht zu über-

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[406/0416] FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. sars Art unverrichteter Sache sich davonzumachen. Er beorderte also sogleich Verstärkungen aus Asien herbei und trug inzwischen, bis diese eintrafen, die gröſste Sicherheit zur Schau. Nie war es lustiger in seinem Lager hergegangen als während dieser alexan- drinischen Rast; und wenn die schöne und geistreiche Kleopatra mit ihren Reizen überhaupt nicht und am wenigsten bei ihrem Richter sparsam war, so schien auch Caesar unter all seinen Sie- gen die über schöne Frauen am höchsten zu schätzen. Es war ein lustiges Vorspiel zu sehr ernsten Auftritten. Die römische Occupationsarmee, die auf Caesars Befehl ihre Operationen an der syrischen Grenze hatte einstellen müssen, erschien unvermu- thet vor Alexandreia unter Führung des Achillas und, wie später sich auswies, auf geheimen Befehl des Königs und seines Vor- mundes. Die Bürgerschaft machte sofort mit den Soldaten ge- meinschaftliche Sache. Mit einer Geistesgegenwart, die seine Toll- dreistigkeit gewissermassen rechtfertigt, raffte Caesar schleunigst seine zerstreuten Mannschaften zusammen, bemächtigte sich der Person des Königs und seiner Minister, verschanzte sich in der königlichen Burg und dem benachbarten Theater, lieſs, da es an Zeit gebrach die in dem Haupthafen unmittelbar vor dem Thea- ter stationirte Kriegsflotte in Sicherheit zu bringen, dieselbe an- zünden und die den Hafen beherrschende Leuchtthurminsel Pha- ros durch Böte besetzen. So war wenigstens eine beschränkte Vertheidigungsstellung gewonnen und die Möglichkeit Zufuhr und Verstärkungen herbeizuschaffen offen gehalten worden. Zu- gleich ging dem Commandanten von Kleinasien wie auch den nächsten unterthänigen Landschaften, den Syrern und Naba- taeern, den Kretensern und den Rhodiern, der Befehl zu, schleu- nigst Truppen und Schiffe nach Aegypten zu expediren. Die In- surrection, an deren Spitze die jüngere Schwester der regieren- den Könige Arsinoe und deren Vertrauter, der Eunuch Ganyme- des sich gestellt hatten, schaltete indeſs frei in ganz Aegypten und in dem gröſsten Theil der Hauptstadt, in deren Straſsen täglich gefochten ward, ohne daſs es weder Caesar gelang sich freier zu entwickeln und wenigstens bis zu dem hinter der Stadt befindlichen Süſswassersee von Marea durchzubrechen, wo er sich mit Wasser und mit Fourage hätte versorgen können, noch den Alexandrinern der Belagerten Herr zu werden und sie alles Trinkwassers zu berauben; denn als die Nilkanäle in Cae- sars Stadttheil durch hineingeleitetes Seewasser verdorben waren, fand sich unerwartet trinkbares Wasser in den am Strande ge- grabenen Brunnen. Da Caesar von der Landseite nicht zu über-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/416>, abgerufen am 18.12.2024.