zuräumen. Auf alle Fälle bildete der Krieg ein wirklich republi- kanisches Heer und wirklich republikanische Feldherren heran und es konnte dann, nach dem Siege über Caesar, unter günsti- geren Aussichten dazu geschritten werden nicht bloss einen der Monarchen, sondern die im Werden begriffene Monarchie selbst zu beseitigen. Verzweifelt wie die Sache der Oligarchie stand, musste das Anerbieten des Pompeius mit ihr sich zu alliiren als eine unerwartet günstige Fügung betrachtet werden.
Der Abschluss der Allianz zwischen Pompeius und der ca- tonischen Partei erfolgte verhältnissmässig rasch. Schon während Pompeius Dictatur hatte beiderseits eine bemerkenswerthe An- näherung stattgefunden. Pompeius ganzes Verhalten in der milo- nischen Krise, seine schroffe Zurückweisung des die Dictatur ihm antragenden Pöbels, seine bestimmte Erklärung nur vom Senat dies Amt annehmen zu wollen, seine unnachsichtige Strenge ge- gen die Ruhestörer jeder Art und namentlich gegen die Ultrade- mokraten, die auffallende Courtoisie, womit er Cato und dessen Gesinnungsgenossen behandelte, schienen ebenso darauf berech- net der Partei der Ordnung entgegenzukommen wie sie für den Demokraten Caesar beleidigend waren. Andrerseits hatten auch Cato und seine Getreuen den Antrag Pompeius, die Dictatur zu übertragen, statt ihn mit gewohntem Rigorismus zu bekämpfen, unter unwesentlichen Formänderungen zu dem ihrigen gemacht; zunächst aus den Händen des Bibulus und Cato hatte Pompeius das ungetheilte Consulat empfangen. Wenn so schon zu Anfang des J. 702 zwischen der catonischen Partei und Pompeius we- nigstens ein stillschweigendes Einverständniss stattfand, so durfte das Bündniss als förmlich abgeschlossen gelten, als bei den Con- sulwahlen für 703 zwar nicht Cato selbst gewählt ward, aber doch neben einem insignificanten Manne der Senatsmajorität einer der entschiedensten Anhänger Catos, Marcus Claudius Marcellus. Marcellus war kein stürmischer Eiferer und noch weniger ein Genie, aber ein charakterfester und strenger Aristokrat, eben der rechte Mann um, wenn mit Caesar der Krieg eröffnet werden sollte, ihm denselben zu erklären. Wie die Verhältnisse lagen, konnte diese nach den unmittelbar vorher gegen die republikanische Opposition ergriffenen Repressivmassregeln so auffallende Wahl kaum anders erfolgt sein als mit Einwilligung oder wenigstens mit stillschweigender Zulassung des gegenwärtigen Machthabers von Rom. Langsam und schwerfällig, wie er pflegte, aber sicher und unverwandt schritt Pompeius auf den Bruch zu.
In Caesars Absicht lag es auch jetzt nicht mit Pompeius zu
DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER.
zuräumen. Auf alle Fälle bildete der Krieg ein wirklich republi- kanisches Heer und wirklich republikanische Feldherren heran und es konnte dann, nach dem Siege über Caesar, unter günsti- geren Aussichten dazu geschritten werden nicht bloſs einen der Monarchen, sondern die im Werden begriffene Monarchie selbst zu beseitigen. Verzweifelt wie die Sache der Oligarchie stand, muſste das Anerbieten des Pompeius mit ihr sich zu alliiren als eine unerwartet günstige Fügung betrachtet werden.
