Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. tisch-armenischen Krieges nebst der Befugniss über Krieg, Frie-den und Bündniss mit den Dynasten des Ostens nach eigenem Gutdünken zu bestimmen auf Pompeius übertragen. Ueber der Aussicht auf so reiche Ehren und Spolien vergass Pompeius gern die Züchtigung eines übellaunigen und seine sparsamen Lorbeerblätter neidisch hütenden Optimaten, gab den Zug gegen Kreta und die fernere Verfolgung der Corsaren auf und bestimmte auch seine Flotte zur Unterstützung des Angriffs, den er gegen die Könige von Pontus und Armenien entwarf. Doch verlor er über diesen Landkrieg die immer wieder aufs Neue ihr Haupt er- hebende Piraterie keineswegs völlig aus den Augen. Ehe er Asien verliess (691), liess er daselbst noch eine Flotte gegen die Cor- saren in Stand setzen; auf seinen Antrag ward das Jahr darauf für Italien eine ähnliche Massregel beschlossen und vom Senat dazu die nöthige Summe verwilligt. Man fuhr fort die Küsten mit Reiterbesatzungen und kleineren Geschwadern zu decken; und wenn man auch, wie schon die später zu erwähnenden Expeditio- nen gegen Kypros 696 und gegen Aegypten 699 beweisen, der Piraterie niemals völlig Herr ward, so hat dieselbe doch nach der Expedition des Pompeius unter allen Wechselfällen und politi- schen Krisen Roms niemals wieder so ihr Haupt emporheben und so völlig die Römer von der See verdrängen können, wie es unter dem Regiment der verrotteten Oligarchie geschehen war. Die wenigen Monate, die noch übrig waren, bevor der klein- FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. tisch-armenischen Krieges nebst der Befugniſs über Krieg, Frie-den und Bündniſs mit den Dynasten des Ostens nach eigenem Gutdünken zu bestimmen auf Pompeius übertragen. Ueber der Aussicht auf so reiche Ehren und Spolien vergaſs Pompeius gern die Züchtigung eines übellaunigen und seine sparsamen Lorbeerblätter neidisch hütenden Optimaten, gab den Zug gegen Kreta und die fernere Verfolgung der Corsaren auf und bestimmte auch seine Flotte zur Unterstützung des Angriffs, den er gegen die Könige von Pontus und Armenien entwarf. Doch verlor er über diesen Landkrieg die immer wieder aufs Neue ihr Haupt er- hebende Piraterie keineswegs völlig aus den Augen. Ehe er Asien verlieſs (691), lieſs er daselbst noch eine Flotte gegen die Cor- saren in Stand setzen; auf seinen Antrag ward das Jahr darauf für Italien eine ähnliche Maſsregel beschlossen und vom Senat dazu die nöthige Summe verwilligt. Man fuhr fort die Küsten mit Reiterbesatzungen und kleineren Geschwadern zu decken; und wenn man auch, wie schon die später zu erwähnenden Expeditio- nen gegen Kypros 696 und gegen Aegypten 699 beweisen, der Piraterie niemals völlig Herr ward, so hat dieselbe doch nach der Expedition des Pompeius unter allen Wechselfällen und politi- schen Krisen Roms niemals wieder so ihr Haupt emporheben und so völlig die Römer von der See verdrängen können, wie es unter dem Regiment der verrotteten Oligarchie geschehen war. Die wenigen Monate, die noch übrig waren, bevor der klein- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0122" n="112"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.</fw><lb/> tisch-armenischen Krieges nebst der Befugniſs über Krieg, Frie-<lb/> den und Bündniſs mit den Dynasten des Ostens nach eigenem<lb/> Gutdünken zu bestimmen auf Pompeius übertragen. 