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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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COALITION DER PRAETENDENTEN.
theils alte Soldaten aus seiner Armee, im Gebiete von Capua
mit Grundbesitz ausstattete; als Rückhalt gegen die hauptstädti-
sche Opposition dienten ihm Caesars norditalische Legionen.
Ein Bruch unter den Machthabern selbst stand zunächst wenig-
stens nicht in Aussicht. Die von Caesar als Consul erlassenen
Gesetze, an deren Aufrechthaltung Pompeius wenigstens ebenso
viel gelegen war als Caesar, verbürgten auch für die Zukunft
die Spaltung zwischen Pompeius und der Aristokratie, deren
Spitzen, namentlich Cato fortfuhren diese Gesetze als nichtig zu
behandeln, und damit den Fortbestand der Coalition. Es kam
hinzu, dass auch die persönlichen Bande zwischen ihren Häup-
tern sich enger zusammengezogen. Caesar hatte seinen Verbün-
deten redlich und treulich Wort gehalten ohne sie in dem Ver-
sprochenen zu beknappen oder zu chicaniren und namentlich
das in Pompeius Interesse beantragte Ackergesetz völlig wie seine
eigene Sache mit Gewandtheit und Energie durchgefochten; Pom-
peius war nicht unempfänglich für rechtliches Verhalten und
bürgerliche Treue und wohlwollend gestimmt gegen denjenigen,
der ihm mit einem Schlag über die seit drei Jahren gespielte
armselige Petentenrolle hinweg geholfen hatte. Der häufige und
vertraute Verkehr mit einem Manne von der unwiderstehlichen
Liebenswürdigkeit Caesars that das Uebrige um den Bund der
Interessen in einen Freundschaftsbund umzugestalten. Das Er-
gebniss und das Unterpfand dieser Freundschaft, freilich zugleich
auch eine öffentliche schwer misszuverstehende Ankündigung der
neu begründeten Gesammtherrschaft wurde das Eheband, das
Pompeius mit Caesars einziger dreiundzwanzigjähriger Tochter
einging. Julia, die die Anmuth ihres Vaters geerbt hatte, lebte
mit ihrem um das Doppelte ältern Gemahl in der glücklichsten
Häuslichkeit und die nach so vielen Nöthen und Krisen nach
Ruhe und Ordnung verlangende Bürgerschaft sah in diesem
Ehebündniss die Gewähr einer friedlichen und gedeihlichen Zu-
kunft. -- Je fester und enger also das Bündniss zwischen Pom-
peius und Caesar sich knüpfte, desto hoffnungsloser gestaltete
sich die Sache der Aristokratie. Sie fühlte das Schwert über
ihrem Haupte schweben und kannte Caesar hinlänglich um nicht
zu bezweifeln, dass er wenn nöthig es unbedenklich brauchen
werde. ,Von allen Seiten, schrieb einer von ihnen, stehen wir
im Schach; schon haben wir aus Furcht vor dem Tode oder
vor der Verbannung auf die "Freiheit" verzichtet; Jeder seufzt,
zu reden wagt keiner'. Mehr konnten die Verbündeten nicht ver-
langen. Aber wenn auch die Majorität der Aristokratie in dieser

