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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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aber und Strapazen muthete er stets sich selbst weit mehr zu
als seinen Soldaten. Wenn der Sieg zunächst dem Feldherrn Ge-
winn bringt, so sorgte Caesar dafür, dass doch auch für den Sol-
daten sich persönliche Hoffnungen an denselben knüpften. Dass
er es verstand die Soldaten für die Sache der Demokratie zu be-
geistern, so weit die prosaisch gewordene Zeit noch Begeisterung
gestattete, und dass die politische Gleichstellung der transpa-
danischen Landschaft, der Heimath seiner meisten Soldaten, mit
dem eigentlichen Italien als eines der Kampfziele hingestellt ward,
wurde schon erwähnt (S. 152). Es versteht sich, dass daneben
auch materielle Prämien nicht fehlten, sowohl besondere für her-
vorragende Waffenthaten wie allgemeine für jeden tüchtigen Sol-
daten; dass die Offiziere dotirt, die Soldaten beschenkt und für
den Triumph die verschwenderischsten Gaben in Aussicht gestellt
wurden. Aber in nichts offenbart sich das Talent eine Armee zu
organisiren so entschieden wie darin, dass in jedem einzelnen gros-
sen oder kleinen Triebrad des mächtigen Instruments das Gefühl
zweckmässig verwendet zu werden erweckt wird. Der gewöhnliche
Mensch ist zum Dienen bestimmt und er sträubt sich nicht Werk-
zeug zu sein, wenn er fühlt, dass ein Meister ihn lenkt. Allgegen-
wärtig und jederzeit ruhte der Adlerblick des Feldherrn auf dem
ganzen Heer, mit unparteiischer Gerechtigkeit belohnend und be-
strafend und der Thätigkeit eines Jeden die zum Besten aller die-
nenden Wege weisend, so dass auch mit des Geringsten Schweiss
und Blut nicht experimentirt oder gespielt ward und darum
auch, wo es nöthig war, unbedingte Hingebung bis in den Tod
gefordert werden konnte. Ohne dem Einzelnen in das gesammte
Triebwerk den Einblick zu gestatten, liess Caesar ihn doch ge-
nug von dem politischen und militärischen Zusammenhang der
Dinge ahnen, um als Staatsmann und Feldherr von dem Solda-
ten erkannt, auch wohl idealisirt zu werden. Durchaus behan-
delte er die Soldaten nicht als seines Gleichen, aber als Män-
ner, die Wahrheit zu fordern berechtigt und zu ertragen fähig
waren und die den Versprechungen und den Versicherungen des
Feldherrn Glauben zu schenken hatten, ohne Prellerei zu ver-
muthen oder auf Gerüchte zu horchen; als langjährige Kamera-
den in Krieg und Sieg, unter denen kaum einer war, den er nicht
mit Namen kannte und bei dem sich nicht in all den Feldzügen
ein mehr oder minder persönliches Verhältniss zu dem Feldherrn
gebildet hätte; als gute Genossen, mit denen er zutraulich und
mit der ihm eigenen heiteren Elasticität schwatzte und verkehrte;
als Schutzbefohlene, deren Dienste zu vergelten, deren Unbill

BRUNDISIUM.
aber und Strapazen muthete er stets sich selbst weit mehr zu
als seinen Soldaten. Wenn der Sieg zunächst dem Feldherrn Ge-
winn bringt, so sorgte Caesar dafür, daſs doch auch für den Sol-
daten sich persönliche Hoffnungen an denselben knüpften. Daſs
er es verstand die Soldaten für die Sache der Demokratie zu be-
geistern, so weit die prosaisch gewordene Zeit noch Begeisterung
gestattete, und daſs die politische Gleichstellung der transpa-
danischen Landschaft, der Heimath seiner meisten Soldaten, mit
dem eigentlichen Italien als eines der Kampfziele hingestellt ward,
wurde schon erwähnt (S. 152). Es versteht sich, daſs daneben
auch materielle Prämien nicht fehlten, sowohl besondere für her-
vorragende Waffenthaten wie allgemeine für jeden tüchtigen Sol-
daten; daſs die Offiziere dotirt, die Soldaten beschenkt und für
den Triumph die verschwenderischsten Gaben in Aussicht gestellt
wurden. Aber in nichts offenbart sich das Talent eine Armee zu
organisiren so entschieden wie darin, daſs in jedem einzelnen gros-
sen oder kleinen Triebrad des mächtigen Instruments das Gefühl
zweckmäſsig verwendet zu werden erweckt wird. Der gewöhnliche
Mensch ist zum Dienen bestimmt und er sträubt sich nicht Werk-
zeug zu sein, wenn er fühlt, daſs ein Meister ihn lenkt. Allgegen-
wärtig und jederzeit ruhte der Adlerblick des Feldherrn auf dem
ganzen Heer, mit unparteiischer Gerechtigkeit belohnend und be-
strafend und der Thätigkeit eines Jeden die zum Besten aller die-
nenden Wege weisend, so daſs auch mit des Geringsten Schweiſs
und Blut nicht experimentirt oder gespielt ward und darum
auch, wo es nöthig war, unbedingte Hingebung bis in den Tod
gefordert werden konnte. Ohne dem Einzelnen in das gesammte
Triebwerk den Einblick zu gestatten, lieſs Caesar ihn doch ge-
nug von dem politischen und militärischen Zusammenhang der
Dinge ahnen, um als Staatsmann und Feldherr von dem Solda-
ten erkannt, auch wohl idealisirt zu werden. Durchaus behan-
delte er die Soldaten nicht als seines Gleichen, aber als Män-
ner, die Wahrheit zu fordern berechtigt und zu ertragen fähig
waren und die den Versprechungen und den Versicherungen des
Feldherrn Glauben zu schenken hatten, ohne Prellerei zu ver-
muthen oder auf Gerüchte zu horchen; als langjährige Kamera-
den in Krieg und Sieg, unter denen kaum einer war, den er nicht
mit Namen kannte und bei dem sich nicht in all den Feldzügen
ein mehr oder minder persönliches Verhältniſs zu dem Feldherrn
gebildet hätte; als gute Genossen, mit denen er zutraulich und
mit der ihm eigenen heiteren Elasticität schwatzte und verkehrte;
als Schutzbefohlene, deren Dienste zu vergelten, deren Unbill