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Am pontischen<lb/> Hofe hoffte man, daſs der König der Parther Phraates durch die<lb/> letzten bedeutenden Erfolge, die die Verbündeten über Rom da-<lb/> vongetragen hatten, sich zum Eintritt in das pontisch-armeni-<lb/> schen Bündniſs bestimmen lassen werde; dem entgegenzuwir-<lb/> ken gingen auch römische Boten an den Hof von Ktesiphon.<lb/> Die inneren Wirren, die das armenische Herrscherhaus zerrissen,<lb/> kamen den Römern hier zu Hülfe. Des Groſskönigs Tigranes<lb/> gleichnamiger Sohn hatte sich gegen seinen Vater empört, sei es<lb/> daſs er den Tod des Greises nicht erwarten mochte, sei es daſs<lb/> der Argwohn desselben, der schon mehreren seiner Brüder das<lb/> Leben gekostet hatte, ihn die einzige Möglichkeit der Rettung in<lb/> der offenen Empörung sehen lieſs. Vom Vater überwunden hatte<lb/> er mit einer Anzahl vornehmer Armenier sich an den Hof des<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0122]
FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
tisch-armenischen Krieges nebst der Befugniſs über Krieg, Frie-
den und Bündniſs mit den Dynasten des Ostens nach eigenem
Gutdünken zu bestimmen auf Pompeius übertragen. Ueber der
Aussicht auf so reiche Ehren und Spolien vergaſs Pompeius
gern die Züchtigung eines übellaunigen und seine sparsamen
Lorbeerblätter neidisch hütenden Optimaten, gab den Zug gegen
Kreta und die fernere Verfolgung der Corsaren auf und bestimmte
auch seine Flotte zur Unterstützung des Angriffs, den er gegen
die Könige von Pontus und Armenien entwarf. Doch verlor er
über diesen Landkrieg die immer wieder aufs Neue ihr Haupt er-
hebende Piraterie keineswegs völlig aus den Augen. Ehe er Asien
verlieſs (691), lieſs er daselbst noch eine Flotte gegen die Cor-
saren in Stand setzen; auf seinen Antrag ward das Jahr darauf
für Italien eine ähnliche Maſsregel beschlossen und vom Senat
dazu die nöthige Summe verwilligt. Man fuhr fort die Küsten mit
Reiterbesatzungen und kleineren Geschwadern zu decken; und
wenn man auch, wie schon die später zu erwähnenden Expeditio-
nen gegen Kypros 696 und gegen Aegypten 699 beweisen, der
Piraterie niemals völlig Herr ward, so hat dieselbe doch nach der
Expedition des Pompeius unter allen Wechselfällen und politi-
schen Krisen Roms niemals wieder so ihr Haupt emporheben
und so völlig die Römer von der See verdrängen können, wie es
unter dem Regiment der verrotteten Oligarchie geschehen war.
Die wenigen Monate, die noch übrig waren, bevor der klein-
asiatische Feldzug von Pompeius begonnen werden konnte, wur-
den von dem neuen Oberfeldherrn mit angestrengter Thätigkeit
zu diplomatischen und militärischen Vorbereitungen benutzt. Es
gingen Gesandte an Mithradates, mehr um zu kundschaften als
um eine ernstliche Vermittelung zu versuchen. Am pontischen
Hofe hoffte man, daſs der König der Parther Phraates durch die
letzten bedeutenden Erfolge, die die Verbündeten über Rom da-
vongetragen hatten, sich zum Eintritt in das pontisch-armeni-
schen Bündniſs bestimmen lassen werde; dem entgegenzuwir-
ken gingen auch römische Boten an den Hof von Ktesiphon.
Die inneren Wirren, die das armenische Herrscherhaus zerrissen,
kamen den Römern hier zu Hülfe. Des Groſskönigs Tigranes
gleichnamiger Sohn hatte sich gegen seinen Vater empört, sei es
daſs er den Tod des Greises nicht erwarten mochte, sei es daſs
der Argwohn desselben, der schon mehreren seiner Brüder das
Leben gekostet hatte, ihn die einzige Möglichkeit der Rettung in
der offenen Empörung sehen lieſs. Vom Vater überwunden hatte
er mit einer Anzahl vornehmer Armenier sich an den Hof des
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