COALITION DER PRAETENDENTEN.
theils alte Soldaten aus seiner Armee, im Gebiete von Capua
mit Grundbesitz ausstattete; als Rückhalt gegen die hauptstädti-
sche Opposition dienten ihm Caesars norditalische Legionen.
Ein Bruch unter den Machthabern selbst stand zunächst wenig-
stens nicht in Aussicht. Die von Caesar als Consul erlassenen
Gesetze, an deren Aufrechthaltung Pompeius wenigstens ebenso
viel gelegen war als Caesar, verbürgten auch für die Zukunft
die Spaltung zwischen Pompeius und der Aristokratie, deren
Spitzen, namentlich Cato fortfuhren diese Gesetze als nichtig zu
behandeln, und damit den Fortbestand der Coalition. Es kam
hinzu, daſs auch die persönlichen Bande zwischen ihren Häup-
tern sich enger zusammengezogen. Caesar hatte seinen Verbün-
deten redlich und treulich Wort gehalten ohne sie in dem Ver-
sprochenen zu beknappen oder zu chicaniren und namentlich
das in Pompeius Interesse beantragte Ackergesetz völlig wie seine
eigene Sache mit Gewandtheit und Energie durchgefochten; Pom-
peius war nicht unempfänglich für rechtliches Verhalten und
bürgerliche Treue und wohlwollend gestimmt gegen denjenigen,
der ihm mit einem Schlag über die seit drei Jahren gespielte
armselige Petentenrolle hinweg geholfen hatte. Der häufige und
vertraute Verkehr mit einem Manne von der unwiderstehlichen
Liebenswürdigkeit Caesars that das Uebrige um den Bund der
Interessen in einen Freundschaftsbund umzugestalten. Das Er-
gebniſs und das Unterpfand dieser Freundschaft, freilich zugleich
auch eine öffentliche schwer miſszuverstehende Ankündigung der
neu begründeten Gesammtherrschaft wurde das Eheband, das
Pompeius mit Caesars einziger dreiundzwanzigjähriger Tochter
einging. Julia, die die Anmuth ihres Vaters geerbt hatte, lebte
mit ihrem um das Doppelte ältern Gemahl in der glücklichsten
Häuslichkeit und die nach so vielen Nöthen und Krisen nach
Ruhe und Ordnung verlangende Bürgerschaft sah in diesem
Ehebündniſs die Gewähr einer friedlichen und gedeihlichen Zu-
kunft. — Je fester und enger also das Bündniſs zwischen Pom-
peius und Caesar sich knüpfte, desto hoffnungsloser gestaltete
sich die Sache der Aristokratie. Sie fühlte das Schwert über
ihrem Haupte schweben und kannte Caesar hinlänglich um nicht
zu bezweifeln, daſs er wenn nöthig es unbedenklich brauchen
werde. ‚Von allen Seiten, schrieb einer von ihnen, stehen wir
im Schach; schon haben wir aus Furcht vor dem Tode oder
vor der Verbannung auf die „Freiheit“ verzichtet; Jeder seufzt,
zu reden wagt keiner‘. Mehr konnten die Verbündeten nicht ver-
langen. Aber wenn auch die Majorität der Aristokratie in dieser

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[197/0207] COALITION DER PRAETENDENTEN. theils alte Soldaten aus seiner Armee, im Gebiete von Capua mit Grundbesitz ausstattete; als Rückhalt gegen die hauptstädti- sche Opposition dienten ihm Caesars norditalische Legionen. Ein Bruch unter den Machthabern selbst stand zunächst wenig- stens nicht in Aussicht. Die von Caesar als Consul erlassenen Gesetze, an deren Aufrechthaltung Pompeius wenigstens ebenso viel gelegen war als Caesar, verbürgten auch für die Zukunft die Spaltung zwischen Pompeius und der Aristokratie, deren Spitzen, namentlich Cato fortfuhren diese Gesetze als nichtig zu behandeln, und damit den Fortbestand der Coalition. Es kam hinzu, daſs auch die persönlichen Bande zwischen ihren Häup- tern sich enger zusammengezogen. Caesar hatte seinen Verbün- deten redlich und treulich Wort gehalten ohne sie in dem Ver- sprochenen zu beknappen oder zu chicaniren und namentlich das in Pompeius Interesse beantragte Ackergesetz völlig wie seine eigene Sache mit Gewandtheit und Energie durchgefochten; Pom- peius war nicht unempfänglich für rechtliches Verhalten und bürgerliche Treue und wohlwollend gestimmt gegen denjenigen, der ihm mit einem Schlag über die seit drei Jahren gespielte armselige Petentenrolle hinweg geholfen hatte. Der häufige und vertraute Verkehr mit einem Manne von der unwiderstehlichen Liebenswürdigkeit Caesars that das Uebrige um den Bund der Interessen in einen Freundschaftsbund umzugestalten. Das Er- gebniſs und das Unterpfand dieser Freundschaft, freilich zugleich auch eine öffentliche schwer miſszuverstehende Ankündigung der neu begründeten Gesammtherrschaft wurde das Eheband, das Pompeius mit Caesars einziger dreiundzwanzigjähriger Tochter einging. Julia, die die Anmuth ihres Vaters geerbt hatte, lebte mit ihrem um das Doppelte ältern Gemahl in der glücklichsten Häuslichkeit und die nach so vielen Nöthen und Krisen nach Ruhe und Ordnung verlangende Bürgerschaft sah in diesem Ehebündniſs die Gewähr einer friedlichen und gedeihlichen Zu- kunft. — Je fester und enger also das Bündniſs zwischen Pom- peius und Caesar sich knüpfte, desto hoffnungsloser gestaltete sich die Sache der Aristokratie. Sie fühlte das Schwert über ihrem Haupte schweben und kannte Caesar hinlänglich um nicht zu bezweifeln, daſs er wenn nöthig es unbedenklich brauchen werde. ‚Von allen Seiten, schrieb einer von ihnen, stehen wir im Schach; schon haben wir aus Furcht vor dem Tode oder vor der Verbannung auf die „Freiheit“ verzichtet; Jeder seufzt, zu reden wagt keiner‘. Mehr konnten die Verbündeten nicht ver- langen. Aber wenn auch die Majorität der Aristokratie in dieser

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/207>, abgerufen am 24.11.2024.