Der Abschluſs der Allianz zwischen Pompeius und der ca- tonischen Partei erfolgte verhältniſsmäſsig rasch. Schon während Pompeius Dictatur hatte beiderseits eine bemerkenswerthe An- näherung stattgefunden. Pompeius ganzes Verhalten in der milo- nischen Krise, seine schroffe Zurückweisung des die Dictatur ihm antragenden Pöbels, seine bestimmte Erklärung nur vom Senat dies Amt annehmen zu wollen, seine unnachsichtige Strenge ge- gen die Ruhestörer jeder Art und namentlich gegen die Ultrade- mokraten, die auffallende Courtoisie, womit er Cato und dessen Gesinnungsgenossen behandelte, schienen ebenso darauf berech- net der Partei der Ordnung entgegenzukommen wie sie für den Demokraten Caesar beleidigend waren. Andrerseits hatten auch Cato und seine Getreuen den Antrag Pompeius, die Dictatur zu übertragen, statt ihn mit gewohntem Rigorismus zu bekämpfen, unter unwesentlichen Formänderungen zu dem ihrigen gemacht; zunächst aus den Händen des Bibulus und Cato hatte Pompeius das ungetheilte Consulat empfangen. Wenn so schon zu Anfang des J. 702 zwischen der catonischen Partei und Pompeius we- nigstens ein stillschweigendes Einverständniſs stattfand, so durfte das Bündniſs als förmlich abgeschlossen gelten, als bei den Con- sulwahlen für 703 zwar nicht Cato selbst gewählt ward, aber doch neben einem insignificanten Manne der Senatsmajorität einer der entschiedensten Anhänger Catos, Marcus Claudius Marcellus. Marcellus war kein stürmischer Eiferer und noch weniger ein Genie, aber ein charakterfester und strenger Aristokrat, eben der rechte Mann um, wenn mit Caesar der Krieg eröffnet werden sollte, ihm denselben zu erklären. Wie die Verhältnisse lagen, konnte diese nach den unmittelbar vorher gegen die republikanische Opposition ergriffenen Repressivmaſsregeln so auffallende Wahl kaum anders erfolgt sein als mit Einwilligung oder wenigstens mit stillschweigender Zulassung des gegenwärtigen Machthabers von Rom. Langsam und schwerfällig, wie er pflegte, aber sicher und unverwandt schritt Pompeius auf den Bruch zu.
In Caesars Absicht lag es auch jetzt nicht mit Pompeius zu
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DER BRUCH DER GESAMMTHERRSCHER.
zuräumen. Auf alle Fälle bildete der Krieg ein wirklich republi-
kanisches Heer und wirklich republikanische Feldherren heran
und es konnte dann, nach dem Siege über Caesar, unter günsti-
geren Aussichten dazu geschritten werden nicht bloſs einen der
Monarchen, sondern die im Werden begriffene Monarchie selbst
zu beseitigen. Verzweifelt wie die Sache der Oligarchie stand,
muſste das Anerbieten des Pompeius mit ihr sich zu alliiren als
eine unerwartet günstige Fügung betrachtet werden.
Der Abschluſs der Allianz zwischen Pompeius und der ca-
tonischen Partei erfolgte verhältniſsmäſsig rasch. Schon während
Pompeius Dictatur hatte beiderseits eine bemerkenswerthe An-
näherung stattgefunden. Pompeius ganzes Verhalten in der milo-
nischen Krise, seine schroffe Zurückweisung des die Dictatur ihm
antragenden Pöbels, seine bestimmte Erklärung nur vom Senat
dies Amt annehmen zu wollen, seine unnachsichtige Strenge ge-
gen die Ruhestörer jeder Art und namentlich gegen die Ultrade-
mokraten, die auffallende Courtoisie, womit er Cato und dessen
Gesinnungsgenossen behandelte, schienen ebenso darauf berech-
net der Partei der Ordnung entgegenzukommen wie sie für den
Demokraten Caesar beleidigend waren. Andrerseits hatten auch
Cato und seine Getreuen den Antrag Pompeius, die Dictatur zu
übertragen, statt ihn mit gewohntem Rigorismus zu bekämpfen,
unter unwesentlichen Formänderungen zu dem ihrigen gemacht;
zunächst aus den Händen des Bibulus und Cato hatte Pompeius
das ungetheilte Consulat empfangen. Wenn so schon zu Anfang
des J. 702 zwischen der catonischen Partei und Pompeius we-
nigstens ein stillschweigendes Einverständniſs stattfand, so durfte
das Bündniſs als förmlich abgeschlossen gelten, als bei den Con-
sulwahlen für 703 zwar nicht Cato selbst gewählt ward, aber
doch neben einem insignificanten Manne der Senatsmajorität einer
der entschiedensten Anhänger Catos, Marcus Claudius Marcellus.
Marcellus war kein stürmischer Eiferer und noch weniger ein
Genie, aber ein charakterfester und strenger Aristokrat, eben der
rechte Mann um, wenn mit Caesar der Krieg eröffnet werden sollte,
ihm denselben zu erklären. Wie die Verhältnisse lagen, konnte
diese nach den unmittelbar vorher gegen die republikanische
Opposition ergriffenen Repressivmaſsregeln so auffallende Wahl
kaum anders erfolgt sein als mit Einwilligung oder wenigstens
mit stillschweigender Zulassung des gegenwärtigen Machthabers
von Rom. Langsam und schwerfällig, wie er pflegte, aber sicher
und unverwandt schritt Pompeius auf den Bruch zu.
In Caesars Absicht lag es auch jetzt nicht mit Pompeius zu
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/339>, abgerufen am 19.12.2024.
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