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[345/0355] BRUNDISIUM. aber und Strapazen muthete er stets sich selbst weit mehr zu als seinen Soldaten. Wenn der Sieg zunächst dem Feldherrn Ge- winn bringt, so sorgte Caesar dafür, daſs doch auch für den Sol- daten sich persönliche Hoffnungen an denselben knüpften. Daſs er es verstand die Soldaten für die Sache der Demokratie zu be- geistern, so weit die prosaisch gewordene Zeit noch Begeisterung gestattete, und daſs die politische Gleichstellung der transpa- danischen Landschaft, der Heimath seiner meisten Soldaten, mit dem eigentlichen Italien als eines der Kampfziele hingestellt ward, wurde schon erwähnt (S. 152). Es versteht sich, daſs daneben auch materielle Prämien nicht fehlten, sowohl besondere für her- vorragende Waffenthaten wie allgemeine für jeden tüchtigen Sol- daten; daſs die Offiziere dotirt, die Soldaten beschenkt und für den Triumph die verschwenderischsten Gaben in Aussicht gestellt wurden. Aber in nichts offenbart sich das Talent eine Armee zu organisiren so entschieden wie darin, daſs in jedem einzelnen gros- sen oder kleinen Triebrad des mächtigen Instruments das Gefühl zweckmäſsig verwendet zu werden erweckt wird. Der gewöhnliche Mensch ist zum Dienen bestimmt und er sträubt sich nicht Werk- zeug zu sein, wenn er fühlt, daſs ein Meister ihn lenkt. Allgegen- wärtig und jederzeit ruhte der Adlerblick des Feldherrn auf dem ganzen Heer, mit unparteiischer Gerechtigkeit belohnend und be- strafend und der Thätigkeit eines Jeden die zum Besten aller die- nenden Wege weisend, so daſs auch mit des Geringsten Schweiſs und Blut nicht experimentirt oder gespielt ward und darum auch, wo es nöthig war, unbedingte Hingebung bis in den Tod gefordert werden konnte. Ohne dem Einzelnen in das gesammte Triebwerk den Einblick zu gestatten, lieſs Caesar ihn doch ge- nug von dem politischen und militärischen Zusammenhang der Dinge ahnen, um als Staatsmann und Feldherr von dem Solda- ten erkannt, auch wohl idealisirt zu werden. Durchaus behan- delte er die Soldaten nicht als seines Gleichen, aber als Män- ner, die Wahrheit zu fordern berechtigt und zu ertragen fähig waren und die den Versprechungen und den Versicherungen des Feldherrn Glauben zu schenken hatten, ohne Prellerei zu ver- muthen oder auf Gerüchte zu horchen; als langjährige Kamera- den in Krieg und Sieg, unter denen kaum einer war, den er nicht mit Namen kannte und bei dem sich nicht in all den Feldzügen ein mehr oder minder persönliches Verhältniſs zu dem Feldherrn gebildet hätte; als gute Genossen, mit denen er zutraulich und mit der ihm eigenen heiteren Elasticität schwatzte und verkehrte; als Schutzbefohlene, deren Dienste zu vergelten, deren Unbill

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/355>, abgerufen am 18.12.2024.